Bayer gibt nur im «Zehnerpackerl» ab
Köthen/MZ. - Genau das aber ist eingetreten: Die Börse wurde größer und größer, ist lebendiger denn je und erlebte am Sonntag in der Mensa der Hochschule Anhalt ihre 20. Auflage.
Hunderte Besucher aus nah und fern zog es zur Jubiläumsbörse. Sehr zur Freude von Chef-Organisator Bernd Rogaischus und von Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander. Das Stadtoberhaupt lobte die Beständigkeit dieses Sammler-Treffpunktes, und wenn Köthen mittlerweile "Zollstock-Mekka" genannt werde, habe das seine Berechtigung. "Wir werden sicher auch eine 30. und 40. Börse erleben", zeigte sich der OB zuversichtlich. Und gratulierte anschließend den frisch gekürten Preisträgern des "Zollstock-Oscars". Diese Auszeichnung erhielten Olaf Bürgermeister aus Greifswald, Klaus Linder aus Crailsheim und Reinhard Müller aus Rietzneuendorf.
Während auf der Bühne so ziemlich alle Zollstock-Oscar-Preisträger zu einem Erinnerungsfoto Aufstellung nahmen, gingen im Saal die Tausch- und Kaufgeschäfte emsig weiter. "Ich gebe nur noch im Zehnerpackerl ab", sagte Rudolf Schachtner aus Dingolfing im besten bayerischen Dialekt seinem Tauschpartner Wolfgang Reichert aus Torgelow in Vorpommern. Zwischen beiden entspann sich ein amüsanter Dialog, der zunächst mit einem Zahlenvergleich begann. "Ich hab schon 12 000 Stück", meinte Schachtner. "Und ich 15 000", konterte Reichert.
Wie zu hören war, nutzen beide Sammler auch den Urlaub, um neue Exponate zu ergattern. Doch nicht überall auf der Welt scheint der Zollstock gebräuchliches Messwerkzeug zu sein. In Kuba konnte Schachtner, von Beruf Maurer, jedenfalls keinen finden. "Die haben da nur einzelne Stöcke, entweder 30 Zentimeter oder einen Meter lang", berichtete er. Auch Reichert, der in Vorpommern Polizeiarzt ist, aber ganz zu Anfang Schlosser gelernt hat, wurde nicht überall sofort fündig. In Bangkok wollte er sich einen Zollstock kaufen, scheiterte aber, weil dort Stahlbandmaße üblich sind.
Das sechste Mal nach Köthen gereist war Thomas Siefke. Der Tischler kommt aus Horst in Schleswig-Holstein und fiel durch seine eigenwillige Krawatte auf. Er hat sie aus Holzteilen zusammengebastelt, und natürlich sind auch Zollstockglieder drauf.
Im Gegensatz zu anderen Teilen Deutschlands gebe es in Schleswig nicht allzu viele Zollstocksammler, berichtete Siefke. "Es sind gerade zehn Leute, die dieses Hobby intensiv betreiben", erzählte er. Nach Anhalt komme er gern. "Köthen ist für Sammler ein Muß", meinte Siefke und kann selbst auf mittlerweile rund 13 000 Exemplare verweisen, die im heimischen Heizungskeller ihren Platz gefunden haben.
Mit einem Drei-Meter-Stab begann Siefkes Sammelleidenschaft. Diesen Gliedermaßstab erhielt er vor 20 Jahren von seinem Meister geschenkt. Nach und nach wurden es immer mehr Zollstöcke, viele davon bekam er von Freunden und Bekannten.