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Weidmänner unzufrieden

Von HANS-DIETER KUNZE 06.03.2012, 19:35

JESSEN/MZ. - Hart ins Gericht ging Dietmar Brettschneider, alter und neuer Vorsitzender der Jägerschaft Altkreis Jessen, bei der Jahresversammlung mit Tendenzen, die das Weidwesen betreffen, "von oben" kommen und an der Realität völlig vorbeigingen.

"Dieser Staat wird nicht mit Wissen und Vernunft regiert, sondern ist geprägt durch politische Spielereien", wetterte er. Im Visier hatte er dabei vor allem den Wolf, auch Teile vom Altkreis Jessen seien zu so genannten Wolfsgebieten erklärt und Isegrimm unter strengen Schutz gestellt worden. "Wölfe sind keine niedlichen Kuscheltiere sondern gefährliche Raubtiere", machte er klar. Schäden an Nutztieren, die von Wölfen angerichtet werden, seien durch Gesetze und Bestimmungen gedeckt. Das Regularium gehe hin bis zur richtigen Höhe von Zäunen und Gattern. "Was aber wird, wenn Wölfe entgegen allen Beteuerungen doch einmal Menschen angreifen? Das ist nur noch eine Frage der Zeit", prophezeite er. Einem hungrigen Raubtier sei egal, welche Beute es reißt.

Unverständnis äußerte Brettschneider auch über die Zurückhaltung der Naturschützer bei Kormoranen, die überhand genommen haben und die Fischbestände nachhaltig schädigen würden. "Da kommen dann so kluge Ratschläge, wie die Gelege der Kormorane auszunehmen. Sollen doch die Grünen auf die Bäume klettern, wir Jäger werden es nicht tun", machte er klar. "Kormorane gehören längst ins Jagdgesetz", forderte er.

Ins Visier nahm er ebenso die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), die große Flächen in der Glücksburger Heide übertragen bekommen hat. Man müsse differenzieren zwischen Naturschutz und der DBU. "Deren Vorstellungen passen in die Naturschutzverordnung nicht rein", so seine Meinung ohne konkret zu werden.

Brettschneider wies auch auf verschärfte Bestimmungen beim Umgang mit Jagdwaffen hin und forderte die Weidmänner zur strikten Einhaltung auf. "Es gibt immer wieder Kontrollen, Waffen dürfen jetzt auch im Schrank begutachtet werden", machte er klar. Äußerst wichtig sei die sichere und getrennte Aufbewahrung der Schlüssel für die Schränke. "Am besten immer am Mann tragen." Wer sie vielleicht ins Schreibtischschubfach legt, der begehe einen ernstzunehmenden Verstoß.

In der anschließenden Diskussion meldete sich auch der Kreisjägermeister für den Landkreis Wittenberg, Martin Gersch, zu Wort. Er dankte den Weidmännern des Altkreises Jessen für ihre im vergangenen Jahr erbrachten Leistungen. "Aber", so mahnte er, "wir Jäger stehen in der öffentlichen Kritik". Er nannte dabei überhöhte Wildbestände sowie die Zunahme von Wildschäden, über die sich vor allem Forstleute und Landwirte beschweren. Außerdem die Kraftfahrer, kaum ein Tag vergehe, an dem es nicht zu Unfällen mit Wild, teilweise mit dramatischem Ausgang kommt. Gersch bezog sich dabei auf den gesamten Kreis.

Die vorgegebenen Abschusszahlen wurden in keiner Position erfüllt. Am besten sieht es noch bei Rotwild aus. 1 065 Stück wurden erlegt, geplant waren 1 563. Bei Rehwild wurden 3 656 Tiere zur Strecke gebracht, 6 403 standen im Plan. Beim Damwild fehlen 810 Tiere an der Vorgabe, lediglich 633 wurden erlegt. Noch gravierender ist es bei Muffelwild 127 waren das Ziel, lediglich 31 wurden geschossen. Für Schwarzwild gibt es keine Zahlenvorgaben. Immerhin waren es 2 787 Bachen und Keiler, allerdings deutlich weniger als 2010 (4 149) und 2009 (4 262).

Martin Gersch nahm kein Blatt vor den Mund: "Es ist scheinbar nicht allen Jägern klar, dass es einfach zu viel Wild gibt." Und er setzte provokativ noch eins drauf: "Wir Weidmänner haben nicht das Recht, draußen einen zoologischen Garten zuzulassen. Die Jagd wird nicht vom Schreibtisch aus gemacht." Nur durch zahlreiche Aktivitäten könnten die Wildbestände minimiert werden. Er zog sogar folgende Erwägung ins Kalkül: Inaktive Jäger könnten materiell zur Verantwortung gebeten werden. Noch ehe die Waldbesitzer und Landwirte aktiv würden.

Gersch plädierte auch für eine Ausweitung der Ansitz-Drückjagden. Immerhin wurden am 5. November 2011 in der Dübener Heide auf 5 500 Hektar 192 Stück Schalenwild zur Strecke gebracht. Eine Ansitz-Drückjagd stehe und falle jedoch mit Treibern, die kompetent und vor allem in genügender Anzahl vorhanden sein müssten. "Wir als Jäger werden uns unserer Verantwortung stellen und zur Verminderung der Wildbestände unseren Beitrag leisten", versicherte er abschließend.

Die Zusammenkunft im Jessener Schützenhaus wurde außerdem für Ehrungen genutzt. Langjährige Mitgliedschaften und aktiver Einsatz boten Anlass, Weidmänner mit Ehrennadeln und Urkunden des Landesjagdverbandes Sachsen-Anhalt zu bedenken. In Gold ging die Ehrennadel an Wilfried Meusel, in Silber an Gerold Belling, Hans-Joachim Luschtinetz, Gerd Matthäs und Dietmar Meissner sowie in Bronze an Gerd Ötterer, Michael Richter, Fred Naugk, Michael Schulze und Hans-Joachim Thärigen. Für ihr Engagement bei schießsportlichen Veranstaltungen der Jägerschaft Altkreis Jessen erhielten als Ehrengeschenk ein Jagdmesser: Gerd Matthäs, Jochen Hain und Klaus Wilde.