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Landleben Straußenfarm stellt Züchtung ein in Naundorf

Landleben Elf Jahre haben Schlüters in Naundorf bei Seyda Laufvögel gezüchtet, nun geben sie die Haltung auf. Was von dem Unternehmen bleibt.

20.04.2021, 08:53
Henne Berta lässt sich von Barbara und Erhard Schlüter knuddeln.
Henne Berta lässt sich von Barbara und Erhard Schlüter knuddeln. Foto: Ute Otto

Naundorf - Die dicke Berta und Dieter sind die letzten ihrer Art auf dem Straußenhof Schlüter in Naundorf bei Seyda. Nach elf Jahren mit den imposanten Laufvögeln geben Barbara und Erhard Schlüter die Straußenhaltung auf. Es ist keineswegs ein Entschluss von Heute auf Morgen, „das geht gar nicht bei einer Tierhaltung“, sagt Erhard Schlüter.

Schon vor vier Jahren, beide standen kurz vor dem Renteneintritt, beschlossen sie, den Tierbestand schrittweise abzubauen. „Aber ausgerechnet in dem Frühjahr drauf, 2018, hat sich unser Anton entschlossen zu brüten, und wir bekamen nochmal 18 Küken dazu“, erzählt Barbara Schlüter. Dennoch blieben sie bei ihrem Entschluss.

Futter wird knapp

Die Zuchttiere haben sie an andere Höfe gegeben, alle weiteren gingen im Alter von etwa 18 Monaten in die Schlachtung, so funktioniert Straußenwirtschaft nun mal. Wie richtig ihre Entscheidung war, hat sich für Schlüters in den letzten drei Sommern bestätigt. Die zunehmende Trockenheit machte es immer schwerer, ausreichend Futter zu beschaffen. Um die dreieinhalb Kilogramm Gras braucht ein Laufvogel am Tag, in Spitzenzeiten hatte die Farm 160 Tiere. „So viel Heu hätten wir nicht kaufen können“, sagt die Landwirtin.

Dass Berta und Dieter noch da sind, ist der Vogelgrippe geschuldet. „Es sind jetzt keine Geflügeltransporte gestattet“, erklärt die Landwirtin. Freilauf ist den Straußen aber gestattet, weil es gegen die artgerechte Haltung wäre, sie einzusperren.

Berta und Dieter dürfen weiterhin auf einem befreundeten Straußenhof bei Halle für Nachwuchs sorgen. Während Berta, die immer die dickste unter den Zuchthennen war, handzahm ist, „freut“ sich Erhard Schlüter jetzt schon auf die Stunde, wo Dieter eingefangen werden soll. „Der lässt nämlich keinen an sich ran“, erzählt er. Dass Schlüters doch etwas wehmütig ums Herz sein wird, wenn der Transporter mit den letzte Straußen vom Hof rollt, ist gewiss.

„Es war eine schöne Zeit“, blickt Barbara Schlüter auf die zurückliegenden elf Jahre zurück. Der Umgang mit den Straußen habe sie einmal mehr gelehrt, mit Tieren respektvoll umzugehen. Beide sind diplomierte Tierwirte, haben jahrelang in der Rinderzucht gearbeitet. „Aber so ein Strauß ist doch etwas anderes als eine Kuh. Bei dem heißt Nein wirklich Nein.“

Blaue Flecken von Stupsern mit den Schnäbeln, die von den Laufvögeln auch freundschaftlich gemeint sein können, hätten sie viele davon getragen, mit dem kräftigen Sporn der Füße gab es aber keine Bekanntschaften.

Was Besucher anzieht

Mehrere Tausend Besucher sind über die Jahre auf die Straußenfarm Schlüter gekommen. „Wir haben so viele interessante Menschen kennengelernt.“ Ein Teil derer, die das Interesse an den Laufvögeln nach Naundorf gelockt hatte, war zudem angetan von der Ruhe, der Lage am Radweg und der Nähe der Fläming-Skate und wollte daher nicht selten gern ein paar Tage in der Region bleiben.

Deshalb haben sich Schlüters 2013 dem Verbund „Landvergnügen“ angeschlossen. Das sind Höfe, Brauereien und Weingüter, die Wohnmobilisten, die ebenfalls Mitglied des Verbundes sind, kostenfrei Stellplätze anbieten. Dieses Standbein wollen sie erhalten und deshalb gilt die Straußenfarm Schlüterhof noch als existent, trägt allerdings die Zusatzbezeichnung „a.D.“ Den kleinen Hofladen mit Produkten vom Strauß führen sie weiter. „Wenn Gäste mal frisches Straußenfleisch möchten, kann ich das jederzeit besorgen“, so Erhard Schlüter. Jede Menge Informationen, Bilder und Geschichten über die Laufvögel gibt es gratis dazu.

Zurzeit ist allerdings coronoabedingt geschlossen. „Wir dürfen nun mal keine Touristen aufnehmen“, stellt der Naundorfer klar, „auch wenn manche noch so betteln und meinen, hier auf dem Lande sieht es ja keiner - wir halten uns an die Regeln“.

Langweilig wird dem Rentnerehepaar nicht. Nachdem Schlüters als Pflegeeltern zwei Kinder bis in die Volljährigkeit begleitet haben und ihnen heute noch Helfer und Ratgeber sind, stehen sie nun dem Jugendamt für die Bereitschaftspflege von Kindern zur Verfügung. Gerade habe sie wieder einen Zweijährigen bei sich, der sich mit Hund Otto schnell angefreundet hat.

Erhard Schlüters Vater und Barbara Schlüters Mutter sind hochbetagt und bekommen entsprechende Zuwendung. Und auf dem großen Bauernhof gibt es sowieso immer etwas zu tun. „Jetzt züchten wir Mäuse und Sperlinge“, spaßt Erhard Schlüter. „Die teilen sich wenigstens das Futter.“ (mz/Ute Otto)