Weil er das Wartezimmer verließ Weil er das Wartezimmer verließ: Patient wird Behandlung beim Arzt verweigert

Jessen - Müssen Patienten die Wartezeit in einer Arztpraxis zwingend im Wartezimmer verbringen? Über diese Frage ist ein Mann, der aus Potsdam neu in den Altkreis Jessen gezogen ist, in einer hiesigen Arztpraxis in Streit mit dem Personal geraten, was zur Folge hatte, dass der Arzt dem Mann auch künftig die Behandlung verweigert.
Die MZ wandte sich mit diesbezüglichen Fragen an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt und erhielt von Pressesprecher Bernd Franke schriftlich folgende Antworten:
Dürfen Patienten, die das Wartezimmer nach Anmeldung verlassen, von der Behandlung ausgeschlossen werden? Gibt es gesonderte Empfehlungen für Zeiten mit hohem Infektionsrisiko?
Die Organisation der Arztpraxis obliegt den Praxisinhabern. Grundsätzlich spricht aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung nichts dagegen, festzulegen, dass der Patient im Wartezimmer warten muss.
Damit behält das Personal der Praxis einen Überblick über die noch wartenden Patienten, kann bei einer plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingreifen und auch den Arzt alarmieren.
Weiterhin wird sichergestellt, dass die Patienten in der erforderlichen Reihenfolge aufgerufen werden können. Durch die starke Auslastung der Praxen müssen diese ihre Organisation möglichst effizient ausrichten.
Insofern kann das Verlassen der Arztpraxis dazu führen, an diesem Tag keine Behandlung mehr zu erhalten, insbesondere wenn die Sprechstunde beim erneuten Erscheinen des Patienten bereits beendet ist.
Auch ein Verlassen der Praxis bei Zeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko wäre nicht anders zu beurteilen.
Darf ein Arzt Patienten ausschließen, weil sie „Ärger machen“?
Vertragsärzte sind aufgrund ihrer Zulassung grundsätzlich verpflichtet, alle Kassenpatienten im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften zu behandeln. Dies begründet aber keinen Behandlungszwang sondern bedeutet nur, dass diese Patienten nicht willkürlich von der Behandlung ausgeschlossen werden dürfen, also die Ablehnung der Behandlung nur in begründeten Einzelfällen möglich ist.
Begründete Einzelfälle können z.B. in der Überlastung des Arztes, dem Begehren nach Wunschverordnungen zulasten der Krankenkasse oder nicht indizierten Behandlungen, dem Nichtbefolgen ärztlicher Anordnungen, bestehen. Zu den anerkannten Gründen gehört auch ein fehlendes Vertrauensverhältnis.
Dies kann auch in Streitigkeiten, Verstößen gegen therapeutische Anweisungen des Arztes oder ähnlich begründet werden.
Dürfen Ärzte Schmerzpatienten abweisen, auch wenn ihre Aufnahmekapazitäten erschöpft sind? Der Mann wollte es vermeiden, die Notaufnahme im Krankenhaus damit zu belasten.
Es besteht Behandlungspflicht im Notfall. Es wäre also zu prüfen, ob ein Notfall vorliegt. Dies ist nur im Einzelfall machbar und bedarf medizinischer Abklärung.
(mz)