Winterschlussverkauf Winterschlussverkauf: Schnäppchen in Jessen gefällig?

Jessen/MZ - „Frauen, die hier reingehen, kommen selten raus, ohne etwas gekauft zu haben.“ Die Jessenerin Heidrun Karras lacht herzlich bei dieser Aussage. Und zeigt auf ihren Einkaufskorb, in dem - natürlich - etwas drin liegt. Es zeigt, sie fühlt sich wohl als Kundin bei „Ernsting’s family“ in der Elsterstadt. „Ich gehe hier gerne rein und die Verkäuferinnen sind total nett“, schiebt Frau Karras hinterdrein. Eine Bemerkung, die Ines Gulla ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht zaubert. „Das trifft aber genauso auf meine Kollegin Margitta Steffen zu“, sagt sie. „Wir haben über das ganze Jahr verteilte Rabattaktionen“, macht Ines Gulla deutlich, dass der Winterschlussverkauf im engeren Sinne für ihre Filiale kaum noch eine Bedeutung hat.
Saisonschlussverkäufe sind keine Erfindung des modernen Kapitalismus. Schon im Juni 1909 wurden derartige Aktionen zum ersten Mal in einem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb reglementiert. Bis dahin waren wohl nur Beamte und Angehörige der Herstellerbetriebe von Waren zu Werksverkäufen zugelassen. In der alten Bundesrepublik erließ dann das Wirtschaftsministerium 1950 eine „Verordnung über Sommer- und Winterschlussverkäufe“. Wobei der Winter-Sonderverkauf auf die letzte Januar- und erste Februarwoche festgelegt war. Im Sommer waren die letzte Juli- und erste Augustwoche dafür vorgesehen. Außerdem waren die Rabattaktionen auf die Waren der zu Ende gehenden Saison beschränkt. Seit Juli 2004 sind solche Restriktionen aufgehoben. Aktionen sind auch nicht mehr auf Saisonware beschränkt. (Quelle: Wikipedia)
Aber die Kunden seien trotzdem nach wie vor an die Zeit des Schlussverkaufes gewöhnt, ist ihre Erfahrung. Und sie würden weiterhin zu dieser Zeit Aktionen erwarten. Darauf reagiert die auf Textilien für die ganze Familie spezialisierte Kette mit Hauptsitz in Coesfeld/Westfalen und bietet dieser Tage Rabatt-Schnäppchen bis zu 70 Prozent auf Sachen, die mit dem Winter zu tun haben.
Kunden wünschen Schlussverkauf
Auch wenn es den per Gesetz regulierten Winter- (wie genauso den Sommer-)Schlussverkauf nicht mehr gibt, „die Kunden wissen trotzdem, dass es bei uns jedes Jahr in dieser Zeit besondere Aktionen gibt“, berichtet Janet Wähling. Sie ist die Leiterin der NKD-Filiale im Jessener Baderhag. Und die Resonanz spürt sie im Zuspruch der Kunden sehr deutlich.
Kein Wunder, „alles, was alt ist“, also was aus der letzten Wintersaison stammt, „wird radikal reduziert“, so Janet Wähling. Auf den Ständern im Verkaufsraum ist denn gerade eine Vielzahl der bekannten „Sale“-Schilder mit dem Aufdruck „50 %“ zu entdecken. Wohingegen die Regale an der Wand bereits mit den „neuen“ Sachen für die bevorstehende Frühlings- und Sommersaison bestückt sind.
„Ich komme nicht regelmäßig her“, erfährt die MZ, als sie eine Kundin anspricht, die gerade das Ausgesuchte an der Kasse bezahlt hat. Aber wenn sie etwas Konkretes sucht, kommt sie gern in diese Filiale, bestätigt Dorit Lugert. Ob sie lieber direkt ins Geschäft kommt oder doch auch via Internet bestellt, wollte die MZ zudem wissen. „Ja, online spielt auch eine Rolle“, meint die Jessenerin, aber eigentlich suche sie doch lieber direkt im Laden aus. „Da kann ich das gleich zurückgeben, wenn es nicht das Richtige ist“, begründet sie. Heute habe sie konkret etwas gesucht. „Wir kommen nicht nur wegen des Winterschlussverkaufes her. Und schon gar nicht kaufen wir etwas, was wir im Moment gar nicht brauchen, nur weil es gerade preiswert oder billig ist.“
Drei Wochen eher
Während des Gespräches fand Sohn Tobias aber doch noch etwas, was ihn interessierte - auf dem Ständer mit den Sonnenbrillen. Das eine und andere Modell probierte er. Ob Mutter und Sohn dann noch einmal den kurzen Weg zur Kasse einschlugen, überlassen wir den beiden.
„Wir ziehen den Winterschlussverkauf schon seit Jahren um drei Wochen vor“, erzählt Iris Hanke, Inhaberin des gleichnamigen „Modelandes“ in Jessen. Klar, räumt sie unumwunden ein, „wir wollen, dass die Kunden zu uns kommen und nicht erst zu den großen Ketten gehen.“ Dennoch, sobald die eigentliche Winterschlusssaison vor der Tür steht, „bewerben wir das nochmal stark“. Aber die Kunden wüssten im Grunde, dass es normalerweise in der letzten Januarwoche losgeht, ist ihre Erfahrung. Der Winter hat nun spät angefangen, aus geschäftlicher Sicht hofft Iris Hanke, „dass er uns nun noch ein bisschen erhalten bleibt“. Zuviel dicke Wintersachen hängen momentan noch auf den Ständern in den beiden Geschäften. „Ab 6. Februar haben wir eine Aktion, drei Teile nehmen, zwei Teile bezahlen. Vielleicht nehmen uns die Kunden so ein paar mehr Stücke ab, damit wir sie nicht mehr zurück ins Lager packen müssen. Diese Woche fahren wir ja schon wieder zur Messe und kaufen den nächsten Winter ein.“
Trendwende beim Online-Kauf
Beim Thema Onlineeinkauf macht Iris Hanke eine Trendwende aus. „Kunden kommen doch wieder zu uns, wollen die Sachen berühren, suchen das Empfinden dafür und legen auch auf die fachliche Beratung wert. Die hat man im Internet eben doch nicht so.“ Dazu komme, dass einige Lieferfirmen sich inzwischen auf den Internet-Trend eingestellt haben und die Einzelhändler unterstützen, indem sie nun im Laden Bestelltes innerhalb zweier Tage liefern, wertschätzt die Jessener Modehändlerin. Auch der Umtausch von Sachen, die in Ruhe betrachtet dann doch nicht so das Richtige sind, funktioniert „bei uns sehr kulant, die Kunden bekommen eine Gutschrift“.