Handwerk Handwerk: Familienschmiede weiht neue Halle in Osternienburg ein
Osternienburg/MZ. - Wenn Schmiedemeister Göran Behrendt in diesen Tagen durch die alte Werkstatt mit dem Schmiedeofen geht und durch das helle Tor die neue, 400 Quadratmeter große Halle dahinter betritt, gerät er stets ein wenig ins Staunen, obwohl er ja selbst mit daran gebaut hat.
"Es ist wie eine neue Welt", schildert er den Unterschied zwischen der altehrwürdigen Schmiede, in der schon sein Großvater Pferde beschlagen und Pflugschare geschärft hat, und der neuen, hellen Halle mit den beiden Kränen, von denen jeder fünf Tonnen heben kann, der halbautomatischen Metallsäge und dem 3D-Schweißtisch.
Am Freitag ist Einweihung
Am Freitag wird die neue Produktionsstätte der Schmiede & Bauschlosserei Behrendt gegenüber dem Eiscafé Royal in der Rudolf-Breitscheid-Straße in Osternienburg mit einer kleinen Feier eingeweiht. Neben den beteiligten Baufirmen - alle aus der Umgebung - und langjährigen Kunden haben Bürgermeister Stefan Hemmerling und Ortsbürgermeister Gerd Bartosch ihr Kommen zugesagt.
Die Nachfrage sei gestiegen, vor allem nach großen, tonnenschweren Stahlteilen für Baufirmen, begründet Göran Behrendt, warum der Neubau nötig war. Solche Teile seien in der alten Schmiede nur schwer zu handhaben gewesen.
Nicht nur die Arbeit wird für Behrendts sieben Mitarbeiter und die zwei Metallbauer-Lehrlinge nun leichter, neben der Halle entstand auch ein neues Haus mit klimatisiertem Frühstücksraum und Duschen. Auch das Büro ist dort untergebracht.
Eine gute Arbeitsatmosphäre ist dem Chef wichtig. Die meisten Mitarbeiter sind schon mehr als 20 Jahre dabei. "Wir sind ein eingespieltes Team und ich kann mich auf jeden verlassen", so Göran Behrendt.
Ihm geht es am Freitag nicht allein darum, mit den Firmenvertretern auf den Neubau anzustoßen. "Wir wollen zeigen, was wir leisten können", nennt er ein weiteres Anliegen. Neben Zäunen, Türen, Toren, Balkonumrandungen, Geländern und Treppen für Privatkunden fertigt der Familienbetrieb unter anderem große Stahlbaukonstruktionen und stählerne Einbauteile für Betonwerke an.
Auch auf die Geschichte der Schmiede und Bauschlosserei wird der Firmenchef am Freitag eingehen, die seit 1946 auch die Geschichte seiner Familie ist. Damals hatte sein Großvater Karl Behrendt die Schmiede übernommen. Der Vorgänger Friedrich Böttcher war in Stalingrad gefallen.
Bis 1976 hat Karl Behrendt vor allem als Hufschmied gearbeitet, Pflugschare geschärft und Hacken angefertigt, bis sein Sohn Karl-Heinz in seine Fußstapfen trat. Zwischendurch sollte er mit seiner Schmiede in die Genossenschaft eintreten, was er strikt ablehnte.
Da die LPG ihre eigenen Schmiede beschäftigten, musste Karl Behrendt andere Kunden suchen und fand sie im Bau-Großhandel und in Baufirmen. Für das Wohngebiet Rüsternbreite in Köthen hat die Schmiede zum Beispiel zahlreiche Balkonumrandungen gefertigt.
Doch auch Nachfolger Karl-Heinz Behrendt hat bis kurz nach der Wende noch Pferde beschlagen. Selbst der heutige Chef hat noch dieses Handwerk gelernt, an der Humboldt-Universität Berlin. So unglaublich das klingt, aber die Sektion Veterinärmedizin hatte bis zur Wende einen Fachbereich Hufbeschlag.
"Wir haben dort an vielen Tieren gelernt, von der Zwergziege bis zum Elefanten", berichtet Göran Behrendt. Doch Pferde werden in seiner Schmiede nicht mehr beschlagen. Dafür musste er zusätzliche Prüfungen ablegen, zum Beispiel für das Schweißen von Betonstahl.
Der Bauboom kurz nach der Wende führte auch in der Behrendtschen Schmiede zu einem Aufschwung. Man blieb aber trotz der vielen Aufträge vorsichtig-bescheiden, behielt das kleine Büro und lange Zeit auch den alten Firmenwagen. "Wir sind stetig gewachsen, Stück für Stück", erklärt Senior Karl-Heinz Behrendt, der bis zu seinem 65. Geburtstag 2002 das Unternehmen führte, 2008 den Goldenen Meisterbrief erhielt und bis heute kleinere Arbeiten erledigt.
Heute führt sein Sohn Göran die Schmiede, Schwiegertochter Janette erledigt nicht nur Büroarbeiten, sondern fährt wenn nötig auch mal den Transporter. "Und die nächste Generation steht auch schon in den Startlöchern", verweist der Firmenchef auf Junior Chris Behrendt, dessen Frau Colleen ebenfalls im Büro mitarbeitet.
Stolz und dankbar
"Ich bin stolz und dankbar, dass ich das noch erleben darf", lässt Senior Karl-Heinz Behrendt seinen Blick von der versammelten Familie über die neue Halle schweifen, deren Fassade wie die der gesamten Schmiede in freundlichem Himmelblau gehalten ist. Wie seinem Sohn ist ihm um die Zukunft des Familienbetriebes nicht bange.