Ideenwerkstatt in Aken Ideenwerkstatt in Aken: Strom aus der Schule

Aken - Sylvia Spahr ist verblüfft. Und enttäuscht. „Wo sind denn unsere Vereine?“ Sie dachte schon, zu spät dran zu sein und gar keinen Platz mehr zu finden. Doch der Ratssaal ist nahezu leer. Was die stellvertretende Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins in Aken nicht verstehen kann. Aber kaum jemand scheint Interesse zu haben, über die Zukunft der seit Sommer geschlossenen Elbeschule im Neubaugebiet zu diskutieren.
Was auch Bürgermeister Jan-Hendrik Bahn (parteilos) einigermaßen verwundert. Schließlich sei die Elbeschule ein Emotionsobjekt, wie er sagt.
Und doch sollte diese vom Bürgermeister einberufene Ideenwerkstatt - Bahn hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, mit den Bürgern zur Elbeschule ins Gespräch kommen zu wollen - nicht ergebnislos enden. Dank Johannes Kardos. Der Professor ist Vizepräsident der Anhaltischen Akademie für Energie und Umwelt, die sich schwerpunktmäßig mit erneuerbaren Energien beschäftigt. Deshalb würde er die Gebäudehülle der Elbeschule auch nutzen wollen, um daraus einen Knotenpunkt der Energiespeicherung zu machen. „Das hätte den Vorteil“, sagt er, „dass man das Gebäude energetisch nicht ertüchtigen müsste.“
Was man bei allen anderen, in der Ideenwerkstatt angesprochenen Nutzungsoptionen definitiv müsste - unabhängig davon, ob die Schlagworte nun Gesellschaftshaus, Klubhaus, Poliklinik, Alten- und Pflegeheim oder doch Kinder- und Jugendheim lauten.
„Es dreht sich alles um die Kosten“, bringt es Akens Baudezernent Roland Berger auf den Punkt. Die Elbeschule, die im Sommer geschlossen wurde, würde pro Jahr rund 50 000 Euro an Betriebskosten beanspruchen. Wollte man das Objekt wieder nutzen, dann müsste es energetisch ertüchtigt werden. Etwas, das die Stadt nicht leisten will und vermutlich auch kein Investor.
Dennoch schloss man in der Ideenbörse keine Option von vornherein aus. Und so fielen die Schlagworte Poliklinik, Klubhaus, Gesellschafthaus, auch die Nutzung als Alten- und Pflegeheim wurde in Betracht gezogen. Doch oftmals passen die Rahmenbedingungen nicht. Die einstige Grundschule ist mit rund 2 100 Quadratmetern Fläche oftmals zu groß. Was im Übrigen auch für die Räume gilt.
Was will Kardos? Er sieht grundsätzlich das Problem, dass Aken mit den erneuerbaren Energien bisher nicht viel zu tun habe. Mit der Elbeschule könnte sich das ändern. So könnte man auf dem Dach Solarmodule installieren. Ob dies ein privater Investor leistet oder aber über die Stadtwerke realisiert werden kann, sei zu prüfen. Aber vom Grunde her könnte man so den Energiebedarf decken, wenn die Sonne scheint, aber die Bedingungen für die Windenergie gleichzeitig nicht so günstig ausfallen. Den erzeugten Gleichstrom könnte man speichern und - eben bei Bedarf - im nahen Susigker Umspannwerk in Wechselstrom umwandeln. Andersherum ließe sich das Speicher-Modell genauso umsetzen: bei einem Überschuss an Wechselstrom, den man dann allerdings wieder gleichrichten müsste.
Ein weiterer Ansatzpunkt für Kardos: die Wärme für die von den Stadtwerken versorgten Blöcke im Umfeld der Elbeschule. Bisher würden die Stadtwerke Erdgas als Energieträger nutzen. Heute Stand der Technik. „Aber in ein paar Jahren sieht das anders aus“, vermutet Kardos. Also könnte man hier wiederum die Kraft der Sonne nutzen - über die Module auf dem Dach der Elbeschule.
Noch ein Thema: die im Abwasser enthaltene Wärme. Kardos denkt daran, diese Energie zu nutzen, bevor das in den Blöcken anfallende Abwasser zur Kläranlage geschickt wird. Dafür wiederum bräuchte man eine Wärmepumpe, die - inklusive der kompletten Verrohrung - in der Elbeschule installiert werden könnte.
Und dann spricht Kardos in der Ideenwerkstatt am Donnerstagabend vergangener Woche im Ratssaal auch noch von einer Dissertation, die ein ihm bekannter Ingenieur demnächst schreiben wird. Der Akener Energiespeicher-Knoten könnte Gegenstand der Arbeit sein. In Form einer Machbarkeitsstudie. Aber in dem Fall müsste relativ zeitnah eine Entscheidung getroffen werden, ob man das in Erwägung zieht, bekräftigt Kardos noch einmal im Gespräch mit der MZ. Er sagt auch: „Wir werden nicht umhin kommen, uns Gedanken zu machen, wie man Energie einsparen oder sinnvoll nutzen kann. Das geht alle an.“
Jan-Hendrik Bahn findet die Idee von einer Art Kompetenzzentrum zu erneuerbaren Energien spannend. Er will sie in jedem Fall weiter verfolgen. Und das Gespräch mit den Stadtwerken suchen.
Er, gesteht Bahn, habe nicht mehr daran geglaubt, noch eine Idee für die Elbeschule zu bekommen. „Klasse. Das ist wirklich noch mal eine Chance“, freut er sich. (mz)