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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ferienspaß im Gewächshaus

Von UTE HARTLING-LIEBLANG 18.07.2011, 16:31

KÖTHEN/MZ. - Es herrscht ein Badewetter wie aus dem Bilderbuch. Doch die Brüder Jonas (11) und Philipp-Max (13) Henning zieht es an diesem Ferientag ebenso wenig an den Badesee wie Kenny Kupfer (12) und den elfjährigen Tim Lohmann. Sie treffen sich lieber mit den anderen im Gewächshaus. Kommen kann wer Lust hat: Während der Schulzeit dreimal die Woche, in den Ferien immer montags.

Dass dort statt einem Ferienvergnügen jede Menge Arbeit auf sie wartet, stört die Schüler der Sekundarschule Völkerfreundschaft nicht. Im Gegenteil: "Das macht uns Spaß", sagen nicht nur die vier Jungs und nehmen auch mal einen Muskelkater in Kauf.

In dem 36 Meter langen und 18 Meter breiten Gewächshaus ist es an diesem Morgen drückend warm. Das beste Klima für die Kletter-Gurken, die vielen verschiedenen Tomatensorten und die Zucchini, die hier wunderbar gedeihen. Selbst vor dem Anbau von Wassermelonen, Kiwi und Bananen schrecken die jungen Gärtner nicht zurück. "Das Ernten macht mir am meisten Spaß", sagt Jonas, der von seinem älterer Bruder mit der Gärtner-Leidenschaft angesteckt wurde. Beide können sich vorstellen, einmal Landwirte zu werden.

Die Liebe zu einem grünen Beruf zu wecken, ist aber nur ein Aspekt, den Schulsozialarbeiterin Nicole Erben und ihre Mitstreiter im Auge hatten, als sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Objekt für ihr Projekt "Grüner Daumen" machten. Das schon etwas herunter gekommene aber sehr geräumige Glashaus nahe dem Köthener Polizeirevier kam ihnen gerade recht. Mit dem privaten Eigentümer hatte man sich schnell auf eine moderate Miete geeinigt.

Die Projekt-Trägerschaft des VHS Bildungswerk entstand nicht von ungefähr. Das Bildungswerk berät die Völkerfreundschaft bei der Berufsvorbereitung. Der "Grüne Daumen" ist eine Aktion im Rahmen der Initiative "Stärken vor Ort", die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wird.

Das Projekt, das im März begann, ist inzwischen über sich hinaus gewachsen. Um die 30 Freiwillige seien es schon, erzählt die Schulsozialarbeiterin, die mit ihrer Idee vom Gewächshaus von Anfang an auf viele offene Ohren stieß. Nicht nur bei ihrem Lebenspartner Bernd Berger, sondern auch bei Marion Jänicke, pädagogische Mitarbeiterin der Völkerfreundschaft, bei Martin Roost, Chef des Schülercafés, vor allem aber bei Sabine Massag, Ausbilderin im grünen Bereich beim VHS Bildungswerk.

In einem Tagebuch haben die Teilnehmer festgehalten, was hier im letzten halben Jahr passiert ist: Es wurde entrümpelt, das Dach wurde abgestützt und mit neuer Folie versehen, Beete wurden angelegt, eine Ecke mit Tischen und Stühlen eingerichtet, auch ein kleiner Teich ist im Entstehen, in dem das Regenwasser zum Gießen gesammelt wird. Was im Gewächshaus geerntet wird, dient vor allem dem Eigenbedarf, aber auch die Köthener Tafel soll beliefert werden. In ihrer Schule haben die jungen Gärtner schon eine Pflanzaktion gestartet und sich an einer Pflanzenbörse im Pflegeheim "Rosenhain" beteiligt. Die Schulklassen der Völkerfreundschaft nutzen das Gewächshaus für ihre Projekttage. "Da packen auch die Lehrer bei der Arbeit mit zu", erzählt Nicole Erben.

Doch nicht nur Arbeiten ist im Gewächshaus angesagt. Nach jedem Einsatz wird hier gemeinsam zu Abend gegessen. "Wir grillen und dazu gibt es natürlich frisches Gemüse", sagt Erben. Darauf freut sich auch der zwölfjährige Kenny Kupfer schon. Denn auf die Frage, warum er in den Ferien im Gewächshaus arbeitet, sagt er: "Es macht mir Spaß und man wird auch belohnt - mit Essen." Außerdem habe er auch im Garten des Opas schon öfter mit geholfen.

Schulsozialarbeiterin Erben ist das Projekt inzwischen ans Herz gewachsen. "Hier können die Schüler am Ende des Tages sagen: das habe ich gemacht", begründet sie ihr Engagement. Man lernt sich besser kennen als in der Schule. "Auch Teamwork wird gefördert", ergänzte Sabine Massag, denn bei vielen Arbeiten müssen zwei zusammen anpacken. Gemeinsam freuen sich alle, dass das Projekt im Oktober, wenn die Förderung ausläuft, nicht sterben muss. Der Förderverein der Schule wird die Trägerschaft übernehmen. Natürlich werden man künftig vieles selbst finanzieren und sich verstärkt nach Sponsoren umsehen müssen, sagt Erben. Doch sie ist optimistisch, denn bisher hat sich das Projekt schnell herumgesprochen und spontan viele Helfer angelockt. Für jede Unterstützung sei man aber dankbar, sagt sie.