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Biergenuss und ein «Wodka-Trio»

Von SUSANNE WEIHMANN 22.05.2009, 18:16

KLEINZERBST/MZ. - "Wir sind zwar alles Laien, aber wir machen das mit viel Herzblut", sagt der Vorsitzende des Heimatvereins, der das Volksfest organisiert. Insgesamt 80 Bewohner des Ortes, und damit fast jeder Dritte, hilft bei der Vorbereitung und Durchführung. Noch bis in die Nacht hatten sie die Bühnen im Wald aufgebaut.

Doch die Gebete zum Himmelfahrtstag, auch als "Vatertag" oder "Männertag" bezeichnet, wurden nicht erhört, denn vom Himmel fiel im Laufe des Tages immer wieder Regen. Andauernder Niederschlag hatte schon in der Nacht den Heiratsmarktweg in den Wald aufgeweicht.

Bereits Anfang der 1920er Jahre wurde in Kleinzerbst ein Volksfest gefeiert, das später den Namen "Heiratsmarkt" erhielt. "Geheiratet hat hier aber nie jemand", betont Schinke. Vielmehr war es für die damalige Bevölkerung das erste Volksfest im Freien. "Hinterher wurde dann oft geheiratet", erzählte der Vorsitzende des Heimatvereins. "Musste oft geheiratet werden", fügte er mit einem viel sagenden Lächeln hinzu.

Als Ende der 60er Jahre dann in der DDR der Himmelfahrtstag abgeschafft worden ist, wurde der Heiratsmarkt auf den darauf folgenden Sonntag verlegt. "Doch am Sonntag ist er nicht mehr angenommen worden", so der Heimatvereinschef. Daher fand über viele Jahre überhaupt kein Heiratsmarkt in Kleinzerbst statt.

Erst mit der Wende und der Wiedereinführung des Feiertages lebte die Tradition wieder auf. Seither wird jedes Jahr versucht, ein buntes Programm auf die Beine zu stellen, das junge und alte Gäste anspricht. Im nächsten Jahr begehen die Kleinzerbster dann ein Jubiläum. Dann findet nämlich der 20. Heiratsmarkt nach der Wende statt. Schon in ein paar Wochen werden die Mitglieder des Heimatvereins mit den Vorbereitungen beginnen.

Auch der 19. zog wieder zahlreiche Gäste aus dem Landkreis und den Nachbarkreisen an. Nach Schätzungen von Eckhard Schinke waren es in Vormittagsstunden schon gut 1000 Besucher, die sich im Dorf auf dem Weg zum Heimatfest mit Fahrgeschäften und Imbissbuden sowie vor den beiden Bühnen im Wald und den Getränkewagen tummelten.

"Im Wald, das gibt schon ein Flair her", schwärmt er. Viele kamen an diesem Tag mit dem Fahrrad, im überdachten Kremser oder im Traktoranhänger. Die Blicke allerdings zog Ingo Elze mit seinem Wehrmachtsgespann aus dem Jahr 1938 auf sich. Der 66-Jährige kommt aus Reppichau und hat eine Leidenschaft für Oldtimer.

Die 750er BMW hatte er vor zehn Jahren in einer Scheune unter Stroh gefunden und wieder restauriert. Die Begeisterung für die Technik rührt aus frühester Kindheit, sein erstes Motorrad hatte Elze mit 14 Jahren. "Ich konnte eher Motorrad als Rad fahren", erzählte er. An Tagen wie diesen, sowie zu Oldtimer- und Militärtreffen, holt er eine seiner acht Maschinen heraus und macht eine Ausfahrt.

Unterdessen sorgten auf der Bühne die "Zschampertquell-Musikanten, die "Burgenländer Musikanten" mit einem Udo-Jürgens-Medley und das "Original Wodka-Trio" aus Kossdorf für Stimmung. Doch anders als es der Name vermuten lässt, tranken sie auf der Bühne nicht Hochprozentiges, sondern strapazierten die Lachmuskeln der Besucher. Was denn der Unterschied zwischen Russen und Wessis sei, wollten sie etwa wissen. "Die Russen seid ihr los", klärten die Drei auf. Zumindest für einen Tag kehrten sie mit Pauke, Akkordeon und Saxophon zurück.

Bei "Einer geht noch" taten die Zuschauer wie befohlen und ließen sich das Bier schmecken, bei "Kalinka" begannen sie, im Regen zu tanzen. Denn von diesen Widrigkeiten ließ sich keiner, auch Gisela Fischer und ihre Begleitung nicht, die Laune verderben.

Für die Osternienburgerin gehört an Himmelfahrt ein Ausflug nach Kleinzerbst dazu. "Hier gibt es immer ein lustiges Programm für Jung und Alt im Wald", meinte sie. Auf den Regen hatte sich Frau Fischer ohnehin mit entsprechender Kleidung und Schirm vorbereitet. Später wollte die kleine Gruppe noch zum Akazienteich radeln. Manfred Siebert aus Kleinpaschleben steuert ebenfalls in jedem Jahr den Heiratsmarkt an. "Das ist das Beste, was es im Kreis gibt", meinte der Kleinpaschlebener, der anschließend weiter nach Diebzig wollte.

Gar aus dem Schwarzwald waren Harald Winkler und Udo Jung gekommen. "Das ist unser Tag", meinte Winkler, der vor 20 Jahren von Mosigkau nach St. Georgen gezogen war und seither jedes Jahr am Männertag mit Bekannten aus dem Schwarzwald anreist. Udo Jung war bereits das dritte Mal dabei und ist jedes Mal von der Atmosphäre begeistert. "Hier ist alles so ungezwungen und locker", meinte der gebürtige Kölner, und prostete Harald Winkler und dessen Bruder Roland zu.

"Traditionell gibt es bei uns in Mosigkau heute Abend noch Wildschweinbraten", erzählte Roland Winkler. Dann hatten endlich auch alle am Fest Mitwirkenden Gelegenheit, zu feiern. Traditionell sollten nach dem offiziellen Programm die Sektkorken knallen.