Streit mit der Krankenkasse Streit mit der Krankenkasse: Ultraschall zur Krebsfrüherkennung ist kostenpflichtig

Jessen - Eine Ultraschall-Untersuchung zur Krebsfrüherkennung sorgt für Aufregung. Im Fall, um den es hier geht, glücklicherweise nicht des Befundes wegen, sondern im Hinblick auf die Abrechnung der besagten Vorsorge-Untersuchung. Sie wurde einer 31-jährigen Frau, deren Familie hinsichtlich Krebserkrankungen stark vorbelastet ist, von ihrer Gynäkologin nämlich als so genannte IGeL-Leistung (individuelle Gesundheitsleistung) in Rechnung gestellt und nicht wie von der jungen Frau erwartet über die Krankenkasse beglichen. Mit dem Problem wandte sich die von der Tochter autorisierte Mutter - eine Einwohnerin Jessens, die namentlich nicht genannt werden möchte - an die MZ. In der Hoffnung, die Angelegenheit dahingehend klären zu können, das inzwischen gezahlte Geld erstattet zu bekommen.
Familie ist vorbelastet
Die 52-jährige Mutter schildert Folgendes: Ihre Tochter habe sich zweimal bei ihrer Frauenärztin zur Untersuchung vorgestellt. Ausgangspunkt dafür sei ein Ziehen in der Brust gewesen. „Meine Tochter teilte mir mit, dass sie die Ultraschall-Untersuchung (Brust, vaginal) bezahlen musste. Ich als Mutter frage nun: Warum?“ Das Hauptargument der 52-Jährigen für eine Kostenübernahme der Untersuchung durch die Krankenkasse lautet, dass die Familie in Sachen Krebserkrankungen erheblich vorbelastet ist. „Ich selbst stellte mich bei der Ärztin vor und zeigte ihr meine Narbe.“ Sie rührt vom Entfernen eines Knotens in der rechten Brust her. Außerdem führt die 52-Jährige an, dass ihr Vater wegen Krebs operiert wurde und letztlich an der Krankheit verstarb. Auch die Schwester ihrer Mutter erkrankte an Krebs, der Metastasen bildete und zum Tode führte. Ebenso wurde ihr Bruder ein Opfer dieser Krankheit. Diese ganze Vorgeschichte sieht die Jessenerin im Umgang mit ihrer Tochter ignoriert und zeigt sich empört. Die Gynäkologin, so ihre Meinung, hätte daraus ausreichend Veranlassung ableiten können, die Ultraschall-Untersuchung als Kassenleistung abzurechnen.
Aus dem Ministerium für Arbeit uns Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, an das die 31-Jährige ebenfalls schrieb, wurde ihr mitgeteilt: „Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, hat nach Erreichen bestimmter Altersgrenzen Anspruch auf regelmäßige Vorsorge-Untersuchungen.“
Welche Diagnose-Verfahren zur Früherkennung von Krankheiten angewendet werden können und ab welchem Alter die Kosten für eine Krebsvorsorge übernommen werden und in welchem Intervall, regele der Leistungskatalog des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. „Darüber hinaus können natürlich zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen werden, die müssen dann aber selbst bezahlt werden. In den Arztpraxen gibt es für Individualleistungen spezielle Leistungskataloge (IGeL-Listen). Wünscht die Patientin eine außerplanmäßige Untersuchung, muss der Arzt oder die Ärztin darauf hinweisen, dass es sich um eine ärztliche Individualleistung handelt und die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt.“
„Bei Frauen gelten zum Beispiel folgende bestimmte Altersgrenzen für die Berechtigung zur Teilnahme an Vorsorge-Untersuchungen, die von den Krankenkassen übernommen werden: 20 Jahre - Gebärmutterkrebs und Gebärmutterhalskrebs, 30 Jahre - Brustkrebs (Abtasten), 35 Jahre - Hautkrebs, 50. bis 55. Lebensjahr - Darmkrebsvorsorge (Stuhltest auf okkultes Blut), ab 56. Lebensjahr - Koloskopie (Darmspiegelung) zur Darmkrebsvorsorge zweimal im Abstand von zehn Jahren oder Stuhltest auf okkultes (verborgenes) Blut alle zwei Jahre, 50. bis 70. Lebensjahr - Mammografie (Brustscreening) alle zwei Jahre.“
Dem widerspricht die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA), an welche die MZ eine entsprechende Anfrage richtete, sehr deutlich. Der Gemeinsame Bundesausschuss (Ärzte und Krankenkassen) lege in der Richtlinie über die Früherkennung von Krebserkrankungen den Umfang der Untersuchungen fest, auf die Versicherte im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch haben (siehe auch „Untersuchungen nach Alter gestaffelt“), heißt es in der Antwort von Pressesprecher Bernd Franke. Konkret führt er in seiner E-Mail aus: „Die Früherkennungsuntersuchungen auf Krebserkrankungen umfassen keine Ultraschallleistungen zu Lasten der Krankenkassen. Eine Durchführung von Ultraschalluntersuchung ohne medizinische Notwendigkeit ist zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht zulässig. Einen medizinischen Anlass könnte z.B. ein Tastbefund im Rahmen der Früherkennungsuntersuchung darstellen, der dann weiter abgeklärt werden muss. Eine familiäre Belastung - unabhängig von der Erblichkeit - stellt hierbei keinen medizinischen Anlass dar. Eine Ermessensentscheidung darf der Arzt oder die Ärztin nicht treffen, entweder liegt ein medizinischer Anlass wie oben beschrieben vor oder nicht. Dies zeigt dann den weiteren Verfahrensweg auf.“
Kopien der Krankenakte
Bezogen auf den Arztwechsel, den die 31-Jährige wegen der beschriebenen Geschichte nun anstrebt, und die Mitnahme der Krankenakte - ein weiteres Problem, das auch die Mutter bewegt - erklärt Bernd Franke: „Die Patientin hat Anspruch auf eine Kopie ihrer Akte, es gibt nur wenige Ausnahmen, die hier Einschränkungen erlauben. Die Kopien sind kostenpflichtig.“ (mz)