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Auf Schotterweg zu grünem Glück

12.09.2007, 16:13

Köthen/MZ/ks. - Mit ihren Rädern kommen Siegfried und Vera Schitz von der Rüsternbreite so oft es geht hier raus. Seit fünf Jahren leben die beiden Aussiedler aus Kasachstan in Deutschland. Vor zwei Jahren hat sich das Ehepaar den 500 Quadratmeter großen Garten zugelegt. Wo damals das Unkraut noch mannshoch wucherte, wie sich der Vorstandsvorsitzende Dietmar Schmidt erinnert, ernten Schitz's heute Kartoffeln und Äpfel.

Im anliegenden Garten war die Familie Schwarz froh über den Nachbarschaftswechsel. "Mit den beiden haben wir einen guten Fang gemacht", sagt Gerda Schwarz. Und wenn es mit der Verständigung hapert, gibt es noch zwei andere Eheleute aus Kasachstan, die helfen, wie die 61-Jährige erzählt.

Insgesamt wird die 1920 gegründete Sparte zurzeit von 48 Pächtern genutzt und ist damit restlos belegt. "Hier ist es sehr ruhig und wir sind eine kleine Gemeinschaft", sagt Schmidt. "Im Durchschnitt sind die Pächter um die 50 Jahre alt". Der älteste ist Herbert Bunge. Mit Dackel Axel kommt der 81-Jährige fast jeden Tag in den Garten geradelt, den er schon 54 Jahre besitzt. "Mein Sohn hat hier laufen gelernt", erinnert sich Bunge.

Heute nimmt der 50-jährige Sohn Klaus-Holger seinem Vater die schweren Arbeiten, wie das Umgraben oder die Frühjahrsbestellung, ab. Die Parzelle des langjährigen Schatzmeisters ist eine der wenigen, in der noch eine Gartenlaube aus Gründerzeiten steht. Vor dem Original, das dem Rentner als Küche dient, steht nun eine zweite Laube, die Herbert Bunge zu seinem 70. Geburtstag von seiner Familie bekam. Ausgestattet mit einem Bett wird darin das gelegentliche Mittagschläfchen abgehalten. Im Garten gibt es eine Sitz- und eine Essecke. "Es ist wie eine Zweitwohnung", stellt Bunge fest.

Marlene und Horst Göbel investieren ebenfalls viel Zeit in ihr grünes Reich. In der Anlage sind sie als Tomatenspezialisten bekannt. Während an anderen Ecken die Tomaten erfrieren, haben die Göbels das Glück, ihren Garten auf der Spartenseite zu haben, die von einem Graben begrenzt wird. "Der Graben nimmt die Kälte und schafft einen Temperaturausgleich", erklärt Horst Göbel und verrät, die Pflanzen zudem zeitig gesetzt und gespritzt zu haben.

Doch der Graben, der in der Ziethe mündet, hat auch seine unangenehmen Seiten. Da das Wasser nicht richtig ablaufen kann, stinkt es manchmal, wie Pächter beklagen. "Er müsste begradigt und von Grund auf beräumt werden", weiß Dietmar Schmidt. "Das Umweltamt hat in diesem Jahr das Allernotwendigste dazu beigetragen", räumt er ein. Der Verein hofft, hier auf weitere Unterstützung der Stadt setzen zu können.

Auch das Verhältnis zur diesjährigen Wühlmaus-Plage ist gespalten: Während Blumenfreunde wie Herbert Bunge finden, dass man sich mit diesen "Kreaturen Gottes" abfindet sollte, versucht die Mehrzahl der Pächter den gefräßigen Tierchen mit allerlei Mitteln - vom Gas absondernden Granulat bis zur Mausefalle - entgegenzuwirken.

Vizevorstandsvorsitzender Helmut Hoppe ist vom Leben in der Sparte beeindruckt: "Das kann niemand beschreiben, das ist Natur", sagt der 69-Jährige. "Wie so die Amsel durch den Garten marschiert, um Futter für ihre Jungen zu suchen, herrlich." Den Sinn eines Schrebergartens sieht Hoppe zudem darin, zusätzlich was für die Küche zu haben. "Die Anlage ist auch eine gute Möglichkeit für Kinder, ungefährlich zu spielen", meint sein Kollege Dietmar Schmidt. Beide Vorstandsmitglieder sind mit der Arbeitsmoral ihrer Gartenfreunde zufrieden. Neben der Beteiligung an zwei Arbeitseinsätzen jährlich setzt sich jeder so gut er kann dafür ein, dass die Anlage und sein eigener Schrebergarten gepflegt sind.

"Durch den starken Regen waren die Eckgärten in diesem Jahr wieder von Überschwemmungen betroffen. Selbst die Kartoffeln wurden frei gespült", erzählt Dietmar Schmidt. Bei dem nächsten Arbeitseinsatz wolle man das Wasser durch einen Kanal von der Straße in einen kleinen Graben leiten und so das Problem beseitigen.