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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Von alten Maschinen und jungen Kürbissen

Von PHILIPP QUEITSCH 25.09.2011, 17:18

GROSSWÜLKNITZ/MZ. - Dass traditionelle Feste auf dem Land nicht nur etwas für die alteingesessenen Bauern sind, bewies am vergangenen Samstag erneut die evangelische Kirchengemeinde in Wülknitz. Zum mittlerweile neunten Mal wurde die Kulturscheune stilecht mit den Gaben der letzten Ernte geschmückt, so dass damit das jährlich stattfindende Erntedankfest beginnen konnte. Unterstützung erhielt die Kirche dabei wieder einmal vom Kulturscheune Wülknitz e.V., dem ansässigen Dorfverein Wülknitz und vielen freiwilligen Helfern aus dem Ort.

Durch die fleißigen Hände der Beteiligten, konnte man auch in diesem Jahr mit mehreren Attraktionen aufwahrten. So wurden erneut altertümliche Landmaschinen aufgebaut und vorgeführt, die sonst nur als "Dekoration oder Raumteiler bei anderen Veranstaltungen genutzt" werden, wie Armin Kranz von der Kulturscheune Wülknitz bemerkte.

Diesmal wurde dem Publikum gezeigt, wie im 19. Jahrhundert gedroschen und anschließend das Stroh zu Ballen gepresst wurde. Dazu waren zu dieser Zeit mindestens vier Leute notwendig. Mit beteiligt war Sieghart Böhmer aus Maasdorf. Er unterstützt die Organisation des Festes stets als Freiwilliger und erklärte Interessierten den Ablauf an den Maschinen. Der erste musste das Stroh vom Hänger auf die vom Traktor betriebene Dreschmaschine heben. Der zweite Bauer hatte seinen Platz oben auf der Maschine. Seine Aufgabe war

es, das Stroh gleichmäßig einzuführen. Am Heck der Maschine wartete der Dritte, um das herunterfallende Stroh in die Presse

zu geben. Am Ende mussten die fertig gebundenen Ballen auf den Hänger gestapelt werden, welches die Aufgabe des Vierten im Bunde war. Sieghart Böhmer lobte an dieser Stelle die Zusammenarbeit der verschiedenen Vereine. "Man fühlt sich wie in einer großen Familie", sagte er.

Neben diesem Blick in die Vergangenheit der Erntetechnik, veranstaltete man auch in diesem Jahr den traditionellen Kürbiswettbewerb, wo sowohl der größte, als auch der kleinste Kürbis ausgezeichnet wurde. Sebastian Pittack, der sich seit vier Jahren mit der Kürbiszucht in seiner Heimat Diebzig beschäftigt, verriet ein paar kleine Geheimnisse und Tipps für einen wettbewerbsfähigen Kürbis. Zum einen spielt die Auswahl des Saatgutes schon eine entscheidende Rolle, so bestellt er den Samen direkt aus Amerika. "Für die Pflege hab ich schon sehr viele verschiedene Tipps bekommen", erklärt er. Wichtig sei das reichliche Wasser und ausreichend Wärme, damit der Kürbis gut gedeiht.

Trotz der zahlreichen Kniffe bei der Zucht, Sieger des größten Kürbis wurde diesmal eine andere, und zwar Johanna Klix und auch wenn in den letzten Jahren schon deutlich größere Exemplare den Wettbewerb für sich entscheiden konnten, freute sich die Wülknitzerin sichtlich über die Auszeichnung. "Wir haben wieder nur auf gut Glück mitgemacht, weil wir unsere Kürbisse eigentlich nicht speziell für Wettbewerbe züchten", erklärte sie.

Die musikalische Begleitung durch den Nachmittag übernahm diesmal das Stadtblasorchester Köthen, das mit bekannten Volksliedern mehrere Gäste zu einem kleinen Tanz animierte. Über die gesellige Stimmung freute sich auch das Ehepaar Pietsch aus Köthen, welches nicht zum ersten Mal das Erntedankfest besuchte. "Für uns ist das jedes Mal ein Ausflug in unsere Kindheit", berichtete Norbert Pietsch. Sie und die andere Gäste genossen bei einem Stück Kuchen sichtlich das dargebotene Programm.

Wer gerade nicht tanzte oder an den Tischen und Bänken mit anderen Besuchern über Gott und die Welt diskutierte, konnte eine Runde um die Tanzfläche und Sitzmöglichkeiten drehen. Dort hatten sich Händler mit ihren Ständen niedergelassen. Hier konnte man verschiedenste handgemachte Kostbarkeiten und Raritäten bewundern.

Die bunteste Mischung an Produkten konnte Ute Schneider aus Kleinpaschleben vorweisen. Sie bot neben verschiedenen Näharbeiten auch Geschenkartikel für jedermann an. Dabei brachte sie in traditioneller Tracht den Besuchern noch die Kunst des Spinnens an einem für die Kinder eventuell nur aus Märchen bekannten Spinnrad näher. "Ich habe mein Hobby nun endlich zum Beruf gemacht", berichtete die gelernte Schneiderin stolz, die jahrelang in einem anderen Beruf gearbeitet hatte.

Gleich nebenan konnte man beobachten, wie aus einem gewöhnlichen Stück Stoff, aufwendige Stickarbeiten entstanden. Hier hatte Ingrid Fischer ihren Stand aufgebaut und präsentierte von Platzdeckchen bis hin zu ganzen Kleidungsstücken allerhand selbst Gesticktes. Sie selbst betreibt dies nur als Hobby und trifft sich regelmäßig mit Freundinnen in ihrer Heimatstadt Aken zum gemeinsamen Sticken. "Ich verdiene hier nichts daran, meine Lieblingsstücke sind sowieso unbezahlbar", erklärte sie lächelnd. Auch die Feinschmecker unter den Besuchern kamen voll auf ihre Kosten. Ob nun exotische Senfsorten aus Elsnigk oder selbstgeschleuderten Honig mit passendem Wein aus Köthen, hier konnte jeder ein kleines Mitbringsel für die Verwandten und Bekannten finden.

Am Ende der Verkaufsstände befand sich der "Kinder-Bastelstand", an dem sich die kleinsten Besucher an verschiedenen Projekten betätigen konnten. So stand eine elektrische Tischbohrmaschine bereit an der Löcher in Kastanien gebohrt wurden, um diese später an langen Ketten aufhängen zu können. Somit wäre dann wohl auch die Dekoration für das 10. Jubiläum im nächsten Jahr gerettet auf das sich viele Besucher bestimmt schon jetzt freuen.