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Leader-Programm der EU Fördergelder für marode Kirche in Thurau: Jetzt sind Ideen für deren Zukunft gefragt

Sichtbar verfällt die Kirche in Thurau und den Dörflern blutet das Herz, dies mit ansehen zu müssen. Doch nun sollen Konzepte geprüft werden, das zu ändern.

Von Sylke Hermann 20.11.2021, 12:00
Lange Zeit ist nichts passiert, nun will man sich der Thurauer Kirche widmen und prüfen, was machbar wäre.
Lange Zeit ist nichts passiert, nun will man sich der Thurauer Kirche widmen und prüfen, was machbar wäre. (Foto: Ute Nicklisch)

Thurau/MZ - Der Bescheid ist da, „jetzt liegt ganz viel Arbeit vor uns“, freut sich Iris Schumacher und ist voller Tatendrang - wohl wissend, „dass ich schon noch geerdet werde“. Doch das hält Thuraus Ortsbürgermeisterin keineswegs davon ab, das Tempo anzuziehen. „Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder wir tun etwas oder unsere Kirche fällt zusammen.“ Und das will hier niemand.

Wie man das Bauwerk künftig nutzen könnte, soll nun eine Machbarkeitsstudie zeigen. Dafür gibt es Fördermittel aus dem Leader-Programm der Europäischen Union, mit dem der ländliche Raum gestärkt werden soll. Thurau hatte es zuletzt auf Platz eins der Prioritätenliste in der Leader-Region Anhalt geschafft. Von allen Gremien der Lokalen Aktionsgruppe, in der über die Leader-Projekte befunden wird, top-bewertet. Was auch Pfarrer Martin Olejnicki stolz macht. Er ist froh, dass es in dem kleinen Ort im Osternienburger Land „so viele engagierte Bürger gibt, denen die Kirche am Herzen liegt“.

„Ausschlaggebend ist, dass wir eine sinnvolle Nutzung für unsere Kirche finden“

Seit fast 20 Jahren, schätzt der Pfarrer, ist die Kirche inzwischen komplett gesperrt. Anläufe, hat er sich sagen lassen, an der Situation etwas zu ändern, habe es immer wieder gegeben. Unter anderem machen sich vor einiger Zeit Architekturstudenten der Hochschule Anhalt Gedanken, wie man den Kirchenraum nutzen könnte. Martin Olejnicki findet das spannend, sich mit den Ideen zu beschäftigen. Die einen könnten sich hier eine Spa-Wellness-Oase vorstellen oder ein Meditations- und Yoga-Zentrum, die anderen fänden altersgerechtes Wohnen in der Kirche ganz spannend.

Die Aussicht genießen: Auch der Kirchturm wird integriert.
Die Aussicht genießen: Auch der Kirchturm wird integriert.
(Foto: Ute Nicklisch)

Aktuell - und mit dieser Idee hat man die Mittel für die Machbarkeitsstudie auch begründet - kreisen die Gedanken eher um ein Zentrum für soziales Lernen. Etwas, das vor allem Iris Schumacher, die beruflich im pädagogischen Bereich tätig ist, begeistert. Etwas Ähnliches kennt sie aus Magdeburg, wo das Projekt äußert erfolgreich laufe. „Es geht hier darum, den sozialen Zusammenhalt in den Klassen zu stärken“, schildert sie und betont: „Ausschlaggebend ist, dass wir eine sinnvolle Nutzung für unsere Kirche finden.“

Noch im November wollen sich die Protagonisten zusammensetzen und gemeinsam die nächsten Schritte beraten

Die Sanierung müsse „zukunftsfähig“ ausgerichtet sein, „Hand und Fuß haben“. Mit dem Fördermittelbescheid sollen bestehende Initiativen, wie Architekt Dietmar Sauer beschreibt, „aufbereitet und mit neuen Ideen untersetzt werden, so dass in Thurau nicht nur historische Bausubstanz gerettet werden soll, sondern auch ein Ort entsteht, der voller Leben und Begegnung ist“.

Was tun mit der Kirche im Dorf? Ideen gibt es bereits einige.
Was tun mit der Kirche im Dorf? Ideen gibt es bereits einige.
(Foto: Ute Nicklisch)

Noch im November wollen sich die Protagonisten zusammensetzen und gemeinsam die nächsten Schritte beraten. Zunächst, glaubt Iris Schumacher, müsse es um die Substanzerhaltung gehen und verweist gleich an den Fachmann; „das ist Sache von Herrn Sauer“. Was jedoch sichtbar sei: „Unsere Kirche kränkelt schwerst“, sagt die Ortsbürgermeisterin. Es müsse gelingen, so Martin Olejnicki, „das Gebäude zu erhalten und einen Mehrwert zu schaffen“. Mit weniger als 20 Gemeindegliedern sei es „irrsinnig, die Kirche nur als Kirche zu reaktivieren“. Aber: „Es wäre schon schön, wenn es hier ab und zu auch Gottesdienste gäbe“, wünscht sich der Pfarrer.

„Das größte Problem ist die eindringende Feuchtigkeit“

Aus seiner Sicht wäre es durchaus hilfreich, einen Überblick über die Kosten zu erhalten. „Das größte Problem ist die eindringende Feuchtigkeit“, weiß Martin Olejnicki. Deshalb müsse es in einem ersten Schritt darum gehen, „das Gebäude dicht zu bekommen“. Die letzte Kostenschätzung habe man in den 90er-Jahren beauftragt. „Hätte man damals schon etwas unternommen, wäre es um einiges günstiger geworden.“ Mit der Begründung, dass die Kirche doch ohnehin kaum genutzt werde, habe man das seinerzeit bleiben lassen - und nichts unternommen. Nach Jahrzehnten, in den das Bauwerk immer weiter verfallen ist, scheint nun gewiss, dass eine wie auch immer geartete Sanierung und Nutzung teuer wird: „Es wird garantiert in die Millionen gehen“, fürchtet nicht nur Martin Olejnicki.

Doch ans Geld will Iris Schumacher im Moment nicht denken - noch nicht. Erst die Machbarkeitsstudie. Und dann wisse man, welche Idee man in welcher Form eventuell umsetzen könnte. „Ich sprudele vor Ideen“, versichert sie lachend und träumt insgeheim schon davon, die Aussicht vom Kirchturm zu genießen. Sie weiß aber auch, dass das Projekt „nicht von allen im Dorf geliebt wird“. Zu viel Lärm, zu viel Trubel, zu viele Leute. „Wir leben schon sehr ruhig hier“, weiß die Ortsbürgermeisterin. Doch „ein bisschen Leben im Dorf“ sei schließlich „auch nicht zu verachten“.