«Stimme gern abgegeben»
Jessen/MZ/hdk/cab. - Dass es besser wird im Bundesland Sachsen-Anhalt, damit rechnet Arno Grieschat nicht. "Diesmal wird es wohl sehr knapp, ich rechne mit vielen Protestwählern", ist seine Meinung.
Im Gegensatz zu den beiden Kleindröbern hatte sich Werner Heilmann aus Holzdorf zeitig auf den Weg zur Abstimmung begeben. "Das lag aber nicht daran, dass mich die ,Forschungsgruppe Wahlen' schon im Vorfeld immer wieder mit Fragen förmlich bombardiert hat." Der 82-jährige Oberingenieur und Veteran der Landtechnik sieht Urnengänge sehr realistisch. Politiker könnten keine Arbeitsplätze schaffen, nur die Rahmenbedingungen dafür. Alles andere sei Quatsch. Viele von ihnen hätten einfach noch nicht begriffen, dass eine grenzenlose wissenschaftlich-technische Revolution stattfände. "Die Damen und Herren ,da oben' sollten endlich auf den Boden der Tatsachen finden", fordert er.
Elfriede Knappert aus Lindwerder war bei Nachfrage der MZ unschlüssig, ob sie wählen gehen wird. "Im Vordergrund steht meine Arbeit in der Milchviehanlage in Lindwerder. Erst muss die ordnungsgemäß erledigt sein", meinte sie. Und dann werde letztlich ihr Mann entscheiden, ob man sich ins Auto setzt und zur Stimmabgabe nach Mügeln fährt. Bei den hohen Spritpreisen müsse jede Fahrt wohl überlegt sein. "Früher, als Lindwerder noch ein Wahllokal hatte, gab es bei mir keine Überlegungen zur Urne zu gehen", erklärte sie.
Für Erwin Berndt aus Lüttchenseyda war klar, dass er Kreuze auf dem Wahlzettel setzt. "Sollte sich in diesem Staat beziehungsweise Bundesland aber nicht bald etwas zum Besseren wenden, war es mein letzter Urnengang. Das beziehe ich auch auf meine persönliche Situation. Noch immer sitze ich auf den Altlasten einer ehemaligen Rinderanlage in Gerbisbach. Andere Leute kriegen Betriebe fast zum Nulltarif geschenkt und ich soll die Entsorgung selbst finanzieren? Nicht mit mir!" Die Lüttchenseydaer gaben ihre Stimmen in Gentha ab. Die Groß Naundorfer, wie Heinz Nachbar, mussten nicht in die Nachbarschaft, konnten das Wahllokal in ihrem Heimatort aufsuchen. "Natürlich gehe ich wählen, so wie in jedem Jahr. Bisher habe ich immer für die gleiche Partei votiert. Diesmal treffe ich meine Entscheidung aber erst in der Kabine hier im Ort." Dass sich im Land grundlegend etwas zum Positiven ändern wird, daran glaubt der Rentner jedoch nicht. "Egal, wer an die Macht kommt, die machen so weiter und das, was sie wollen", äußerte er.
In Listerfehrda wird in dem ungebauten ehemaligen Dorfkonsum, neben der Kindertagesstätte gelegen, gewählt. Ingo Küchler (Listerfehrda) erklärte der MZ: Wenn ich nicht wählen gehe, dann wähle ich doch das, was wir jetzt haben. Außerdem gebe ich dann meine Meinung einfach weg." Ob es nach der Wahl besser wird, vermochte er nicht zu sagen. Arthur Müller (Listerfehrda) meinte nach seiner Stimmabgabe: "Ich habe im Fernsehen gesehen, dass vermutlich in Sachsen-Anhalt nur 46 Prozent zur Wahl gehen werden. Das finde ich nicht gut. Ich bin gegangen, weil es sich einfach gehört und sich sonst auch nichts ändert." Ähnlich denkt auch der 78-jährige Bodo Heicke aus dem Ort. "Ich habe meine Stimme gern abgegeben. So bestimmt man mit, wer uns künftig regiert. Ob die es dann besser machen, weiß man allerdings auch nicht." Dass er gern zur Wahl gegangen ist, könne man glauben, versicherte Bürgermeister Hartmut Karschunke. Bodo Heicke mache alles sehr konsequent. Das habe er auch einst als Gemeinderat unter Beweis gestellt.