Erfinder aus Köthen Erfinder aus Köthen: Warum sich hinter diesem Handy kein Telefon verbirgt

Köthen - Wenn man heute vom Handy spricht, denkt jeder an ein mobiles Telefon. In den letzten Jahren ist es in Windeseile zum Allgemeingut geworden. Selbst Kinder können damit umgehen. Doch der Name hatte ursprünglich eine ganz andere Bedeutung. Im Warenzeichenblatt des deutschen Reichspatentamtes vom 27. Februar 1937 ist damit unter der Nr. 490740, E25474 ein Daimon-Handy als geschütztes Warenzeichen eingetragen.
Erfinder aus Köthen: Weltmarkt erobert
Das Daimon-Handy war aber eine handliche Taschenlampe. Ihr Erfinder hieß Paul Schmidt, stammte aus Köthen in Anhalt, hatte sich als Erfinder und Unternehmer einen Namen gemacht und eroberte mit seinen Produkten unter dem Marken- und Firmennamen Daimon den Weltmarkt. Das Daimon-Museum im Berliner Bürgerschloss Hohenschönhausen erinnert seit 2016 an das Leben und Wirken von Paul Schmidt, der nach einem steilen Aufstieg und trotz vieler Patente gemessen an seinem zwischenzeitlichen Reichtum vor 70 Jahren fast in Armut starb.
Der einst weltberühmte Erfinder wurde am 11. Mai 1868 in Köthen geboren, der vormaligen Residenzstadt der Askanierfürsten. Seine Eltern ermöglichten dem Jungen, der schon früh ein ausgesprochener Tüftler war, eine Technikerausbildung. Dann ging es Schlag auf Schlag. 1896 meldete er sein erstes Patent an für galvanische Trockenelemente mit Flüssigkeitsvorrat. Fast parallel gründete der junge Erfinder in Berlin eine Prüfungsanstalt für Elektrochemie. Schmidt erledigte mit seiner Firma Prüfaufträge und tüftelte weiter.
Großer Schlag: Taschenlampenbatterie
1901 kam dann der große Schlag. Er entwickelte eine 4,5-V-Taschenlampenbatterie aus drei nebeneinander angeordneten 1,5 V-Zellen. Parallel wandelte Schmidt nach erfolgreicher Ge- winnung von Geschäftspartnern seine Prüfanstalt in die „Daimon Elektrotechnische Fabrik Schmidt & Co“ um. Der Standort war die Berliner Chausseestraße. Jetzt legte er so richtig los. Schmidt produzierte seine Daimon-Flachbatterien, Batteriegehäuse und auch Glühlampen.
Sein Stammbetrieb expandierte. Es entstanden im Gefolge der Nachfrage weitere Zweigbetriebe. Die diesbezügliche Palette reichte von Bodenbach an der Elbe über Berlin-Wedding, Rodenkirchen bei Köln und Danzig bis Tetschen/Elbe und Arnstadt in Thüringen. Mit seiner Massenproduktion eroberte er besonders mit dem neuartigen Taschenlampenmodell unter dem Namen Handy mit dem Daimon-Logo den Weltmarkt.
Aufsteiger aus Köthen kauft Schloss in Berlin
Der Aufsteiger aus Köthen wurde berühmt, sehr reich und erwarb das Schloss in Berlin-Hohenschönhausen, wo er ab 1910 herrschaftlich wohnte. Die Zeit der Weimarer Republik bildete eine Fortsetzung seiner Erfolgsgeschichte. Mehr noch. Ab 1924 nahm er in sein Produktionsprogramm auch Radioteile und dann vollständige Radios auf. Die Goldenen Zwanziger gediehen auch für ihn zu einer Goldzeit. Aber die Weltwirtschaftskrise sorgte für erste Einbrüche.
Mit der kriegsvorbereitenden Produktion unter den Nazis bekamen auch die Daimon-Werke wieder Aufwind. Daimon-Batterien und Daimon-Taschenlampen wurden gebraucht. Doch nach dem Ende des Krieges mit seinen Zerstörungen, die auch vor den Produktionsstätten der Daimon-Werke nicht Halt machten, kam das nächste Tief für den Unternehmer. Darüber starb er am 4. August 1948 in Berlin.
Seine Daimon-Firma wurde 1983 vom USA-Unternehmen Duracell übernommen, das dann 1996 vom Gilette-Konzern geschluckt wurde, der seinerseits seit 2005 zum Konzern „Procter & Gamble“ gehört. Alle Anrechte auf die Schmidt-Patente wanderten mit.
2001 gab der Förderverein von Schloss Hohenschönhausen eine Festschrift zum 100. Jahrestag der Unternehmensgründung von Schmidt heraus. 2016 folgte dann die Museumsgründung. Dazu gesellte sich eine Gedenktafel für den Erfinder und Unternehmer an der Hauptstraße 44, der für das erste Handy Deutschlands gesorgt hatte. (mz)