Beitritt zum MDV Beitritt zum MDV: Ist der Nahverkehr rund um Köthen jetzt einfacher und billiger?

Köthen - Der Köthener Bahnhof liegt fast verlassen in der Dämmerung, als ich mich auf die Suche nach der bestmöglichen Verbindung mit dem Schienenersatzverkehr begebe. Mein Ziel: Von meinem Arbeitsort Köthen in mein heimatliches Leipzig zu gelangen. Nicht mit meinem Auto, wie normalerweise, sondern mit Bus und Zug. Und zum ersten Mal im neuen Netz des MDV.
Normalerweise würde ich mir, weil es schnell und einfach ist, ein Ticket über die App der Deutschen Bahn kaufen. Das ist leider derzeit noch nicht möglich. Am Bahnhof angekommen, begebe ich mich deshalb auf die Suche nach einem Ticketautomaten. Bis vor kurzem, genauer gesagt bis zum 14. Dezember, benötigte man unter gewissen Umständen mehrere Tickets für eine Fahrt von Köthen ins MDV-Gebiet. Geht das nun einfacher?
Die automatische Schiebetür öffnet mit einem lauten Quietschen und ich trete in das historische Bahnhofsgebäude ein. Auf den ersten Blick ist kein Automat zu sehen - nur das Reisezentrum. Natürlich könnte ich mich dort beraten und mir ein Ticket ausstellen lassen, aber das ist nicht Sinn dieser Übung. Auf dem Weg zu den Gleisen, die derzeit aufgrund der Vollsperrung des Bahnhofs gesperrt sind, findet sich linker Hand der Fahrkartenautomat.
Der bisherige Anhalt-Bitterfeld-Tarif (ABW) ist komplett verschwunden
Die Suche nach der Verbindung und der dazugehörigen Fahrkarte gestaltet sich einfach und selbsterklärend. Nachdem ich den Zielort „Leipzig“ eingegeben habe, bin ich nach wenigen Schritten am Ziel: Zuerst werde ich gebeten, zwischen „über beliebiger Weg (Netz)“ und „über direkter Weg mit BahnCard-Rabatt“ zu wählen. Wer eine BahnCard besitzt, kann an dieser Stelle über die zweite Option ein vergünstigtes Ticket erwerben.
Der bisherige Anhalt-Bitterfeld-Tarif (ABW) ist komplett verschwunden und wurde von den beiden Optionen abgelöst. Nun kann ich die Verbindung wählen. Die angebotene Strecke nach Leipzig führt von Köthen zum Busbahnhof in Halle. Dort werde ich 17 Minuten Zeit haben, um in die S-Bahn-Linie 3 Richtung Wurzen zu steigen.
Wenn alles glatt geht, werde ich knapp über zwei Stunden unterwegs sein (mit dem Auto benötige ich eine knappe Stunde). Das Ticket kostet mich 10,70 Euro. Hier zeigt sich ein klares Plus der MDV-Zugehörigkeit, denn im Vergleich zum bisherigen Fahrpreis von 21 Euro von Köthen nach Leipzig ist das ein gewaltiger Unterschied. Ich bezahle das Ticket in bar und halte es wenige Sekunden später in der Hand.
Was ist neu, was funktioniert noch nicht oder besonders gut?
Wie mir ein Blick auf die Uhr verrät, habe ich noch eine knappe Viertelstunde Zeit. Die will ich nutzen, um mit Fahrgästen und Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Was ist neu, was funktioniert noch nicht oder besonders gut? Weitere Fahrgäste sind an diesem späten Nachmittag im Bahnhofsgebäude nicht zu sehen. Im Reisezentrum der Deutschen Bahn gibt mir die freundliche Mitarbeiterin gerne Auskunft, auch wenn sie auf Anweisung ihres Arbeitgebers leider nicht namentlich oder auf einem Foto erkennbar sein darf.
Was neu sei? „Vieles, vor allem die Technik“, sagt sie lachend. „Die ist noch nicht auf dem neuesten Stand, wir können zum Beispiel noch keine Abos verkaufen“. Der Grund dafür? „Wir sind jetzt zwar im MDV, haben aber noch nicht alle Updates. Deswegen kann ich noch nicht alles anbieten.“ Ich frage sie, ob das die Kunden störe. „Nein“, antwortet sie, die Kunden seien erstaunlich gut informiert und vorbereitet.
Köthen hat noch keine Geräte, um Fahrkarten für die MDV-Fahrt abzustempeln
Dafür gäbe es ein viel größeres Problem, wie sie mir verrät: „Wir haben noch keine Entwerter.“ Die Fahrkarten müssen natürlich nach dem Kauf an dafür vorgesehenen Automaten gestempelt werden, sonst drohe eine Strafe von 60 Euro. Wann werden die Geräte erwartet? Sie zuckt mit den Schultern. Und was soll ich nun machen, wenn ich die Strafe umgehen will? „Auf ihrer Strecke befindet sich der nächste Entwerter am Bahnhof in Halle. Nachdem Sie ausgestiegen sind, entwerten Sie ihr Ticket dort bitte unverzüglich.“ Ich bedanke mich bei ihr und begebe mich auf die Suche nach der Haltestelle.
Ich trete aus der sich laut öffnenden Tür heraus und erblicke mehrere provisorische Haltestellen vor dem Bahnhofsgebäude. Einige wenige Fahrgäste warten auch auf ihre Verbindung und ich frage eine Seniorengruppe, ob sie auch mit dem Schienenersatzverkehr nach Halle wollen, doch sie warten auf das Ruftaxi.
An dieser Stelle bin ich froh, einige Minuten eher angekommen zu sein, denn es ist nicht klar zu erkennen, von wo genau der Bus losfahren wird. Neben mir versucht ein älterer Herr, die Abfahrtzeit vom Plan abzulesen. Ohne Erfolg, denn der ist noch nicht auf dem neuesten Stand. Wir warten geduldig, wenige Minuten später fährt ein Bus mit dem Ziel „Halle“ ein.
Ohne Zwischenhalt fährt der Schienenersatzverkehr von Köthen nach Halle
Die Busfahrt an sich gestaltet sich relativ ereignislos: Ohne Zwischenhalt geht es über Zörbig nach Halle, eine Stunde später komme ich pünktlich am Busbahnhof in Halle an. Von dort ist der Bahnhof nur wenige Schritte entfernt - hier entwerte ich meine Fahrkarte. Die Umstiegszeit von 17 Minuten reicht, um einmal durch den Hallenser Bahnhof zum Gleis der S3 zu laufen und mir auf dem Weg noch einen Kaffee „to go“ gönnen zu können.
Am Gleis angekommen, wartet die S-Bahn bereits. Ich steige ein und freue mich über den Komfort. Nach 37 Minuten Fahrt in Leipzig angekommen, ziehe ich ein Fazit: Preislich unschlagbar, ist die Verbindung ohne Schienenersatzverkehr sicher richtig gut. (mz)
