Jagd in Köthen Jagd in Köthen: Waschbär tötet Kaninchen

Köthen - In seinem Käfig hatte das Zwergkaninchen keine Chance gegen den Räuber. Ein Waschbär kletterte im Schutz der Dunkelheit in den Verschlag, biss dem Haustier in den Hals und zerfetzte ihm das Gesicht. Kurze Zeit später war das Kaninchen, das auch noch trächtig war, tot und der Waschbär geflüchtet.
Die Wut darüber ist Christiane Deniz, 33, und ihrem fünfjährigen Sohn Ismail immer noch anzumerken. Die Mutter von Christiane Deniz schläft während der Sommermonate in einer komplett eingerichteten Gartenlaube in der Gartenanlage Osterköthen. Ihre Tochter kommt häufig mit den Kindern hierher in die Natur. In einer Ecke des Gartens stehen mehrere Kaninchen-Käfige übereinander. Die meisten Tiere darin leben nicht allzu lange: Sie werden geschlachtet. Doch das Zwergkaninchen, das dem Waschbär zum Opfer gefallen ist, war ein Haustier - zum Schmusen und Kuscheln für Ismail und seine Geschwister.
„Ich bin traurig, dass das Kaninchen tot ist“, sagt Ismail und schwört dem Waschbären Rache - falls er ihn denn jemals erwischen sollte. Doch dafür scheint der Räuber zu gerissen zu sein. Einmal ist er Familie Deniz schon entwischt - kurz nach dem Angriff: Als ihre Mutter das Kaninchen gegen drei Uhr in der Nacht schreien gehört hatte und zu ihm geeilt sei, habe der Waschbär noch im Käfig gesessen, erzählt Christiane Deniz. „Sie hat die Käfigtür dann mit einer Holzlatte versperrt aber der Waschbär ist durch den Deckel geflüchtet“, sagt sie. Möglicherweise könne der nur von zwei Tieren gemeinsam angehoben werden. „Und das Kaninchen hätte in der nächsten Woche Junge bekommen“, sagt Christiane Deniz.
Nicht nur in diesem Garten treiben der oder die Räuber ihr Unwesen: Bei den Nachbarn seien schon Brutkästen und Nester geplündert worden. Von den Eiern und Küken fehle seitdem jede Spur. Sogar vor Fischen aus dem Teich mache der Waschbär nicht halt, berichtet Christiane Deniz hilflos.
"Die sind wirklich sehr geschickt"
Ihre Hoffnung besteht nun in einem knapp einen Meter langen Drahtkäfig, der in der Nähe der Kaninchen steht. Der Jäger Andreas Rößler hat ihn ihr kurzerhand geliehen, um den Waschbär zu fangen. Am Ende des Draht-Tunnels liegen ein Ei und Knabbergebäck - die Lieblingsspeise der Räuber. Wie bei einer Mausefalle löst der Waschbär einen Mechanismus aus, wenn er an das Futter kommt und die Klappe am Eingang geht zu - er ist gefangen. Doch der erste Versuch bei Familie Deniz ging schief: „Heute morgen war die Klappe zu, aber die Chips waren weg“, sagt Christiane Deniz. Für den Jäger nichts Ungewöhnliches: „Wenn die Tiere sehr lang sind, strecken sie sich bis zum Köder vor und rutschen rückwärts wieder hinaus“, erzählt er. Er habe sogar schon von anderen Jägern gehört, dass Waschbären die Falle von innen geöffnet hätten. „Die sind wirklich sehr geschickt.“ Wie lang sich Familie Deniz noch gedulden müsse, bis die Falle zuschnappe, könne er nicht sagen. Das sei unterschiedlich.
Rößler sieht Waschbären als potenzielle Gefahr für heimische Tiere an. „Die fressen unter anderem Eier und räumen auch Kobel von Eichhörnchen aus.“
Die Stadt indes sieht kein Waschbär-Problem in Köthen. „Sicherlich gibt es in Einzelfällen Waschbären im Stadtbereich Köthen“, heißt es in einer Antwort auf eine MZ-Anfrage an das Ordnungsamt. „Ein massives Aufkommen der Tiere beziehungsweise eine problematische oder zunehmende Population an Waschbären ist dem Ordnungsamt der Stadt Köthen bislang jedoch nicht bekannt“, so die Sprecherin weiter. Anwohner seien dazu aufgerufen, die Tiere nicht zu füttern und Mülltonnen geschlossen zu halten.
Die Waschbären sind ein Problem
Ist es wirklich damit getan, seine Mülltonne zu verschließen? Mitnichten meint der Vorsitzende der Jägerschaft Köthen, Frank-Peter Sommerlade. „Die Waschbären sind ein Problem“, stellt er fest. Sie seien deswegen auch ganzjährig bejagbar, die Zahl der zur Strecke gebrachten Tiere habe sich erhöht. „Im Altkreis Köthen betrug die Waschbärstrecke im Jagdjahr 2014/15 266. Das ist viel“, so Sommerlade. Im Ort könne man die Waschbären nicht schießen, deshalb bleibe nur das Aufstellen von Fallen.
Der Vermutung, Jäger schössen in erster Linie Rehe oder Wildschweine, um diese dann zu essen, was bei Waschbären nicht möglich ist, widerspricht Sommerlade. „Die Jäger jagen, um ihren Niederwildbestand, also etwa Fasane oder Enten, zu schützen.“ Der Waschbär gehöre hier nicht hin und werde deshalb stark bejagt. (mz)
