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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Gesetz stiftet Verwirrung

Von ANNE BÖTTGER 31.01.2011, 17:31

KÖTHEN/MZ. - Wer dieser Tage in die Apotheke geht, muss Geduld mitbringen. Lange Schlangen bilden sich mitunter vor den Kassen, weil Beratungen schlicht länger dauern als sonst. Grund dafür ist ein neues Gesetz - genauer das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (kurz Amnog) - welches zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist. Danach gelten neue Austausch-Vorschriften für verordnete Medikamente. Im Klartext: Es kann sein, dass ein Patient in der Apotheke ein anderes Medikament mit dem selben Wirkstoff bekommt, als der Arzt verschrieben hat und er gewohnt ist. Um Kosten zu sparen, haben die Kassen Rabattverträge mit Arzneimittelherstellern abgeschlossen, nach denen sie bestimmte Pillen und Tabletten zu einem günstigen Preis bekommen.

Verschiedene Kassen, verschiedene Rabatte, verschiedene Medikamente: Nicht nur für die Kunden bedeutet die Neuerung eine Umgewöhnung. Auch Apotheken-Mitarbeiter müssen umdenken. Über 150 Krankenkassen und knapp 30 000 Rabattvertragsarzneimittel: Das ergibt eine schier unüberschaubare Datenmenge. "Ohne Computer wären wir aufgeschmissen", hat Apothekerin Bärbel Pfeiffer nach den ersten Wochen schon festgestellt.

Steckt die Chipkarte des Patienten einmal im Lesegerät, müssen die Apotheken-Mitarbeiter zunächst das auf dem Rezept beschriebene Medikament in einer Datenbank suchen. Dann muss abgeglichen werden: Ist das verschriebene Mittel Vertragsarznei? Wenn nicht, beginnt die Suche nach dem günstigsten Medikament von vorn.

Dann, sagt Ulrich Nachtsheim von der Bach-Apotheke, beginne oftmals ein "ärgerlicher Eiertanz der Kunden". "Entweder glauben sie uns nicht, dass sie auf einmal ein anderes Präparat nehmen sollen oder sie verstehen es schlichtweg nicht", sagt der Apotheker. "Überhaupt nicht zufrieden" mit den Neuerungen ist auch Kundin Helga Streu. "Was soll das ganze?" fragt sie frustriert.

Vor allem die älteren Kunden, die oftmals fünf oder mehr Tabletten einnehmen müssten, seien verwirrt und verunsichert, hat Bärbel Pfeiffer beobachtet. "Das neue Gesetz ist für den Laien einfach nicht nachvollziehbar", hat Patientin Helgard Hennig bisher festgestellt. "Schnell kann es auch zu falschen Einnahmen kommen." Patienten könnten zum Beispiel das Medikament mit dem neuen aber anderen Namen und zusätzlich vielleicht noch Reserven von zu Hause zu sich nehmen.

Die Folgen: Der Gesundheitszustand des Patienten verbessert sich nicht, meist wirke sich die doppelte Dosis ein und desselben Wirkstoffes negativ aus. "Dadurch fallen dann unter Umständen wieder Krankenhauskosten an", schlussfolgert Marie-Luise Fischer von der Köthener Mohrenapotheke. "Es ist für alle ein viel größerer Aufwand", fügt die Apothekerin hinzu.

Willy Henze und seine Frau sind als ständige Apothekenkunden auch keine Anhänger des neuen Gesetzes. Sie sehen es aber noch nüchtern: "Wir haben doch groß gar keine andere Wahl. Solange der gleiche Wirkstoff drin ist und wir gesund werden, reicht uns das", sagen die beiden Rentner. Ähnlich ruhig sieht das auch Kundin Helga Harnisch: Sie habe von der Neuerung noch nicht gehört. Ob sie die Änderung überrascht? "Mich überrascht hier gar nichts mehr."