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Garagenbesitzer befürchten eine baldige Enteignung

Von Wladimir Kleschtschow 27.10.2005, 17:19

Köthen/MZ. - Der Hintergrund der Aktion: Ab dem 1. Januar 2007 können die jetzigen Besitzer ihre Garagen an die Stadt verlieren. Und zwar ohne jeglichen Schadenersatz. Am 31. Dezember 2006 findet nämlich ein Überbleibsel aus DDR-Zeiten sein Ende. Damals war es rechtens und üblich, dass Garagen, Gartenlauben und sogar Wohnhäuser auf Grundstücken von Städten und Gemeinden errichtet wurden, ohne dass die Bauherren diese Grundstücke kauften.

Das bundesdeutsche Recht überwindet diese Eigentumstrennung, und zwar ausdrücklich zugunsten der Eigentümer von Grund und Boden. Damit jedoch die unzähligen Besitzer von Garagen und Gartenlauben nach der Wiedervereinigung nicht über Nacht so zusagen enteignet werden, wurde eine Investitionsschutzfrist eingeräumt. Und diese läuft nun Ende nächsten Jahres aus. Rein theoretisch kann dann die aufgeschobene Enteignung nun doch noch stattfinden, wenn der Grundbesitzer es will.

Dagegen lehnen sich die Garagenbesitzer auf. Allein in dem Komplex "Anhaltische Straße" sind nach Angaben von Wolfgang Rönelt mehr als 600 Menschen durch das Ende des Investitionsschutzfrist betroffen. Viele von ihnen waren von Anfang an dabei. Sie hatten nicht nur Geld, sondern - wie damals üblich - auch viele Arbeitsstunden in den Bau ihrer Garagen investiert.

Wolfgang Rönelt weiß, dass unmittelbar gegen die Beendigung der Investitionsfrist nichts unternommen werden kann: Gesetz ist Gesetz. Er und seine Mitstreiter wollen jedoch mit der Stadt Köthen gemeinsam nach Wegen suchen, wie das Problem für beide Seiten zufrieden stellend gelöst werden kann.

Präzedenzfälle gibt es bereits, da hat sich Rönelt informiert. In Eberswalde und in Straußberg bei Berlin wurde die Investitionsschutzfrist auf der örtlichen Ebene einfach vertraglich verlängert - in Eberswalde zum Beispiel bis zum Jahre 2019. In wichtigen begründeten Fällen kann die Stadt den Vertrag kündigen - zum Beispiel, wenn von den Garagen Gefahren ausgehen oder wenn ihre Pflege vernachlässigt wird, so dass Schandflecke im Stadtbild entstehen.

Eine ähnliche Lösung muss doch auch in Köthen möglich sein, so Rönelt. Dies wäre auch von Vorteil für die Stadt. Immerhin zahlt jeder Garagenbesitzer 60 Euro Pacht jährlich in die Stadtkasse ein - plus 9,29 Euro Steuer. Bei über 600 Garagen kommt da schon eine stattliche Summe zusammen. Und der Garagenkomplex "Anhaltische Straße" ist nicht der einzige in Köthen. Möglich wäre auch ein Verkauf der Grundstücke an die Garagenbesitzer. Wie das alles im einzelnen zu bewerkstelligen ist, könnte unmittelbar in Gesprächen mit der Stadtverwaltung erörtert werden - ausgehend von den Erfahrungen anderer Städte.

Doch zu solchen Gesprächen sei es nicht gekommen. "Ich schrieb schon an den Oberbürgermeister Zander und an die Fraktionschefs der im Kreistag vertretenen Parteien", so Rönelt. "Nicht einmal eine Empfangsbestätigung für den Brief habe ich bisher erhalten, geschweige denn eine Antwort."

Wie die städtische Pressesprecherin Waltraud Siersleben der MZ mitteilte, soll die Garagen-Frage voraussichtlich im Dezember im Stadtrat behandelt werden.

Das Problem mit der ablaufenden Investitionsschutzfrist harrt übrigens nicht nur in Köthen seiner Lösung. Auch in Gröbzig bangen Bürger um ihre Garagen, die auf dem städtischen Grund und Boden stehen. Während der jüngsten Stadtratsitzung in der Fuhnestadt bat ein Garagenbesitzer die Kommunalpolitiker eindringlich, sich dieser Frage zu widmen. "Sonst muss ich am Ende meine eigene Garage mieten, die dann der Stadt gehört", rief er. Kommentar Seite 8