Eine Welt voller Fantasie Eine Welt voller Fantasie: Gabi Krenz bietet in Köthen mehr als 3.000 Kostüme an

Köthen - Onkel Dagobert ist in der Köthener Ludwigstraße schon ein und aus gegangen. Ebenso Cleopatra, die ägyptische Pharaonin, und Sultane aus Fernost. Aber auch Polizisten, Kampfpiloten sind schon aus den vier Wänden von Gabi Krenz ins Licht der Öffentlichkeit geschritten.
Wer in ihr Territorium eintritt, muss die Augenmuskeln schon einmal anspannen. Ihre mehr als 3.000 Kostüme laden zum intensiven Staunen und Anprobieren ein. Gerade jetzt in der fünften Jahreszeit. Zum Fasching selbst kann es den Leuten nicht schrill genug sein.
Manche mögen es ausgefallen, für manche darf es zum anfänglichen Schnuppern ein eher schlichterer Anzug sein - oder eine original grüne Polizeijacke, die nach dem Austausch gegen den einheitlich europablauen Dresscode bei der Polizei nun in ihrem Fundus Einkehr gefunden hat.
Beim Karneval ist grundsätzlich alles erlaub
„In den ersten drei Sätzen muss ich rauskriegen, wohin ich einen Kunden schiebe“, erzählt die resolute Krenz, die sich seit 28 Jahren schon als selbstständige Schneiderin einen Namen gemacht hat. „Schieben“ ist dabei die richtige Bezeichnung, denn wenn einer in dem separaten Kostümverleih den Überblick behält, dann ist es die 56-Jährige.
Beim Karneval ist grundsätzlich alles erlaubt. Vieles findet man bei Krenz. Unikate. Mehr als die Hälfte hat sie selbst genäht. Zu ihren Werken gehört das Köthener Maskottchen „Halli“, der Hallesche Turm. Krenz’ Halli können sich Leute auf den Kopf setzen. So, dass die mit goldenem Stoff bespannte Styroporspitze, das darunter liegende Dach aus Gardinenstoff und der Turm aus rotem Schwedenleder mindestens drei Köpfe über ihm ragt. Für sie ein wertvolles Stück, an dem sie samt Planung zwei bis drei Wochen gearbeitet hat.
Demnächst wird in der Öffentlichkeit ein Gouda-Käse auf zwei Beinen herumlaufen
Wer ihn trägt, hat’s warm. Nicht nur auf seinem Kopf. Durch den Stoff und das ungewohnte Gefühl wärmt sich der Körper gleich mit auf, zwinkert die Köthenerin. Für Menschen, die für 16 bis 30 Euro ein Kostüm zur karnevalistischen Abendveranstaltung kaufen möchten, sei das zu anstrengend. Gefragt sind unkonventionelle Dinge. „Erst letztens habe ich meine Torte verkauft, an eine sehr schlanke Frau“, spricht sie von ihrem Kostüm, das durch ein Drahtgestell aufgebaut wird. „Wir machen Sie hier auch zum Drops“, sagt die Schneiderin lachend.
Und demnächst wird in der Öffentlichkeit ein Gouda-Käse auf zwei Beinen herumlaufen. Ein ähnliches Modell - eine dunkelrote Babybel-Käsekugel - hängt noch. Beinhaltet 45 Prozent Fett, bemerkt sie schmunzelnd, nachdem sie ihr eigenes Modell probeweise übergezogen hat. Auf dem Kopf sitzt ein roter Hut. Von dem lugt bereits dreist die Maus auf den Käserkörper hinab.
Kinderbuchfiguren wie Pinocchio liegen in diesem Jahr im Trend
Solche Details finden sich an vielen Kostümen. Bei Schokoladenbonbons oder Kinder-Ü-Eiern oder aber Spinnen-, Monster- oder Vampirkostümen. Kinderbuchfiguren wie Pinocchio liegen in diesem Jahr im Trend - genauso wie DDR-Puppenfiguren des Pittiplatsch-Ensembles mit Schnatterinchen, Fuchs und Elster. Generell greifen die Leute 2019 gern zu DDR-Kostümen.
Im Gegensatz dazu ist es schwer, von Evergreens in der Kostümwelt zu sprechen. Auch Engelchen oder Teufelchen seien nicht immer beim Karneval mit von der Partie. Wenn es ein Kostüm gibt, das sich immer zum Karneval halte: Dann sei das bei beiden Geschlechtern die Piratentracht.
Man kann es kaum glauben, aber es gibt bei Gabi Krenz tatsächlich Sachen, die sich noch nicht in ihrem Repertoire befinden. „Einen Grinch und eine Schildkröte habe ich noch nicht, aber dafür einen Yeti und Monster“, informiert sie beim Gespräch mit der MZ.
Bis etwa zwei Wochen nach dem offiziellen Karnevals-Endewerden Kostüme verliehen
Einmal hat sie sechs Kostüme an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht. Das war ein guter Tag. Üblicherweise seien es rund 14 pro Woche. Um jeden Preis wechseln die schrillen bis schlichten Gewänder aber nicht den Besitzer. Krenz, die nicht selten auch die Prinzenpaare ausstattet, achtet penibel bei der Kostümauswahl darauf, „dass niemand die Karnevalsprinzessin aussticht“, meint sie mit flotter Zunge.
Bis etwa zwei Wochen nach dem offiziellen Karnevals-Ende am Aschermittwoch werden Kostüme verliehen. Das allererste in diesem Jahr ging gleich am 7. Januar über ihren Ladentisch. Ein „kleiner Feigling“. Für eine verkleidungsaffine Stammkundin, berichtet die Geschäftsfrau.
„Die Leute tun sich schwer bei Schminke. Dabei wirken viele Sachen erst dann richtig“
Wer zu seinem ideenreichen Textil noch die passende Perücke sucht, wird bei Gabi Krenz ebenso fündig. Dutzende stehen zur Auswahl. Was sie dem Einzelnen nicht abnehmen kann, ist das individuelle Schminken. Genau an diesem Punkt höre es für Dutzende Kunden aber auf.
„Die Leute tun sich schwer bei Schminke. Dabei wirken viele Sachen erst dann richtig“, erzählt sie. Die Lust, sich ein schwarzes, braunes oder gelbes Gesicht zu schminken, sei überschaubar. Karnevalsfreund Henry Rudat, der sich bei Krenz umsieht, braucht sich damit nicht herumzuschlagen. Sein Sultangewand mit Scherpe und Turban auf dem Kopf sieht edel aus und benötigt nicht noch mehr Farbe im Gesicht. (mz)
Der Kostümverleih hat Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 9 bis 16 Uhr geöffnet; am Mittwoch 9 bis 13 und 15 bis 18 Uhr. Weitere Termine gibt es unter 03496/55 28 23.

