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Destille Wilhelm Behr Destille Wilhelm Behr: Ab Januar gibt's echten Whisky aus Köthen

Von Fabian Sperk 31.12.2016, 11:00
Das Eingangstor zur Destillerie wird streng bewacht.
Das Eingangstor zur Destillerie wird streng bewacht. Heiko Rebsch

Köthen - Wie in einer Vitrine, hinter einer Glastür steht die glänzende, kupferne Brennblase - das Herzstück der Destille Wilhelm Behr. So ist sie auch für Besucher des Werksverkaufs immer sichtbar.

Vor drei Jahren wurde in der Destille Whisky gebrannt. Seitdem lagert dieser in Fässern im Keller. Im Januar ist es nun soweit und das Ergebnis lässt sich erstmalig verkosten. Die MZ blickt aus diesem Anlass hinter die Türen der traditionsreichen Brennerei.

Anders als erwartet, riecht es im Inneren des Besucherzentrums nicht alkoholisch. Das liegt nicht etwa an der verschlossenen Glastür, sondern daran, dass die Brennblase gerade leer ist. „Wir brennen hauptsächlich zu den Erntezeiten. Aber Korn, Gin und Whisky kann man das ganze Jahr über herstellen, weil sich ja Korn gut lagern lässt“, sagt die Inhaberin der Destille, Cornelia Kubitz.

Der 70-prozentige Schnaps muss vor dem Verkauf verdünnt werden

Um beispielsweise Obstbrände herzustellen benötigt die Brennerei zunächst Früchte aus der Region. Diese werden zerkleinert und mit Hilfe von Hefe vergoren. Dadurch entsteht die sogenannte Maische, mit einem Alkoholanteil von sechs bis neun Prozent. In der Brennblase wird diese trübe Flüssigkeit so stark erhitzt, dass die Aromen und der Alkohol verdampfen, in das Geistrohr steigen und im nebenstehenden Kessel aufgefangen werden.

Die Brennblase ist zwar viel kleiner als beispielsweise bei großen schottischen Whiskybrennereien, fasst aber immerhin 250 Liter. Der 70-prozentige Schnaps wird anschließend verdünnt, um verkauft werden zu können. Verwendet man anstatt der Früchte Malz, lässt sich mit diesem Verfahren der Whisky herstellen.

Bis zu 3.000 Flaschen können in einer Stunde abgefüllt werden

Zur Weihnachtszeit ist es aber trotz ruhender Brennblase keineswegs ruhiger in der Destillerie. Dann findet die Arbeit hauptsächlich im gegenüberliegenden Gebäude statt. Die weiße, langgezogene Fabrikhalle steht am Heinrichsplatz. Efeu klettert stellenweise an der Fassade empor. Zwei rote Bären schmücken als Logo der Destille das große Tor.

Dahinter befinden sich neben dem Versand auch die Abfüllanlagen der Destillerie. Bis zu 3.000 Flaschen könnten in der Stunde mit der neuen Anlage abgefüllt werden, sagt die Inhaberin. Für Besucher bleibt das Tor aufgrund von Hygienemaßnahmen verschlossen. Die Brennblase und das Kellergewölbe, in dem der Whisky lagert, können hingegen von Besuchern besichtigt werden.

Im Dachstuhl des Besucherzentrums beherbergt die Destille Wilhelm Behr sogar ein kleines Museum. Holzbalken verleihen dem Raum, gemeinsam mit alten Produktionsanlagen aus den 50er und 60er Jahren einen historischen Charme. Hier befindet sich auch die alte Abfüllanlage, mit der bereits gearbeitet wurde, als die Destille ihrem Vater gehört hat, sagt Cornelia Kubitz.

Destille Wilhelm Behr: Ein Unternehmen mit 180-jähriger Tradition

Das traditionsreiche Unternehmen blickt auf eine über 180 jährige Geschichte zurück. 1831 gründete Wilhelm Behr das Unternehmen und produzierte anfangs in der Schalaunischen Straße.

1878 erwarb sein Sohn Hugo Behr den jetzigen Standort am Heinrichsplatz und eröffnete die „Likör- und Essigfabrik“. Zu DDR-Zeiten waren bis zu 70 Mann in dem Unternehmen beschäftigt. Der Großteil davon arbeitete in der Produktion und nur wenige Menschen waren im Verkauf tätig. „Heute ist das genau umgedreht. Verkauf ist heute alles“, sagt die Inhaberin

Nachdem das Unternehmen 1972 enteignet wurde, gehörte es seit 1978 zur Sektkellerei „Rotkäppchen“. Zu dieser Zeit wurden in Köthen die 0,2 Liter-Flaschen, die sogenannten „Piccolos“, für den Sekthersteller abgefüllt. Mehrere große Relikte aus dieser Zeit befinden sich noch immer in der Produktionshalle.

Da die sechs Meter hohen Sekttanks nicht durch das nur vier Meter hohe Tor passen, müssen sie vorerst in der Halle bleiben. 50 Stück mit einem Fassungsvermögen von jeweils 17.000 Litern befanden sich auf dem Gelände, als Cornelia Kubitz den Betrieb ihres Vaters 1993 übernahm.

Besonders für die Herstellung von Whisky braucht viel Geduld

Sie spezialisierte sich zunächst auf die Likörherstellung. Die Inhaberin musste allerdings schnell feststellen, dass man allein mit der Herstellung von Kräuterlikören nicht leben kann und so wurde die Produktion 2012 auf Obstbrände, Geiste, Wodka, Korn, Gin und Whisky ausgeweitet.

Bei der Produktion wird die Inhaberin von ihrem Sohn und drei Mitarbeitern unterstützt. Verändert haben sich die Arbeitsabläufe in der Produktion in den letzten Jahren kaum.

Auch heute gehört zur Produktion noch viel schwere Handarbeit. Selbst das Befüllen der Brennblase erfolgt nach wie vor teilweise per Hand, sagt Cornelia Kubitz. „Aber dafür habe ich meinen Jungen.“

Besonders für die Herstellung von Whisky braucht man viel Geduld. „Das Furchtbare an der Whiskyproduktion ist, dass man so verdammt lange darauf warten muss“, sagt Inhaberin Cornelia Kubitz. Der Whisky muss nach der Destillation mindestens drei Jahre in Holzfässern lagern, um den Alkoholwert zu senken und den Geschmack zu entfalten. Während der Lagerung nimmt der Alkoholgehalt jährlich um drei Prozent ab.

Whisky aus Köthen: Ab Januar verfügbar

Auch die Fässer spielen für den Geschmack eine wichtige Rolle. Doch für kleine Destillerien, wie Wilhelm Behr ist es, im Gegensatz zu großen Whiskyproduzenten, schwer, aromenreiche Cherry- und Portweinfässer zu erwerben. „Mittlerweile brennt ja alle Welt Whisky und da ist es noch schwerer gute Fässer zu bekommen“ merkt Cornelia Kubitz an.

Von dem Ergebnis der jahrelangen Arbeit können sich Besucher im neuen Jahr selbst überzeugen. Ab Januar kann der Whisky der Distille Behr aus Köthen gekauft werden. (mz)

In der neuen Abfüllanlage läuft die Köthener Kräuter Melodie vom Band.
In der neuen Abfüllanlage läuft die Köthener Kräuter Melodie vom Band.
Heiko Rebsch
Alte Abfüllanlage im Museum
Alte Abfüllanlage im Museum
Heiko Rebsch
Cornelia Kubitz und ihr Sohn Sebastian brennen einen Birnenschnaps.
Cornelia Kubitz und ihr Sohn Sebastian brennen einen Birnenschnaps.
Heiko Rebsch