Dem Cembalo fehlen Teile
Köthen/MZ. - Dies und noch mehr konnten die Vorschulkinder der Kita "Max und Moritz" dieser Tage im Köthener Schloss erfahren. Gemeinsam mit ihren Erzieherinnen und Musikpädagogin Regina Baufeld von der Musikschule schaute und hörte man sich erst mal die kleine Orgel in der Schlosskapelle an, ehe es durch die Fürstenloge, den Steinernen Gang und weiter in Filzpantoffeln durch die Ausstellungsräume mit den alten Musikinstrumenten, Gemälden und Alltagsgegenständen aus vergangenen Köthener Zeiten ging.
Ein Modellprojekt des Landes ermöglicht derzeit drei Kitas aus dem Kreis, ein kostenfreies und allgemein zugängliches Bildungsangebot in Richtung Kultur vorzuhalten. "Musikalisch-ästhetische Bildung in Kindertagesstätten", kurz "MäBi-Kita", lautet die eher amtsdeutsche klingende Bezeichnung für etwas, das - mit Leben erfüllt - bei den "Max und Moritz"-Kindern auf rege Resonanz stößt.
Der Landesverband der Musikschulen als Initiator des bislang für ein Jahr geplanten Projektes will allen Kindern einer Kita die Möglichkeit bieten, entsprechend ihrer individuellen Anlagen auf ästhetischem, künstlerischem aber auch geschichtlichem Gebiet vielseitiges Wissen zu erlangen. Hier unterscheidet sich "MäBi-Kita" von der Musikalischen Früherziehung der Musikschule, die pädagogisch enger gefasst ist und in erster Linie das eigene Musizieren und Musikverstehen zum Ziele hat.
"Es geht nicht darum, dass die Kinder ein Instrument spielen lernen sollen", bekräftigt Kita-Leiterin Inge Krahl, die es sehr begrüßt, dass die Musikpädagogin allen Kindern der Einrichtung allwöchentlich für etwa vier Stunden zur Verfügung steht. "Anders als bei der Früherziehung kommen hier die Themen aus der Gruppe. Und da wir in Köthen leben und Johann Sebastian Bach eine große Rolle spielt, haben sich die Kinder sehr schnell dafür begeistert, mehr über den Komponisten selbst, aber auch über die damalige Musik und das Leben in Köthen zu erfahren." Auch auf den Kita-Alltag sende das zusätzliche Angebot Impulse aus; auch das Malen und Basteln drehe sich bereits verstärkt um Musikalisches und Ästhetisches. Köthener Musikgeschichte an Originalschauplätzen zu erleben, das ist in der Tat etwas ganz anderes als z.B. einer CD zuzuhören. "Wichtig ist, dass die Kinder es gemeinsam mit anderen erleben können. So entwickeln sie Gemeinschaftsfähigkeit, lernen, besser zu sprechen und auch zuzuhören. Schüchterne Kinder entfalten sich, übermütige üben Rücksicht", betont die Kita-Leiterin.
Ist das Entwickeln der Fähigkeit zum und die Freude am Zuhören auch schon eine Schlüsselqualifikation in einer Welt mit medialer Reizüberflutung? Wenn man dabei auch noch Marzipan aus einer alten Holzform naschen kann und bei einer Malaufgabe fehlende Teile eines Cembalos ersetzen darf, macht das Qualifizieren doppelt Spaß. Die Erzieherinnen und die Musiklehrerin hoffen, dass Sachen-Anhalt auch noch über ein Jahr hinaus Geld hat für "MäBi" und damit für mehr Chancen für die Jüngsten.