Gutshof in Aken Gutshof in Aken: Schlafen im Lorf

aken - Thomas von Ledersteger sagt nicht viel. Er zeigt. Die großzügigen Räume, die Details, die Baustelle. Ende August will er fertig sein. „Schreiben Sie lieber im Herbst“, wird er mit einem Mal vorsichtig. Wer weiß, welche Schwächen das alte Haus am Ende noch offenbart. Auf ein paar Wochen käme es nun auch nicht mehr an.
Dem Schweizer gehört der Akener Gutshof Lorf. Hier hat er 2013 angefangen, einen Anlaufpunkt für Radfahrer einzurichten. Im Kutscherhaus. Ein paar Zimmer, klein, individuell. Unten gibt es ein Frühstück. Am Wochenende selbstgebackenen Kuchen. Mehr nicht.
Sanierung geschieht Schritt für Schritt
Jetzt ist er dabei, das Herrenhaus zu sanieren. Schritt für Schritt. Und mit viel Liebe zum Detail.
Betritt man das Haus, beeindruckt es mit seiner Großzügigkeit und mit reichlich rustikalem Charme. Die Räume sind hoch und langgezogen, dafür spartanisch eingerichtet, die Dielen alt, die Wände ursprünglich. Thomas von Ledersteger gefällt es so.
Im Vestibül steht zurzeit nicht viel mehr als ein altes Eichenbuffet auf Holzblöcken. Ob es dort an der Treppe stehen bleiben wird, weiß der Lorf-Besitzer noch nicht. Wahrscheinlich wechselt es seinen Standort, wenn die Umbauten abgeschlossen sind, und rückt den Flur ein Stück weiter nach hinten. In die Nähe der Teeküche. In der opulenten Anrichte könnten Vasen oder Tischdecken Platz finden, überlegt er. Oder beides. Hauptsache, Marlies Mehl hat alles griffbereit, wenn das Herrenhaus für einen Polterabend, einen Geburtstag, einen Schulanfang oder eine Firmenfeier gebucht werden sollte. Der Platz ist da, die Möglichkeit besteht. Was Marlies Mehl, die in Aken wohnt und sich um die Lorf-Gäste kümmert, nicht leisten kann, ist deren komplette Bewirtung. Das will ihr Chef auch gar nicht. Weitere Dienstleistungen - und hier meint er vor allem Catering - biete man nicht.
Schlafen kann man im Herrenhaus
Aber Schlafen kann man im Herrenhaus; sobald dessen Umnutzung „von einer Ruine zu einer Übernachtungsmöglichkeit“ bestätigt ist. Im Obergeschoss sind in den vergangenen Monaten sechs Fremdenzimmer entstanden. Kein Standard. Jedes sieht anders aus. Die Möbel stammen größtenteils aus dem Haus seiner Mutter in Australien, die ihren Lebensmittelpunkt mittlerweile nach Chile verlegt hat. Sie arbeitete als Bildhauerin und hat, nach Aussage ihres Sohnes, „einen sehr guten Geschmack“. Er ist froh, für die stilvollen Möbel eine Verwendung zu haben. Zum Beispiel für das bequeme, rote Sofa unten im Herrenhaus. Für die hübschen Sessel und Kommoden in den Zimmern. All das ist mit modernen Dingen kombiniert. Mit Betten, Lampen oder Vorhängen eines schwedischen Einrichtungshauses.
Zurzeit beschäftigen sich die Arbeiter mit den Bädern. Nummer eins ist fertig. Hell. Modern. Zweckmäßig. Dem 53-jährigen Eigentümer fällt auf, dass neben dem Waschbecken noch ein Glas fehlt, in das man die Zahnbürsten hinein stellen kann. Er gibt es an die Arbeiter weiter, bevor er es vergisst. Und erzählt ihen gleich noch, dass ihm die Fliesen nicht gefallen; nur die Wandfliesen, „der Boden ist super“, versichert er und bittet darum, in den übrigen Bädern weiße Wandfliesen zu nehmen. Komplett weiße, keine marmorierten. Das mag er nicht. „Kein Problem; machen wir so“, heißt es. Thomas von Ledersteger ist beruhigt und meint, ein „ziemlich entspannter Bauherr“ zu sein. Er verlasse sich auf die Leute.
Konkrete Vorstellungen
Aber er schaut auch genau hin, wenn er einmal im Monat von Potsdam oder Genf nach Aken kommt. Bei den alten Holztüren der Pensionszimmer hatte er konkrete Vorstellungen. Er wollte das Türblatt nur zum Teil abgeschliffen haben, so, wie man das aus Venedig kenne. Bei einer Tür ist es schief gegangen, hier ist die alte Farbe komplett runter; macht nichts, findet der Eigentümer mittlerweile. Dafür sind die übrigen genau nach seinem Geschmack.
Noch ein paar Wochen und die Bäder sind komplett fertig. Er betont, nicht bestrebt zu sein, dem Lorf-Besucher alles bieten zu müssen. Er wünscht sich Übernachtungsgäste, „die den historischen Charme der Zimmer zu schätzen wissen und sich geehrt fühlen, in so einem Haus zu schlafen“. Die damit umgehen können, sich das Bad auf der anderen Seite des Flurs teilen zu müssen. Und keine Angst vor Spinnen haben, die durchaus aus den Zwischenräumen der alten Holzdielen krabbeln könnten.
Werbung macht Thomas von Ledersteger für seinen Akener Fahrradstop am Rande der Calber Landstraße nicht. Er setzt auf Mund-zu-Mund-Propaganda. „Es kommen immer mehr Leute vorbei, die gehört haben, was wir hier machen und sich den Lorf angucken wollen.“ Rund ein Drittel seiner Gäste, schätzt der Schweizer Eigentümer, sind Fahrradtouristen. Der Elberadweg führt genau am Lorf vorbei. Thomas von Ledersteger fehlt die Zeit, das vor der Haustür vorhandene Freizeitangebot selbst zu nutzen, obwohl er eigentlich sehr gern Rad fahre, manchmal auch auf dem Einrad. Wenn er hier ist, und das ist normalerweise einmal im Monat der Fall, dann gebe es genug Arbeit. Er kümmere sich selbst um die rund zehn Hektar große Parkanlage mit vielen Bäumen. „Es ist immer was zu tun“, sagt er.
Aber er hat die Freude am Lorf, die Begeisterung für das um 1900 gebaute Gutshaus nicht verloren. „Ich mag das, wenn der Lorf ein Geheimtipp ist - und bleibt.“
(mz)


