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Keine Angst, aber jede Menge Spaß

Von UTE NICKLISCH 21.06.2010, 14:48

KÖTHEN/MZ. - Sogar echte Kostüme hielten die Zirkusleute für die Lebenshilfe-Schützlinge bereit. Ob Schlangen-Fakir-Show oder Akrobatik - alles hatten die emsigen Darsteller zu bieten. Benjamin Hein vom Zirkus "Mabena Versaje" lobte die Zusammenarbeit mit den Behinderten sehr. "Wir bekamen soviel Dankbarkeit von den Leuten zurück", schwärmt der Artist.

Auch Severin Looks war eine der Darstellerinnen in einem neongrünen Akrobatikanzug. "Ich bin schon etwas aufgeregt. Aber es macht unheimlich viel Spaß", erzählte die Behinderte vor ihrem Auftritt. Ramona Marx hatte ihre Schlangen-Fakirshow schon hinter sich: "Ich hatte überhaupt keine Angst. Es hat einfach Spaß gemacht", erzählte sie begeistert. In mehreren Staffeln zog sich das bunte Programm über den ganzen Nachmittag. Zudem nutzten zahlreiche Angehörige sowie andere Interessierte die Möglichkeit, die Einrichtung zu besichtigen.

Ursprünglich wurde der Verein Lebenshilfe von Eltern geistig behinderter Kinder im Juni 1990 gegründet. In ehrenamtlicher Tätigkeit versuchten sie, eine angemessene Betreuung jener Menschen zu realisieren. Was allerdings in ehrenamtlicher Tätigkeit kaum zu bewältigen war. Am 1. April übernahm der eingetragene Verein Lebenshilfe die "Geschützte Werkstatt Köthen" als freier Träger. Nicht in diesem Maße wie es heute praktiziert wird, jedoch ebenfalls in handwerklichen Tätigkeiten, wurden behinderte Menschen betreut und angeleitet. Im Jahre 1996 gründete sich zudem die Lebenshilfe gemeinnützige GmbH in Köthen. Der Verein als Gesellschafter trägt inzwischen den Namen "Lebenshife Anhalt-Bitterfeld e. V."

In den Werkstätten im Wattrelos-Ring in Köthen werden denjenigen Menschen Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, die wegen ihrer Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht tätig sein können. In unterschiedlichen Bereichen wie Tischlerei, Gärtnerei, Wäscherei, Küche und Montage können sie sich einbringen. Zudem ist es dort möglich, eine spezielle Berufsausbildung zu absolvieren. Auch eine integrative Kindertagesstätte bietet betroffenen Eltern an, ihre behinderten Knirpse dort betreuen zu lassen.

"Wir haben hier größtenteils geistig Behinderte. Doch der Anteil an seelisch behinderten Menschen nimmt immer mehr zu", weiß Geschäftsführer Holger Schiedewitz zu berichten. Insgesamt werden über 300 Menschen in den Werkstätten betreut. Hinzu kommen rund 30 Teilnehmer in der Tagesförderung, die aufgrund schwerster Behinderungen, sei es geistig als auch körperlich, keiner Tätigkeit nachgehen können.

Jeweils nach zwei Jahren müssen sich die als behindert eingestuften Menschen einer Kontrolle unterziehen. Damit wird der aktuelle Stand ihrer Krankheit festgestellt. Auch für die Teilnahme in den Werkstätten der Lebenshilfe ist das Sozialamt zuständig. "Bei uns kann sich niemand bewerben. Der Weg führt immer über das Sozialamt", schildert Holger Schiedewitz.

Je nachdem, wie der Verlauf der jeweiligen Krankheit anhält, ist es möglich, vom 18. Lebensjahr bis zum Rentenalter bei der Lebenshilfe für einen gewissen Obolus Beschäftigung zu finden. Außerdem haben die Menschen die Möglichkeit, je nach Grad der Behinderung in Wohnstätten der Lebenshilfe oder ambulant betreuten Wohnungen zu leben. "Die meisten jedoch wohnen zu Haue bei Eltern oder anderen Angehörigen", erklärt Schiedewitz.