Die Bockwindmühle Libehna Die Bockwindmühle Libehna: Ein Zeugnis früherer Technik

Libehna/MZ - Wer kennt sie nicht im Altkreis Köthen: die Bockwindwindmühle Libehna? Fast legendär ist das alljährliche Mühlenfest Ende Juli, auf dem besonders abends viele aus Nah und Fern unter den Mühlenflügeln ihr Tanzbein schwingen. Doch auch der Mühlentag jedes Jahr am Pfingstmontag lockt zahlreiche Neugierige auf den Mühlenberg. Dieses Jahr nun steht ein Jubiläum an: die Mühle wird 200 Jahre alt. In einem der Querbalken des Bockes ist die Jahreszahl 1814 eingestemmt.
Geschichte
Einsam steht sie da und war doch vor knapp 200 Jahren eine von vielen. Um die 200 Windmühlen wurden bis ca. 1890 im Altkreis Köthen errichtet. Die neue Gewerbefreiheit nach 1810 machte es möglich. Vorher gab es bedeutend weniger Mühlen, die alle in der Hand des jeweiligen Landesherrn lagen. Die Mühlen wurden zwangsver-pachtet und die Dörfer unter den sogenannten Mühlenbann zwangszugeordnet.
Demnach konnte sich keiner aussuchen, zu welcher Mühle er sein Korn brachte. Er musste dahin gehen, wo er zugeordnet war, auch wenn dieser Müller vielleicht mehr schlecht als recht und der nächste Müller, in ähnlicher Entfernung, besser war.
Das änderte sich mit der Gewerbefreiheit. Ein regelrechter Mühlenbauboom entstand. Güter, Domänen und nun auch private Müller auf dem Weg zu einer Selbständigkeit, ließen sich ihre eigene Mühle bauen. Der Beruf des Mühlenbaumeisters war selten so gefragt wie in dieser Zeit. Er war aber auch sehr vielseitig, musste der Baumeister doch nicht nur wissen mit Holz umzugehen, sondern auch mit Stein und Eisen. Darüber hinaus musste er das Müllerhandwerk fast selbst beherrschen, da es seinem Handwerk oblag, ob die Mühle perfekt lief oder nicht.
Im Frühjahr wurde der Bau einer Mühle mit etwa sechs Gesellen und Helfern begonnen und zur Ernte im Herbst war die Mühle funktionstüchtig. Doch damit war die Arbeit eines Mühlenbaumeisters nicht getan. Die ständige, kraftvolle Beanspruchung zeigte rasch Verschleißerscheinungen in allen Bereichen der Mühle und sie musste ausgebessert werden. Allein die Mühlenflügel wurden spätestens alle zehn bis 15 Jahre ausgewechselt.
Erst als gegen 1925 auch in die entlegensten Landesteile Strom verlegt wurde, ging die Blütezeit der vielen Bockwindmühlen zu Ende. Bald entstanden inmitten der Ortschaften, und damit für die Kunden gut zu erreichen, massive Motormühlen mit Diesel- oder Elektroantrieb.
Nur die Libehnaer Mühle steht noch
Die Windmühlen blieben stehen und meist sich selbst überlassen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie noch mal aufgrund der Zerstörung und Mangelwirtschaft kurz in Betrieb genommen, bis sie dann spätestens mit Gründung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) endgültig ihren Betrieb aufgeben mussten.
Libehna und die dazugehörigen Ortsteile Locherau und Repau besaßen jeweils eine eigene Mühle. Noch heute sind die Mühlenberge innerhalb der Felder sichtbar. Doch nur die Libehnaer Mühle steht noch. Das ist allein der Verdienst von Edith Borchert (1940-2007).
Als Bürgermeisterin des Gemeindeverbandes Libehna, Repau und Locherau wollte sie schon in den 1970er Jahren den Orten einen gemeinsamen Mittelpunkt geben, dessen Attraktivität auch nach außen strahlen sollte: Die originalgetreu restaurierte Mühle.
Geld war da, aber keine Holzfreigabe für so ein Projekt. Und es wurde viel Holz benötigt. So etwas war in der Planwirtschaft der DDR nicht vorgesehen. Doch Edith Borchert umschiffte nicht nur diese Klippe.
Wahrzeichen als Treffpunkt
Und so wurde auch unter Einbeziehung vieler Jugendlicher aus der Ortschaft in den Jahren 1984/85 die Mühle zunächst äußerlich wieder hergerichtet. Um aus dem Wahrzeichen einen Treffpunkt zu machen, war die Anbindung an Strom notwendig. Auch dieses Problem wurde gelöst und so konnte 1987 das erste Mühlenfest gefeiert werden.
Doch auch damit gab sich Frau Borchert noch nicht zufrieden. Ihr Ziel war es, die Mühle wieder voll funktionstüchtig herzurichten. Ein günstiger Wind wehte 1990 den Jugendlichen Stefan Lander aus Halle nach Libehna, seines Zeichens begeisterter Mühlenenthusiast. Diesem gab Edith Borchert freie Hand und Stefan Lander begann, Stück für Stück die Technik der Mühle wieder herzustellen. Einiges aus der Zeit der Erbauung, wie das große Kammrad, kann auch heute, nach 200 Jahren, noch in Funktion gezeigt werden. Anderes würde einem erneuten Betrieb nicht mehr standhalten können. Immerhin ist die Mühlentechnik aber bis heute soweit instandgesetzt, dass sie zu Schauvorführungen gezeigt werden kann.
Und so kann jeder, der heute die Mühlentechnik bewundert, sicher sein, dass die einzelnen Teile noch aus der Blütezeit der Bockwindmühlen stammen.
Wann genau die Libehnaer Mühle einst in Dienst gestellt wurde, ist nicht bekannt. „Wir haben viel recherchiert, aber kein Datum gefunden“, sagte Reiner Novotny, Vorsitzender des Mühlenvereins. Wichtiger ist für ihn, dass ein Zeugnis früherer Technik bewahrt werden konnte. Die Mühle hegen und pflegen, das will der Verein auch künftiog.