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Flüchtlinge in Anhalt-Bitterfeld Flüchtlinge in Anhalt-Bitterfeld: Chefin der Agentur für Arbeit sieht Zustrom als Chance

Von Claus Blumstengel 23.10.2015, 15:36
Agenturchefin Sabine Edner.
Agenturchefin Sabine Edner. MZ Lizenz

Dessau/Köthen - Die in Anhalt aufgenommenen Flüchtlinge sieht Sabine Edner, Chefin der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg als Chance für den Arbeitsmarkt. Zurzeit gebe es in ihrem Bereich 1.900 offene Stellen, davon 673 im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Nicht alle können besetzt werden. Großen Bedarf gebe es in den Branchen Metall, Lebensmittelproduktion, Logistik und Pflege. Hinzu komme, dass in den nächsten 15 Jahren 35 Prozent der Arbeitskräfte in Sachsen-Anhalt in den Ruhestand gehen, was den Arbeitskräftemangel weiter verschärfe. Als Folgen drohen laut Edner die Schließung von Handwerksbetrieben und die Verkleinerung oder Abwanderung von Unternehmen.

Gibt es einen Ausweg?

Die Agentur für Arbeit will laut Edner dafür sorgen, dass anerkannte Asylbewerber und solche mit guten Aussichten auf Bleiberecht der Wirtschaft aus dieser Bredouille helfen. Sie möchte die Flüchtlinge möglichst schnell für den Arbeitsmarkt fit machen und nicht bis zum Ende des achtmonatigen Integrationskurses warten. Während dieser Zeit könnten die Teilnehmer in geringfügigen Beschäftigungen oder Praktika bereits ihre Fähigkeiten zeigen. Das sei angebracht, da es in den Herkunftsländern meist keine Berufsausbildung wie in Deutschland gebe, sondern nach der Schule gleich eine Arbeit aufgenommen werde. Solche Einsätze würde man gern mit Hilfe von Wirtschaftsverbänden organisieren. „Dafür brauchen wir die Offenheit von Unternehmen und der Belegschaften“, stellt Edner fest.

Was wird schon getan?

Mitarbeiter der Arbeitsagentur und Jobcenter gehen in die Unterkünfte und erkundigen sich nach Ausbildung und Fähigkeiten der Zuwanderer. Es gibt die Möglichkeit, Zeugnisse zu übersetzen.

Innerhalb der bundesweiten Fachkräftewoche informieren sich am 30. Oktober Flüchtlinge in der Arbeitsagentur in Dessau über Arbeits-, Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten und werden zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen beraten. Das soll später auch in Anhalt-Bitterfeld angeboten werden.

Und die Sprache?

Die neuen Asylregelungen, die nun schon am Montag in Kraft treten, sehen für Asylbewerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit Sprachkurse vor, die bis 31. Dezember beginnen müssen. Die Neuerung: Die dafür zertifizierten Bildungsträger und Volkshochschulen müssen sich die Teilnehmer unter den Flüchtlingen selbst suchen, was angesichts deren oft dezentraler Unterbringung nur mit Hilfe der Kommunen und Sozialarbeiter funktioniert.

Für die Flüchtlinge gibt es bei der Arbeitsagentur mehrsprachige Merkblätter. Demnächst soll im Gebäude auch eine mehrsprachige Beschilderung angebracht werden. Die Mitarbeiter nutzen in Gesprächen eine Übersetzungs-App, wenn kein Dolmetscher zur Verfügung steht.

Sind es Konkurrenten?

Nach wie vor muss vor der Einstellung eines Flüchtlings erst geprüft werden, ob für den Arbeitsplatz ein Deutscher in Frage kommt. In Anhalt-Bitterfeld leben zurzeit 1100 Flüchtlinge. Das ist weniger als ein Prozent der Bevölkerung. 224 anerkannte Asylbewerber sind zurzeit arbeitslos, 37 mehr als 2014. Laut Arbeitsamtschefin wird die Zahl der Jobs und der offenen Stellen 2016 weiter steigen, während die Arbeitslosigkeit im Amtsbezirk voraussichtlich stagniert. (mz)