Gedenken an Opfer von Krieg, Gewalt, Vertreibung Volkstrauertag in Plossig: Was aus Sicht des Bürgermeisters dieser Tag bedeutet
Die Stadt Annaburg gedenkt der Opfer von Kriegen und Vertreibung in Plossig. Bürgermeister Stefan Schmidt erläutert die Bedeutung des Tages. Was er vorliest.
Plossig/MZ. - Nimmt man das Drama um sich herum eigentlich noch richtig wahr? Sämtliche Nachrichtensendungen, Tageszeitungen und soziale Medien berichten aktuell unentwegt über Ereignisse von Krieg und Vertreibung sowie Tod und Verderben weltweit.
Die Ukraine und der Gaza dominieren dabei das Geschehen. Kampfhandlungen im Sudan, im Myanmar, in Somalia, im Jemen, in Nigeria, ja selbst der Drogenkrieg der Banden in Mexiko werden da kaum noch realisiert. Menschen sterben aber auch dort, vielfach am Geschehen unbeteiligt – Kollateralschäden werden diese Opfer zynisch genannt.
Angesichts der Vielzahl an Kriegen, die es auf dem Planeten bereits gab, müsste man glauben, dass die Menschen daraus ihre Lehren gezogen hätten. Doch das Gegenteil scheint der Fall. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, erinnert man in Deutschland jedes Jahr im November mit dem Volkstrauertag an die zahllosen Opfer von Krieg, Gewalt, Vertreibung, Rassismus und Antisemitismus. „Es ist ein Tag des Innehaltens, des Nachdenkens und des Erinnerns an jene Menschen, die ihr Leben in Konflikten verloren haben, sowie an die, die unter den Folgen von Krieg und Vertreibung leiden“, betonte Stefan Schmidt (Freie Wähler) am Sonntag im Verlaufe einer Gedenkveranstaltung am Kriegerdenkmal Plossig.
In seiner Rede vor zahlreichen Gästen verlas der Annaburger Bürgermeisterden Brief eines jungen Offiziers, den dieser am 23. Juli 1917 aus dem Feld an seine Eltern und die Schwester schickte. Darin berichtete der Soldat von Minen und Gewehrgranaten, die stündlich über ihre Köpfe hinweg flogen. Eindringlich schilderte er im weiteren Verlauf der Zeilen das Sterben einzelner Soldaten in seiner unmittelbaren Nähe.
Briefe wie diese, so glaubt man, sollten Denkanstoß genug sein, um neuerliches Sterben auf Schlachtfeldern zu verhindern. Doch dieser Gedanke ist illusorisch. „Der Tod, so scheint es, war damals wie heute eine erschreckende Nebensache“, betonte Stefan Schmidt – die jedoch um keinen einen Bogen macht. Das belegen nicht zuletzt die Namen derer, die von Ben Blüthgen und Max Tauer, zwei Jungen aus Plossig, verlesen wurden. Die Genannten wurden Opfer des Ersten sowie Zweiten Weltkrieges. Eine emotionale Bindung zu diesen Männern haben nur noch wenige. Was aber, wenn auch dieses Band zerreißt? Um so wichtiger werden in Zukunft Veranstaltungen wie der Volkstrauertag sein. „Er ist eine Gelegenheit, um innezuhalten, und über die Werte nachzudenken, die uns als Gesellschaft zusammenhalten. Respekt, Toleranz, und Mitgefühl sind die Grundlagen, auf denen wir eine friedliche Zukunft aufbauen können“, mahnte Annaburgs Stadtoberhaupt abschließend.