Gewinne am Fließband Gewinne am Fließband: Zwei Männer sollen Automaten in Köthener Casino manipuliert haben

Köthen - Beim dritten Gewinn wird die Servicekraft endgültig stutzig. Zwei Mal hat sie dem Mann an diesem Donnerstagmorgen im Juli 2018 bereits Geld in den Spielautomaten nachgefüllt. Gesehen, wie er mehrere Hundert Euro einstreicht. Und jetzt ruft sein Freund schon wieder „Auffüllen“ durch das Casino in der Dessauer Straße im Köthener Norden.
„Das kam mir dann ein bisschen Spanisch vor“, sagt die 61-Jährige mehr als ein Jahr später als Zeugin im Köthener Amtsgericht. Hier müssen sich derzeit zwei 31-jährige Männer aus Schleswig-Holstein für einen mutmaßlichen Betrug verantworten. Artur D. und Arman P. sollen einen Automaten in der Spielhalle gezielt manipuliert und das Casino so um 1.300 Euro geprellt haben. Am Montag hat der Prozess begonnen.
Die beiden Angeklagten selbst schweigen zu den Vorwürfen
Die beiden Angeklagten selbst schweigen zu den Vorwürfen. Dass sie an jenem Vormittag im Casino waren, bestätigt die Servicekraft. Videoaufnahmen aus einer Überwachungskamera zeigen, wie die beiden Männer an verschiedenen Automaten spielen. Nach einer Dreiviertelstunde gewinnt Arman P. laut Zeugin das erste Mal. Sie füllt seinen Automaten mit Geld auf, er lässt es sich auszahlen. Vorher soll einer der beiden Männer in einem bestimmten Moment den Stecker des Automaten gezogen und das Gerät damit gezielt manipuliert haben. So heißt es in der Anklage.
Bald darauf folgt der nächste Gewinn. Wieder füllt die Servicekraft den Automaten - und wird misstrauisch. Eigentlich liege die Maschine nach solch einer Auszahlung eine Zeit still. „Wir wissen, wie lange das Gerät Pause macht, bis es wieder bucht“, sagt die Zeugin. „Das ging alles zu schnell.“ P. habe das Casino dann verlassen.
Ein weiterer Zeuge das Ausmaß des Betrugsproblems klar
Als D. an dessen Platz den dritten Gewinn in kurzer Zeit reklamierte, zahlte die Servicekraft ihm das Geld nicht aus und rief die Polizei. All dies wird am Montag in einer mühsamen Beweisaufnahme erörtert. Es geht um das Auszahlsystem des Casinos, um Zeitspannen. Darum, was auf den Videoaufnahmen zu erkennen ist - und was nicht. Vollständig erhellen kann das Gericht die Details nicht.
Dafür macht ein weiterer Zeuge das Ausmaß des Betrugsproblems klar. Der Spielhallenbetreiber beschreibt die Manipulationsmasche als Teil einer organisierten Routine. „Wir haben damit viel zu tun, regelmäßig“, sagt er. „Das sind richtig große Strukturen in Deutschland.“ Alle zwei Monate teilten Hersteller mit, dass Kriminelle in irgendeinem Automatentyp eine neue Macke gefunden haben. „Die erforschen, wie die Geräte funktionieren“, berichtet der Betreiber. „Dann geht das deutschlandweit.“
Noch während der Zeugenbefragung melden die Verteidiger eine ganze Reihe Bedenken an
So sei es im Juli letzten Jahres auch beim Spiel „Sindbad“ gewesen. Es werde eine bestimmte Kombination abgewartet, dann der Stecker gezogen und das Gerät neu gestartet. „Das Programm läuft dann nicht mehr einwandfrei“, schildert der Zeuge. Die Warnung vom Hersteller sei in diesem Fall zu spät gekommen.
Noch während der Zeugenbefragung melden die Verteidiger eine ganze Reihe Bedenken an. Sie wollen fehlende Geräteprotokolle lesen, weitere Videoaufnahmen sehen. Schnell zeichnet sich ab, dass an diesem Tag kein Urteil gesprochen wird. Durchaus zum Unmut der Richterin. „Es ist immer misslich, wenn man stundenlang sitzt und dann kommt nicht mehr dabei heraus, als dass man von Amtswegen einen neuen Termin macht“, sagt Susanne Vogelsang. Am Ende vertagt sie den Prozess. Er wird voraussichtlich im kommenden Jahr fortgesetzt. (mz)