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Geschichte von Cattau Geschichte von Cattau: Klein, aber 1040 Jahre alt

Von Luisa Peine 13.10.2013, 20:30
Mario Böltzig sticht das Fass mit dem Freibier an.
Mario Böltzig sticht das Fass mit dem Freibier an. Heiko Rebsch Lizenz

Cattau/MZ - Ruhig, beschaulich, niedlich ist eines der kleinsten Dörfer des Landkreises Anhalt-Bitterfeld. Die Fuhne grenzt das Dorf vom Saalekreis ab, ein herrlicher Blick auf den Petersberg macht Cattau zu einem idyllischen Ort. Das kleine Dorf hat jedoch eine lange Geschichte inne. Eine 1040-jährige: Im Jahr 973 fand es erstmalig urkundliche Erwähnung.

Ein triftiger Grund, dieses Datum gebührend zu feiern, zumindest, wenn es nach den 93 Einwohnern von Cattau geht. „Von 973 bis 2013 – eine historisch lange und bedeutende Zeit für solch einen kleinen Ort“, leitete Mario Böltzig, Vorsitzender des Cattauer Heimatvereins, die Feierstunde ein und betonte, dass die Veranstaltung bewusst einen historischen Charakter haben solle.

Zu diesem Wunsch trugen viele der Gäste bei – in festlichen Gewändern aus vergangenen Zeiten erschien die Vielzahl von Frauen, Männern und Kindern. Der Saal im Vereinshaus, mit Blick auf Petersberg, Fuhne und Löbejün füllte sich nach und nach, und es mussten sogar noch Stühle zusätzlich geholt werden. Begleitet von Keyboard-Klängen stimmten sogleich alle Gäste in das Gründungslied des Ortes ein.

„Wir sitzen heut zusammen und wollen den Geburtstag unseres schönen Dorfes feiern“, begann Landvogt Rudolf Ottilie, herrschaftlich gekleidet, von seiner Pergamentpapierrolle vorzutragen. Es sei sehr viel geschehen in den 1040 Jahren, deshalb sei es wichtig, einmal an die Vorfahren zu erinnern und ihnen für ihre Leistungen zu danken.

1516 komplett zerstört

„Im Jahr 973 war die Fuhneniederung nur ein Sumpf- und Morastgelände, bis sich die Ur-Cattauer dazu entschlossen, erste Hütten zu bauen und das Gebiet zu besiedeln“, informierte der Landvogt. Kaiser Otto III. schenkte das Gebiet dem Kloster Nienburg. Der erste schwere Schlag, unter dem Cattau leiden musste, so Rudolf Ottilie, war zwischen 1419 bis 1436 zu Zeiten des Hussitenkrieges. Um 1516 wurde es komplett zerstört. „Niemand fühlte sich für Cattau verantwortlich, es gehörte von da an zu Löbejün“, sagte er, „und 1518 beschloss der Rat der Stadt, aus Cattau einen Steinbruch zu machen.“ Damit bekundete man den ersten urkundlich erwähnten Steinbruch in diesem Gebiet.

Es sollte mehrere Jahrhunderte dauern, bis Cattau 1721 die Neuentstehung feiern konnte. Aus dieser Zeit stamme auch die Grundstruktur des jetzigen Dorfes. „Auch die beiden Weltkriege forderten Opfer, so kamen im ersten sechs und im zweiten Weltkrieg fünf Cattauer Bürger ums Leben“, so der Landvogt weiter. Der tägliche Kampf um Lohn und Brot ging nach 1945 los, und erst mit Gründung der DDR manifestierte sich die landwirtschaftlich geprägte Struktur. Es bildeten sich ein Karnevalsverein und ein Männerchor, das Vereinsleben sei allmählich geboren worden.

Doch auch die Zeit nach der Wende im vereinten Deutschland stellte das Örtchen auf eine harte Probe. Das jahrelange Gemeinschaftsgefühl habe sich verloren, „doch Mitte der 90er Jahre gründete sich unser heutiger Heimatverein und brachte wieder neues Leben nach Cattau“, erzählte Ottilie. Um die Jahrtausendwende entstand das heutige Vereinshaus, wie Ottilie sagte: „Die kulturelle Stätte, das Wahrzeichen des Dorfes.“ Es mache seinem Straßennamen „Zur schönen Aussicht“ alle Ehre.

Ein Prosit der Gemütlichkeit rundete Landvogt Rudolf Ottilies historischen Abriss ab, und spätestens jetzt kam bei allen Gästen Feierlaune auf. Die Stimmung wurde ausgelassener und kam zum Höhepunkt, als der Werdershausener Gesangs- und Heimatverein, der dem Örtchen sehr nahe steht, ebenfalls seine Glückwünsche in Form von Liedern und einem Geschenk vortrug. Ein kleiner Eichenbaum solle als Symbol für die seit 1570 bestehende Freundschaft dienen. „Als Symbol für eure Gastfreundschaft und Freundlichkeit hoffen wir, dass die Eiche gut gedeiht“, erklärte der Werdershausener Thorsten Breitschuh.

Mario Böltzig war sehr gerührt, als er das Geschenk im Namen der Mitglieder annahm. Eine historische Modenschau der 60 Vereinsmitglieder durch die bedeutendsten Jahrhunderte rundete das kleine Jubiläumsfest passend ab.

Gäste loben die Atmosphäre

„Wir haben alles schon Wochen vorher vorbereitet und ohne unseren engagierten Mitglieder wäre das nicht möglich gewesen“, freute sich Mario Böltzig über die Resonanz. Der gebürtige Köthener, der seit 1964 in Cattau lebt, liebt an seinem Ort vor allem die Ruhe. „Kein Vergleich zum Stadtleben“, resümiert er. Es sei schön gewesen, nach den schweren Zeiten nach der Wende mitzuerleben, wie das Dorf wieder zusammengewachsen sei. „Und nun ist es so ein schönes Gemeinschaftsgefühl, man fühlt sich einfach sofort willkommen“, meinte der Cattauer.

Auch Joachim Spens, Ortsbürgermeister von Wieskau - Cattau gehört zur Ortschaft Wieskau - genoss die Runde. „Es ist schade, dass kein einziger Wieskauer außer mir hierhergekommen ist. Und dabei leistet der Verein eine so beachtliche Arbeit, da können sich andere wirklich eine Scheibe von abschneiden“, war Spens voll des Lobes.

Die 52-jährige Werdershausenerin Karola Fähnrich war ebenso begeistert vom Gemeinschaftsgefühl im Dorf: „Alle sind hier wie eine große Familie.“ Sie bereue es auf keinen Fall, die Zeit mit den Cattauer Freunden verbracht zu haben.

Die Teilnehmer lauschen dem historischen Überblick.
Die Teilnehmer lauschen dem historischen Überblick.
Heiko Rebsch Lizenz