Hebammen in Köthen Hebammen in Köthen: Väter werden mehr einbezogen als früher

Köthen - Martina Fischer liebt ihren Beruf. Daran kann es keinen Zweifel geben. „Er erfüllt mich absolut“, sagt die 43-jährige Hebamme. Seit 22 Jahren arbeitet sie freiberuflich, die letzten 14 davon in und um Köthen.
Wie viele Jungen und Mädchen sie dabei beim Start ins Leben begleitet hat, weiß Martina Fischer gar nicht so genau. Viele hundert auf jeden Fall.
„Seit ich neun Jahre alt war, wollte ich Hebamme werden“, erinnert sich die dreifache Mutter. Schon mit 14 Jahren arbeitete sie im Köthener Krankenhaus und war bei einer Geburt dabei, als sie im Kreißsaal sauber machte.
Väter werden mehr einbezogen
Seit damals hat sich eine Menge geändert, wie Fischer verdeutlicht: Zum Beispiel seien die Väter viel mehr in das ganze Thema Baby einbezogen. „Sie sind auch interessiert und wollen wissen, wie sie ihrer Partnerin am besten helfen können.“
Andererseits habe sie manchmal das Gefühl, dass junge Eltern heute im Umgang mit ihrem Nachwuchs viel unsicherer seien als früher, so die freiberufliche Hebamme. Wenn ein Kind schreie, werde oft nach einem Zaubermittel gesucht, dass das Baby in jedem Fall und sofort beruhigt - dabei gebe es so ein Mittel natürlich gar nicht.
„Ich will dann keine Predigten halten. Ich empfehle, sich nicht verrückt zu machen und auf die eigenen Instinkte zu hören“, so Martina Fischer.
Andere Arbeit als vor zehn Jahren
Dass ihre Arbeit heute anders ist als noch vor zehn, zwanzig oder gar dreißig Jahren können auch Martina Naumann und Ricarda Fritsche berichten. Sie arbeiten als fest angestellte Hebammen in der Helios Klinik in Köthen.
Sie sei schon als Hebamme geboren worden, antwortet Ricarda Fritsche auf die Frage, ob sie ihren Berufswunsch schon als Kind hatte. Sie arbeitet nebenbei noch als Selbstständige in der Geburtsvorbereitung. „Das ist schön, denn so kann ich die Frauen über längere Zeit begleiten“, so die 48-Jährige.
Väter sind viel interessierter als früher
Ricarda Fritsche arbeitet seit 1987 als Hebamme, ihre Kollegin Martina Naumann seit 1979. „Die Arbeit ist anspruchsvoller und abwechslungsreicher geworden“, sagt Naumann. So sei der Kreißsaal früher ein absolut steriler Bereich gewesen, in dem der Vater des Kindes nichts zu suchen hatte.
Ähnlich wie ihre Kollegin Martina Fischer berichten Naumann und Fritsche, dass Männer heutzutage viel interessierter seien - vor allem an den Maschinen, die bei der Geburt rund um ihre Partnerin stehen.
Zum Beispiel am Wehenschreiber, dem sogenannten CTG. „Früher war auch vorgegeben, wie eine Geburt stattzufinden hat: in einem Bett“, erinnert sich Ricarda Fritsche.
Wünsche der Schwangeren werden berücksichtigt
Heute gebe es viele Möglichkeiten und die Wünsche der Schwangeren würden mehr berücksichtigt. Zum Beispiel können Kinder in einer Badewanne zur Welt kommen oder die Schwangere kann sich auf einen speziellen Hocker setzen.
„Wobei die meisten Geburten trotzdem noch ganz klassisch im Bett stattfinden.“ Die werdenden Mütter dürfen sich heute auch freier bewegen und ruhig mal ein wenig laufen, betonen die Hebammen.
Die Veränderungen gehen weiter: Kaiserschnitte seien heutzutage viel schonender. Und auch da seien die Väter der Babys nicht außen vor, sondern können direkt dabei sein. „Durch eine andere Narkoseform sind die Frauen jetzt auch wach und bekommen den ersten Schrei ihres Kindes mit. Das war früher nicht so“, erinnert sich Martina Naumann.
Haftpflicht zu teuer geworden
Bei der freiberuflichen Hebamme Martina Fischer hat sich eine große Veränderung vor etwa drei Jahren ergeben: Seitdem begleitet die 43-Jährige keine Geburten mehr.
Ein Grund dafür war, dass die Haftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen, die Geburten begleiten, immer teurer geworden ist. „Das hätte sich einfach nicht mehr gelohnt“, sagt Fischer. Manchmal fehle ihr die Geburtsbegleitung. Aber ihr Arbeitsalltag lasse keine Zeit, um darüber traurig zu sein.
Maximal zweieinhalb Wochen Urlaub pro Jahr
Überhaupt - Regelmäßige Arbeitszeiten jedenfalls kann man als freiberufliche Hebamme vergessen: Meistens habe sie pro Tag sechs bis acht Hausbesuche zu machen, erzählt Martina Fischer. Dass sie sich sieben Tage pro Woche zum Arbeiten bereit halten muss, auch an Feiertagen, auch nachts, mache ihr nicht viel aus, beteuert sie.
„Man gewöhnt sich daran. Und mit etwas Organisation geht das auch.“ Mit dem Urlaub aber ist es so eine Sache. Maximal zweieinhalb Wochen pro Jahr könne sie sich freinehmen. „Mehr ist einfach nicht drin. Man muss ich ja auch um eine Vertretung kümmern.“
Besonderer Service
Ricarda Fritsche und Martina Naumann arbeiten in der Helios-Klinik dagegen in Schichten. Ihre Arbeit hat einen ungeahnten künstlerischen Aspekt: So bemalt Fritsche, wenn sie Zeit hat, gegen Gebühr Gipsabdrücke von Babybäuchen der Schwangeren. Fast 600 Stück hat sie seit 2007 schon gestaltet.
Bislang kamen in der Köthener Helios Klinik in diesem Jahr etwa 250 Kinder zur Welt. Die Hebammen rechnen mit etwa 450 Geburten im Jahr. Die neuen Erdenbürger werden in der Eingangshalle der Klinik von einem 1,60 Meter großen Plastikstorch begrüßt.
In seinem Schnabel hat er eine Tafel mit den Namen der Kinder. Doch wie soll der Storch heißen? Namensvorschläge können bis zum 31. August in den Kasten neben der Storchfigur eingeworfen werden. (mz)
