Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Leipziger Professor leitet neue Station
KÖTHEN/MZ. - Prof., Dr.med., Chefarzt, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologe, Intensivmediziner, Facharzt für Anästhesiologie. Die vielen Titel beziehen sich nicht etwa auf ein Konsilium aus mehreren Ärzten, sondern auf einen einzelnen Mediziner - Lothar Engelmann. Der Leipziger leitet seit kurzem eine neue Station im Krankenhaus Köthen: Intermediate Care, kurz IMC. Hinter dem Anglizismus verbirgt sich ein Bereich, der seinen Platz im Krankenhaus-"Betrieb" zwischen der Intensivstation und den "normalen" Krankenstationen hat.
"Wenn für Patienten der Intensivstation keine akute Lebensgefahr mehr besteht, dann kommen sie zu uns", beschreibt der Chefarzt die Rolle seines Bereiches. "Hier werden sie nicht mehr so intensiv überwacht wie auf der Intensivstation, aber deutlich intensiver, als auf den ,normalen' Krankenstationen, auf die sie nach uns kommen."
Von einem Tag bis zu zwei Wochen, im Schnitt aber etwa drei Tage, beträgt der IMC-Aufenthalt der Patienten. Sie liegen hier ebenfalls an Monitoren, ständig gemessen werden unter anderem der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Sauerstoffsättigung des Blutes. Der Pflegeaufwand liegt dabei deutlich höher, als auf einer Normalstation. "Zudem spielt bei uns die Physiotherapie eine große Rolle", ergänzt der Professor.
Die Spezifik der neuen Station erfordert, dass hier Ärzte verschiedener Fachrichtungen zusammen arbeiten: Internisten, Anästhesisten, Kardiologen, internistische Intensivmediziner. Der Bereich ist mit sechs Ärzten besetzt. Der Chef selbst hat die erforderlichen Qualifizierungen in all diesen Fachrichtungen.
Durch die Schaffung des neuen Bereiches erhöht sich dem Chefarzt zufolge sowohl die Behandlungsqualität als auch die Patientensicherheit. Für die Patienten hat die IMC noch weitere Vorteile. Zum Beispiel in psychischer Hinsicht. "Würden sie weiter auf der Intensivstation bleiben, hätte die dortige Atmosphäre sie mehr belastet, als bei uns, wo es den Mitpatienten schon besser geht," meint Prof. Engelmann.
Der Mediziner kann auf einen langen Berufsweg zurückblicken. Geboren 1944 im sächsischen Dohna, Schule, Abitur, Medizinstudium an der Leipziger Uni. Promotion, Habilitation, Weiterqualifizierungen, Oberarzt, Abteilungsleiter Intensivmedizin an der Uni-Klinik in Leipzig. In den Jahren 1987 und 1988 verschlägt es Lothar Engelmann beruflich sogar nach Afrika. Er unterrichtet Medizinstudenten an einem College in Äthiopien, in dem damals ein Bürgerkrieg tobte. Sein Arbeitsplatz befindet sich nur 40 Kilometer von der Frontlinie entfernt. "Natürlich mussten wir auch Kranke und Verwundete behandeln", erinnert er sich. Unter den Patienten waren sowohl Regierungssoldaten als auch Gegner des damaligen Staatschefs Mengistu Haile Mariam, der Äthiopien vom Feudalismus zum Sozialismus führen wollte und der von den damaligen sozialistischen Ländern unterstützt wurde.
Nach der Wende qualifiziert sich der Mediziner auf dem Teilgebiet Kardiologie weiter, ehe er im Jahre 1995 Professor für Innere Medizin an der Leipziger Uni-Klinik wird. Und jetzt setzt sich seine berufliche Laufbahn in Köthen fort. Wie kommt es zu diesem Wechsel?
Mit 65 ist er den Ruhestand gegangen, hielt es aber nur ein halbes Jahr zu Hause aus. Der Ruhestand war dem Medizinprofessor, der bisher immer mitten im Berufstrubel stand, zu ruhig. "Die Decke fiel mir auf den Kopf", lacht der heute 66-Jährige. Außerdem meint er, dass die reichen fachlichen Erfahrungen den jungen Kollegen zur Verfügung gestellt werden sollten.
Für eine kurze Zeit sprang Engelmann deshalb am Krankenhaus Merseburg ein. Dann überredete ihn Hans-Georg Neumann, der eben erst in den Ruhestand verabschiedete Geschäftsführer des Köthener Krankenhauses, in der Bachstadt anzufangen. Beide kannten sich gut, haben früher in Leipzig zusammen gearbeitet und auch manch kontroverse Diskussion ausgefochten. Dessen ungeachtet oder vielleicht gerade deshalb schätzt Neumann den aufmüpfigen Professor sehr.
Dafür, dass er weiter in seinem Beruf arbeiten kann, nimmt Engelmann gern die täglichen Autofahrten zwischen Leipzig und Köthen in Kauf. Für das Krankenhaus ist der Mediziner ein Gewinn - vor allem natürlich, weil er hoch qualifiziert und vielseitig ist. Aber auch der Professorentitel ist für das Renommee der Einrichtung natürlich ebenfalls nicht zu verachten.