Großtrappe flieht vor Winter
WEISSANDT-GÖLZAU/MZ. - Und das war offensichtlich der Grund, warum sich der große bräunliche Vogel diesen Standort ausgesucht hat: Er pickte immer wieder nach grünen Blättern.
"Die Trappen ernähren sich im Sommer zum großen Teil von Insekten", sagte der Ornithologe Gerhard Hildebrandt aus Gnetsch. "Im Winter steht ihnen nur Grünfutter wie Raps zur Verfügung. Vor Jahrzehnten, als es noch Großtrappen im Wulfener Bruch gab, waren sie oft in Rosenkohlplantagen anzutreffen."
Hildebrandt hat den jetzt aufgetauchten Vogel mit Hilfe eines Fernrohrs beobachtet. "Offenbar ist das ein älteres Weibchen", erklärt er. "Ein ausgewachsener Hahn ist deutlich größer." Der Ornithologe hat nach eigenen Angaben gehofft, dass die Trappe einen farbigen Ring trägt. Ein solcher hätte Aufschluss über das Alter des Tieres gegeben. Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Die Trappe ist zwar beringt, jedoch mit einem einfachen Alu-Ring.
Auch Burkhard Bresch, Bürgermeister der Stadt Südliches Anhalt, hat den gefiederten Gast beobachtet. "Die Trappe hält sich auf dem Acker bereits seit einer Woche auf", teilte Bresch mit. "Wenn Krähen in die Nähe kommen, plustert sie sich auf und stellt den Schwanz hoch." Fast exakt vor zwei Jahren, im Januar 2007, war bei Weißandt-Gölzau bereits eine Großtrappe gesichtet worden, die sich hier mehrere Tage aufhielt. Damals wurde vermutet, dass sie aus dem Raum Brandenburg stammt. Dort wurden etliche Vertreter der, wie es heißt, schwersten flugfähigen Vogelart ausgewildert. Etwa 120 Großtrappen gibt es heute in den drei Einstandsgebieten im Havelland, den Belziger Landschaftswiesen (beide Brandenburg) und im Fiener Bruch (Brandenburg und Sachsen-Anhalt).
Im Jahr 2007 verschwand der Vogel vom Acker ebenso plötzlich wie er auftauchte. Möglicherweise kehrte er nach Brandenburg zurück. Auch die jetzige Großtrappe stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus Brandenburg. Denn von dort wird über eine regelrechte Trappenflucht in diesem Jahr berichtet. Der Grund für diese Migration sei der harte und schneereiche Winter. In Brandenburg gab es besonders kräftige Schneefälle. Die Nahrung für die Großtrappen sei nur noch schwer oder gar nicht mehr erreichbar, stellt der Brandenburger Förderverein Großtrappenschutz auf seiner Internetseite fest. "Bei schlechten Bedingungen reagieren die Großtrappen mit Winterfluchten nach Westen." Einige seien unter anderem schon bei Braunschweig gesehen worden.
Offenbar fliehen sie jedoch nicht nur in den Westen, sondern auch in den Süden. Denn hier ist die Schneedecke auf den Äckern dünner als in Brandenburg, und die Vögel kommen leichter an Rapspflanzen heran. Gerhard Hildebrandt macht darauf aufmerksam, dass Großtrappen in der letzten Zeit auch in anderen Gegenden von Sachsen-Anhalt gesichtet wurden.
Allerdings sei es für alle Wildtiere gegenwärtig auch in Sachsen-Anhalt schwierig, ans Futter heranzukommen, so Hildebrandt. Füchse seien zum Beispiel am helllichten Tag bei der Nahrungssuche gesichtet worden. Es sei eben nicht leicht, Mäuse unter der Schneedecke aufzuspüren.
Füchse seien deshalb auch eine große Gefahr für die Trappe. Eine weitere Gefahr seien Neugierige, die den Vogel in die Flucht treiben könnten. "Dann kann die Trappe zum Beispiel in die Flügel von Windkrafträdern geraten", so der Ornithologe, der die MZ deshalb bat, den genauen Standort der Großtrappe nicht anzugeben.