Schwierige Fachleute-Suche Schwierige Fachleute-Suche: Rißmann Zahntechnik plant eigene Theorieausbildung

Jessen - Auf die schwierige Situation um den Fachkräftenachwuchs reagiert das Unternehmen Rißmann Zahntechnik in Jessen mit einer eigenen Lösung. Beginnend in Köthen, einem von vier Standorten des Labors, soll identisch zur bisherigen dualen Berufsausbildung nun neben der praktischen auch die theoretische Seite im eigenen Betrieb vermittelt werden.
Anders, glaubt Geschäftsführer Jan Rißmann, lasse sich die entstehende Fachkräftelücke kaum schließen. „Wer sich mit uns für diese Variante entschließt, auf den wartet ein straffes Ausbildungsprogramm, an dessen Ende man die Fähigkeiten eines vollwertigen Zahntechnikers besitzt“, sagt er.
Für das Rißmann’sche Unternehmen ist es Teil der Firmenphilosophie, jedes Jahr Lehrlinge einzustellen und nach modernsten Grundsätzen auszubilden. Mehr als 50 junge Menschen beschritten seit Firmengründung 1989 den Weg zum Zahntechniker. Aktuell lernen vier junge Leute ihren Beruf in der Rißmann Zahntechnik GmbH.
Ein neuer Lehrvertrag für den Herbst dieses Jahres ist bereits unterzeichnet. Seit Jahren zählen die hier Ausgebildeten zu den Besten des Landes, behaupten sich im Vergleich auch gegen bundesweite Konkurrenz. Doch das Mühen des Jessener Unternehmens wird seit geraumer Zeit auf eine ernste Probe gestellt. Die Zahl der Berufseinsteiger reicht längst nicht mehr, um den anstehenden Fachkräftebedarf zu decken.
Ausbildung zum Zahntechniker: Bald keine Berufsschule mehr in Sachsen-Anhalt
Zum einen fällt es immer schwerer, Jugendliche mit dem geforderten Leistungsprofil zu finden, die gewillt sind, sich zum Zahntechniker ausbilden zu lassen. Noch schwerer allerdings lastet die Bürde, dass es in Sachsen-Anhalt bald keine Berufsschule mehr gibt, die den Azubis das theoretische Know-how vermittelt. „2017 waren es gerade einmal 21 Lehrlinge, die sich der Abschlussprüfung stellen - im ganzen Land. Von denen aus der Erfahrung heraus nur knapp die Hälfte der Branche treu bleibt“, verdeutlicht Rißmann.
Zehn Fachkräfte für ein ganzes Land auf einem Sektor, der wächst und schon jetzt einen enormen Fachkräftemangel aufweist. Aufgrund sinkender Zahlen die Ausbildung - wie von der Berufsschule Halle angekündigt - ganz einzustellen, hält Rißmann allerdings für ein völlig falsches Signal. Junge Mitarbeiter, die seinen Betrieb nach der Ausbildung wieder verlassen, kennt auch Rißmann. „Derzeit stehen zwei Abschiede an. Ein Mitarbeiter möchte seinen Wohnsitz nach Berlin verlegen, eine junge Frau möchte ihre Ausbildung mit einem Studium komplettieren. Beides kann ich nachvollziehen“, unterstreicht der Jessener und ergänzt, dass jedem, der geht, die Tür bei einer möglichen Rückkehr weit offen steht.
Unternehmen Rißmann: Intensive Suche nach Lösungsansätzen
Aufgeben und den mehrfach prämierten Weg des Unternehmens ändern wollen Jan Rißmann und seine Frau Anja aber nicht. Vielmehr suchen beide intensiv nach Lösungsansätzen, mit denen sie in der Spur des betrieblichen Erfolgs bleiben können. Eine Variante, die Ausbildung von sogenannten Quereinsteigern, wird schon seit längerem praktiziert. Ihnen bieten Rißmanns zwei Optionen - eine betriebsinterne Umschulung oder eine klassische Ausbildung zum Zahntechniker.
Während bei der betriebsinternen Umschulung der vorgezeigte Weg klar definiert und begrenzt ist, stehen bei einer Vollausbildung alle Wege offen. „Damit hat jeder sein berufliches Glück selbst in der Hand“, sagt Anja Rißmann.
Wenn nun das Unternehmen neben dem praktischen auch den theoretischen Teil der Ausbildung in die eigenen Hände nimmt, stehen ihm dann zwar hoch qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung. Die allerdings - anders als nach dem staatlichen Ausbildungsweg - keine offizielle Prüfung haben. Das erschwert natürlich eine womöglich angestrebte Weiterqualifizierung, zum Meister etwa. (mz)