Torhüter erwies sich als bester Schütze
Reicho/MZ/ejo. - Voller Körpereinsatz
Das ist an sich nichts Besonderes, aber in diesem Falle schon, denn die Gäste, allesamt Fans des 1. FC Union Berlin, stellten eine Fußballmannschaft, und somit war klar: Die Reichoer Kicker mussten ran. Zwar war das erwartete Spiel der beiden Damenmannschaften mangels Beteiligung ausgefallen, aber die Männerbeine waren auch ganz nett anzusehen. Keiner der Herren, die vom Spielfeldrand frenetisch angefeuert wurden, wollte sich eine Blöße geben, und so ging es mit vollem Körpereinsatz zur Sache. Nach der ersten Halbzeit stand es 4:4, was den Berlinern nicht so recht ins Konzept passte. Nach dem Wiederanpfiff zogen sie ein regelrechtes Powerplay vor dem Reichoer Tor auf, und der Keeper der in schicken rot-schwarz-weißen Trikots spielenden Heimmannschaft konnte sich ein ums andere Mal auszeichnen. Ihre Konter blieben kreuzgefährlich, und so wunderte sich niemand, als kurz vor Schluss das erlösende fünfte Tor für die Gastgeber fiel. "Ausgleichende Gerechtigkeit", meinten die Reichoer Zuschauer. Im vergangenen Jahr hatten die Berliner das Spiel für sich entschieden. André Poschitzki aber, Torwart der "Unioner", meinte nur: "Wir haben euch heute gewinnen lassen, damit ihr nicht weint!"
Im Schießen vorn
Grund zum Weinen hatten die Reichoer das ganze Wochenende nicht. Auch wenn die besten Schützen beim Luftgewehrschießen aus den Berliner Reihen kamen. Und der geschlagene Torwart der Berliner sollte vielleicht demnächst besser als Stürmer fungieren. Schießen kann er. Mit 58 von möglichen 60 Ringen belegte er Platz eins. Und auch die Berlinerinnen können gut zielen: Anke Thrun landete mit 57 Ringen auf dem zweiten Platz noch vor dem Lokalmatador Fred Däumichen, der ebenfalls auf 57 Ringe kam.
Stechen entschied
Eine richtige Menschentraube hatte sich derweil beim Kegeln eingefunden und verfolgte das Geschehen an der Bahn. Die war ziemlich schwierig zu meistern. Mit viel Gefühl wollten die Kugeln geschoben sein. Eine, die zwar nicht auf den Medaillenplätzen landete, aber doch bei jedem Stoß beachtlichen "Schaden" unter den hölzernen Gesellen anrichtete, war Annegret Budrian. Die Bernsdorferin war zu ihrer Schulfreundin Ilse Hildebrandt gekommen, und beide versuchten ihr Glück beim Kegeln. Dabei wusste Annegret natürlich, wie es geht, trainiert sie doch regelmäßig auf der neuen Bernsdorfer Bahn. Der kleine Flecken Reicho gefiel ihr gut und die "Leute sind auch ganz nett", auch wenn die Leute in Bernsdorf meinten, die Sachsen-Anhalter brächten bei Besuchen immer viele Fliegen und Mücken mit. In Reicho hatten diese anscheinend Flugverbot, dafür gab es Bremsen. Das hinderte aber den DJ des Abends, Olaf Hildebrandt aus Luckenwalde, nicht, beim Stechen um den ersten Platz beim Kegeln die Nase vorn zu haben. Der Reichoer Erhard Heidemann schlug sich tapfer, hatte aber dem gut aufgelegten Brandenburger nichts entgegenzusetzen. Veit Tauscher belegte hinter den beiden den dritten Rang.
Doping am Busch?
Bereits am Freitagabend hatte der erste sportliche Höhepunkt des Dorffests die Reichoer und ihre Gäste zur alljährlichen Fahrradtour zusammengeführt. Wie zur Belohnung bekamen sie in einiger Entfernung unterwegs einige dunkle Wolken zu sehen, aus denen es ab und an sogar blitzte. Die schwül-heiße Luft machte den Radlern schwer zu schaffen, so dass sich ihre Kolonne weit auseinander zog. Rund zehn Minuten mussten die ersten an der Verpflegungsstelle, dem Eingang zum Steinsdorfer Busch, warten, bis auch die Letzten eingetrudelt waren. "Die sind doch gedopt", nahmen diese Bezug auf jüngste Ereignisse bei der Tour de France. Ganz offiziell aber wurde diese Praxis an der Verpflegungsstelle, wo gutes Radler die Kehlen erfrischte.
Danach war auch die Zunge wieder lockerer und Otto Hildebrandt (69) kritisierte gleich mal die Frauen: "Die haben uns heute im Stich gelassen! Sonst sind wir viel mehr." Und Ingetraud Kannegießer setzte noch einen drauf: "Die Alten sind alle zu Hause geblieben. Nur mich habt ihr wieder mitgezottelt!" Sprach's und schwang sich wieder auf ihren Drahtesel. Genau wie die anderen 18, hatte sie das sich nähernde Donnergrollen vernommen. Die dunkle Wolke wollte offensichtlich das Fest nicht stören und verzog sich ebenfalls.