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Abwasserärger in Gröbzig Abwasserärger in Gröbzig: Anwohner nach Bauarbeiten doppelt zur Kasse gebeten?

Von Doreen Hoyer 18.07.2019, 05:00
Anita und Manfred Koitzsch haben zum Thema Abwasser schon viele Unterlagen gesammelt. Die Forderung des WAZV wollen sie nicht bezahlen.
Anita und Manfred Koitzsch haben zum Thema Abwasser schon viele Unterlagen gesammelt. Die Forderung des WAZV wollen sie nicht bezahlen. Ute Nicklisch

Gröbzig - „Das Schlimme ist ja, dass uns vorher etwas anderes zugesagt wurde“, fasst Karola Zabel zusammen. Ein gutes Dutzend ihrer Nachbarn aus dem Gröbziger Reihenhausring hat sich an diesem Nachmittag mit ihr auf einer Terrasse versammelt.

Die Männer und Frauen stimmen Karola Zabel zu, sie zeigen Unterlagen. „Heranziehungsbescheid zur Kostenerstattung Grundstücksanschluss“ steht darauf, Absender ist der Wasser- und Abwasserzweckverband Saalkreis (WAZV). In den Schreiben fordert der Verband von den Anwohnern Geld für „die Herstellung des Schmutzwassergrundstücksanschlusses“, bei den meisten Haushalten geht es um je etwa 2.500 Euro. Dieses Geld nun wollen viele Bewohner des Reihenhausringes nicht überweisen. Sie sagen, sie hätten für den Anschluss schon bezahlt.

Dass die Bürger nun nicht zahlen wollen, hat historische Gründe

In den Jahren 2017 und 2018 wurde im Reihenhausring gebaut. Die Straße mit ihren Parkflächen wurde neu gestaltet und auch am Abwassersystem wurde gearbeitet. Nach WAZV-Beschreibung wurde ein Schmutzwasserkanal an die Grundstücksgrenze verlegt. „Für Regenwasser ist die Stadt Südliches Anhalt zuständig. Durch diese Maßnahme - die auch einen neuen Hauptkanal beinhaltete, entstand das Trennsystem“, so WAZV-Geschäftsführer Holger Herrmann.

Dass die Bürger nun nicht zahlen wollen hat, wenn man so will, historische Gründe. Karola Zabel und ihr Nachbar Manfred Koitzsch holen weit aus.

Als Anfang der 1980er Jahre die ersten Häuser im Reihenhausring entstanden seien, hätten die Bewohner die Abwasserleitungen in Eigenleistung gelegt, berichten sie. Die Stadt Gröbzig habe ihnen Material besorgt, die Bürger zahlten dafür. „Nach der Wende, im Jahr 1996, sollten wir dann Vorauszahlungen leisten für den Anschluss an ein zentrales Abwassernetz“, erinnert sich Karola Zabel. Damals noch an den Abwasserzweckverband Fuhne, der zusammen mit anderen Verbänden 2013 im WAZV Saalkreis aufging.

„Wer schon einmal gezahlt hat, muss das nicht noch mal tun. Das haben alle im Raum gehört.“

Im Juli 2001 sei eine weitere Rechnung gekommen, wieder habe man gezahlt - ohne dass etwas passierte, so Zabel. Knapp 3.700 Mark habe sie damals insgesamt schon aufgebracht.

In Aufzeichnungen einer Bürgerinitiative aus dem Jahr 2004 ist die Rede davon, dass 1997 nach dem Abriss von Klärgruben die vorhandene Abwasserleitung mit der zentralen des AZV Fuhne zusammengeschlossen wurde. „Aber das hat ja nichts mit unseren Hausanschlüssen zu tun“, sagt Zabel.

Als sich nun die Baumaßnahmen 2017/18 ankündigten, gab es Einwohnerversammlungen dazu. In einer habe sie die WAZV-Vertreterin nach den schon geleisteten Zahlungen gefragt, sagt Karola Zabel. „Und es hieß: Wer schon einmal gezahlt hat, muss das nicht noch mal tun. Das haben alle im Raum gehört.“ Die umstehenden Nachbarn nicken. „Es hieß auch, selbst wenn der Bau teurer würde als das, was wir schon bezahlt haben, werden wir nicht neu zur Kasse gebeten. Und nun das!“

In seiner Begründung bezieht sich der WAZV auf eine Satzungsänderung vom Juni 2016

Gegen den Heranziehungsbescheid haben einige Bürger aus dem Reihenhausring Widerspruch eingelegt. Der umgehend zurückgewiesen wurde. In seiner Begründung bezieht sich der WAZV auf eine Satzungsänderung vom Juni 2016. Die erstmalige Herstellung des Anschlusses sei abgegolten. Es gehe aber um die Erneuerung des Grundstücksanschlusses. Und gemäß der genannten Satzung seien „Aufwendungen für Erneuerung an einem Grundstücksanschluss“ in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten. Geschäftsführer Herrmann hatte gegenüber der MZ auch geantwortet, die Kosten für den Hauptkanal seien nicht umgelegt worden. „Der war seinerzeit durch den ersten Abwasserbeitrag abgegolten.“

Allerdings ist im Bescheid explizit von „Herstellung“ die Rede, nicht von „Erneuerung“. Dabei handele es sich um einen zu spät entdeckten EDV-Fehler, so Herrmann. „Bezogen auf den konkreten Satzungstext ist aber das Wort Herstellung nicht ganz korrekt.“ Man habe es nachträglich korrigiert in „Erneuerung“ und bedauere die Verwirrung.

WAZV zweifelt an Darstellung der Präsentation durch die Bürger

Dass eine Mitarbeiterin den Bürgern zugesichert habe, sie müssten gar nichts zahlen, könne er nicht nachvollziehen. Die Mitarbeiterin, an deren Namen sich die Bürger erinnern, arbeite seit Ende 2018 nicht mehr beim WAZV, er könne sie dazu auch nicht mehr befragen, so Herrmann. Außerdem sei zur Zeit der Einwohnerversammlungen die Ausschreibung für den Bau noch im Gange gewesen, sodass es keine feste Zahlengrundlage gegeben habe.

Überhaupt habe ein männlicher Mitarbeiter eine Präsentation gehalten, in der deutlich gestanden habe, dass Kosten nach tatsächlichem Aufwand erstattet werden müssten.

An eine Präsentation jedenfalls können sich weder Zabel noch Koitzsch erinnern. Er sei bei allen Versammlungen dabei gewesen, betont Manfred Koitzsch. Er werde seinen Widerspruch nicht zurückziehen, fügt er an. Eine Frist dazu hat er bereits verstreichen lassen, eventuelle Zusatzkosten schreckten ihn nicht. „Ich bleibe dabei“, sagt der Gröbziger. (mz)

Im Reihenhausring wurde 2017 und 2018 gebaut.
Im Reihenhausring wurde 2017 und 2018 gebaut.
Ute Nicklisch