Helios Klinik Köthen Helios Klinik Köthen: Angst vor Kündigungen geht um

Köthen - Am 1. Oktober war für Luise Zahn Schluss. Ihr befristeter Arbeitsvertrag mit der Helios Klinik Köthen wurde nicht verlängert. Die zwanzigjährige Gesundheits- und Krankenpflegerin, die auf der „Inneren 2“ gearbeitet hat, steht nun auf der Straße. So wie sie traf es in den letzten Wochen noch mehr Mitarbeiter aus der Krankenpflege. Begonnen hatte die Umstrukturierung durch den Helios-Konzern durch Ausgliederungen beim technischen Personal.
Die Verhandlungen über einen Interessensausgleich zwischen dem Unternehmen Helios Klinik Köthen GmbH und dem Betriebsrat der Klinik, die am 29. August 2014 aufgenommen wurden, sind nach Auskunft des Betriebsrates gescheitert. Der Betriebsrat hatte Anfang August vor dem Arbeitsgericht Dessau die Einrichtung einer Einigungsstelle erstritten. Ausgehandelt wurde ein Sozialplan. Dieser sieht für Mitarbeiter mit neuen Arbeitsverträgen eine Einmalzahlung, für Mitarbeiter, die gekündigt wurden, eine Abfindung vor.
Zur Erinnerung: Der Arbeitgeber Helios Klinik Köthen hat die Bereiche Technik und Medizintechnik, Hol- und Bringedienst zum 1. September sowie die Rezeption und Patientenaufnahme zum 1. Oktober ausgegliedert. Einkauf und Lager wurden geschlossen. Von den Maßnahmen waren 27 Mitarbeiter betroffen. Für 22 sollte sich laut Helios nichts an bestehenden Arbeitsverträgen ändern. Zum 1. Oktober wechselten außerdem 22 Reinigungsmitarbeiter und elf Mitarbeiter aus dem Catering in Service-Gesellschaften Region Nord.
Nun werden offenbar die Stationen ausgedünnt. Nicht nur die Innere, auch die Chirurgie, die Überwachungsstation und die Notfallambulanz, wo sich dadurch die Wartezeiten noch weiter erhöhen, seien betroffen, schildert Zahn.
Dabei habe es anfangs, als Helios die Rhönklinik Köthen übernahm, geheißen, es ändere sich nichts, erinnert sich die junge Frau. Auch bei Rhön gab es Einschnitte. „Da wurden zum Beispiel Stunden gekürzt“. Mit ihrer Bezahlung sei sie aber zufrieden gewesen, sagt Zahn.
Immer weniger Namen
Doch dann wurden die ersten befristeten Verträge nicht verlängert. Neben Luise Zahn betraf das zum 1. Oktober noch eine weitere Kollegin. „Einem älteren Kollegen wurde in der Probezeit gekündigt“, zählt die junge Frau auf. Und was sie besonders schlimm findet: Eine betroffene Kollegin befindet sich derzeit im Schwangerenurlaub. „Die Angst ging ständig um“, wer wohl der nächste sein werde, schildert Zahn. „Auf unseren Dienstplänen standen zuletzt immer weniger Namen.“ Zum Teil wurde versucht, das Pflegepersonal auf der gastroenterologischen Station (Innere 2), auf der besonders viele ältere Menschen betreut werden, durch Mitarbeiter anderer Stationen aufzustocken. Mit Schwestern, die jahrelang in anderen Bereichen tätig waren und für die es hier „ziemlich stressig wurde“, wie Luise Zahn beobachtet hat. Langzeiterkrankungen waren die Folge. Eine der versetzten Schwestern habe selbst gekündigt, erfuhr die MZ auf Nachfrage beim Betriebsrat.
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Zwischenzeitlich waren auf der „Inneren 2“ zehn von ehemals 45 Betten gesperrt, hat Luise Zahn von ehemaligen Kolleginnen erfahren. Das sei keine Ausnahme, bestätigt der Betriebsrat. Begründet werde das mit dem Patientenrückgang. „In der Frühschicht, wo ehemals fünf Schwestern gearbeitet haben, obwohl es eigentlich sechs hätten sein müssen, waren wir mitunter nur noch zwei“, beschreibt Luise Zahn die Mehrbelastung auf ihrer Station. Wenn sich Patienten auf den im Krankenhaus ausgelegten Fragebögen beschwerten, dass zu wenig Personal da sei und sie sich nicht gut versorgt fühlten, hieß es von der Pflegedienstleitung, man dürfe das die Patienten nicht merken lassen. „Aber wie soll das gehen mit immer weniger Personal?“, fragt sich Zahn. „Wir haben die Arbeit manchmal wirklich nicht mehr geschafft. Da passieren auch Fehler.“
Was zuerst auf der Strecke bleibt, sei die Kommunikation mit den Patienten. Auf deren Klingeln habe man nicht mehr zeitnah reagieren können. Es sei vorgekommen, dass Absprachen im Haus nicht funktionierten. Für Patienten, die von der Station zur Funktionsdiagnostik gebracht wurden, waren Termine nicht richtig durchgestellt. Zuarbeiten für die Ärzte oder Blutabnahmen blieben länger als zuvor liegen, schildert die junge Frau. „Hinzu kommt, dass auf unserer Station zwei Palliativschwestern arbeiten, die sich extra dafür qualifiziert haben, die aber auch auf anderen Stationen gebraucht werden.“ Das sei eine ganz wichtige Arbeit, die aber unter diesen Umständen nicht im erforderlichen Umfang geleistet werden könne, bedauert sie.
Helios: Keine Unterbesetzung
Für die Helios-Klinik erklärt Anika Zachert: „Es ist richtig, dass befristete Verträge in unserer Klinik im Regelfall mit Erreichen des Befristungszeitraums enden. Wir überprüfen daher regelmäßig den bedarfsgerechten Einsatz von Mitarbeitern mit befristeten Verträgen und entscheiden auf dieser Grundlage über ein Auslaufen des Vertrages bzw. über eine Verlängerung. Das Auslaufen von Befristungen im Pflegedienst steht nicht im Zusammenhang mit einer Unterbesetzung von Stationen.“ Allerdings habe man auf der erwähnten Station Mitte September einen urlaubs- und krankheitsbedingten Engpass gehabt. Dieser sei durch den kurzfristigen Einsatz von Pflegekräften anderer Stationen behoben worden. „Darüber hinaus haben wir in dieser Zeit vereinzelt Betten nicht belegt, um eine weiterhin gute Versorgung unserer Patienten gewährleisten zu können.“
Luise Zahn will sich nun in einem Krankenhaus der Region bewerben. Zurück will sie auf keinen Fall, obwohl man ihr beim Abschied gesagt hat, man werde ihre Bewerbung behalten. „Das wäre dann auf alle Fälle ein viel schlechterer Vertrag“, ist die Zwanzigjährige überzeugt. Zusätzlich betroffen war sie, als sie erfuhr, dass auch keiner der fünf Auszubildenden übernommen werden soll. (mz)
