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Schultreffen Schultreffen: Reminiszenz an die Jugend in Seyda

Von H.-Dieter Kunze 23.09.2016, 04:00
Organisatorin Roswitha Müller (re.) schaut mit Gästen die Klassenfotos an.
Organisatorin Roswitha Müller (re.) schaut mit Gästen die Klassenfotos an. Kunze

Seyda - Eine „Eintrittskarte“ ist den gestandenen Frauen und Männern sicher, wenn sie in den 1950er Jahren in der Schule Seyda ihre Zuckertüten erhalten hatten. Das „Schultreffen mit Klassentreffen ähnlichem Charakter“ findet nur alle fünf Jahre statt, das aktuelle war das dritte. Roswitha Müller, eine ehemalige Seydaerin, die in Jüterbog wohnt, hatte es vor zehn Jahren „eingerührt“, ist mittlerweile eine versierte „Cheforganisatorin“ und bekommt Unterstützung von vielen.

Führung durchs Museumvon Seyda

Trotz aller Routine, es steckt verdammt viel Arbeit dahinter. „Die Resonanz und die Wiedersehensfreude sind der schönste Lohn für mich“, freute sie sich. Immerhin kamen 125 Ehemalige der Einschulungsjahrgänge 1953 bis 1959 sowie vier Lehrerinnen und zwei Lehrer von damals ins „Schützenhaus“ nach Seyda.

Treffpunkt war das Seydaer Amtshaus, wo Bärbel Schiepel und Gerd Otto vom Heimatverein durch das Heimatmuseum führten. Sie freuten sich anschließend über eine finanzielle Unterstützung für ihren Verein. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto ging es zu Fuß durch den Ort in Richtung „Schützenhaus“. Dort waren Tafeln gestellt, versehen mit dem jeweiligen Einschulungsjahr. Außerdem gab es für jeden ein Schildchen mit Name und „Zuckertüten-Jahr“.

Schnell kam man miteinander ins Gespräch und schwelgte in Erinnerungen, nicht nur am Jahrgangstisch, und Fotoalben sowie Fotos machten die Runde. Auch die Pädagogen im Ruhestand, alle über 70 Jahre alt, hatten sich viel zu erzählen, waren aber auch gefragte Gesprächspartner für ihre einstigen Schüler.

Jeder hat sein Leben nach zehn Jahren Schule, die ihm das Rüstzeug für das weitere Dasein und die berufliche Entwicklung vermittelte, anders gestaltet. Es folgten schöne Jahre, auch von Schicksalsschlägen wurde jeder mehr oder weniger betroffen. 50 Mitschülerinnen und Mitschüler konnten dieses Treffen leider nicht mehr wahrnehmen. Ihre Namen wurden von Roswitha Müller verlesen, in einer Schweigeminute wurde ihrer gedacht.

Die Gäste kamen aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und nahmen oft längere Anfahrten in Kauf. Aber viele sind auch in der Heimat geblieben und haben hier ihr Leben aufgebaut. Zum Beispiel Egon Clemens, der mit dem von ihm gegründeten Unternehmen „Geka“ vor allem Kartoffeln anbaut und in der Region vermarktet.

Oder Werner Zuzel aus Gadegast, 1957 eingeschult. Er wurde Elektriker, ist jetzt Rentner und arbeitet noch ab und an bei einem Busunternehmen, um die Rente aufzubessern und vor allem nicht „einzurosten“. Auch Jessens ehemaliger Bürgermeister, der aus Lüttchenseyda stammt, ist bodenständig geblieben.

Hartmut Danneberg, gebürtiger Gadegaster, wohnt in Jessen. 16 Jahre lang tourte er als Servicetechniker für Mobilfunk-Systeme durch die Welt und lernte viele Länder kennen. Aber egal wer, der Grundtenor war der gleiche: In der Heimat ist es am schönsten und an die Schuljahre denken sie immer wieder gern zurück.

Hannelore Al-Shawi verschlug es auf Grund ihrer Heirat in den Irak, wo sie von 1973 bis 1995 lebte. Dort baute sie in Bagdad die erste Kinderkrippe auf. Das Interesse war groß, denn solch eine Betreuungseinrichtung für Kleinkinder kannten die Irakis überhaupt nicht. Aber sie wurde schnell angenommen und längst nicht alle Kinder konnten unterkommen. Jetzt ist Hannelore Al-Shawi in Offenbach ansässig geworden. Das Schultreffen nutzte sie auch zu einem Wiedersehen mit ihrer Nichte.

Manfred Freydank aus Mellnitz, Einschulungsjahrgang 1954, brachte es in der DDR zu beachtlichen sportlichen Erfolgen. In den Jahren 1962 bis 1972 kämpfte er sich in der 110-Meter-Hürdendistanz bis zum DDR-Vizemeister durch. Dann arbeitete er viele Jahre als sachverständiger Prüfer im Führerscheinwesen.

Als Pilot bei Interflug in der Luft

Harald Gresse aus Zemnick wurde 1959 Abc-Schütze. Seine Zukunft sah er aber in der Luft. Viele Jahre flog er zunächst bei der Interflug der DDR, nach der Wende gesamtdeutsch unter den Flügeln der Kranich-Linie die verschiedensten Passagierflugzeuge. Heute ist er als Rentner bodenständig geworden.

Von den ehemaligen Lehrerinnen und Lehrern kam auch Bärbel Osswald, geborene Lobenstein. Sie unterrichtete Russisch und war Klassenlehrerin. Sie wurde in Berlin sesshaft. Renate Schiele, ihr Mädchenname ist Plenz, war Musiklehrerin und Leiterin von Schulchören in einer Person. In Michendorf ist sie zu Hause. Lieselotte Röder, geborene Hensel, war Unterstufenlehrerin. Von Elster aus hatte sie es nicht weit zum Schultreffen.

Helga Johl aus Seyda unterrichtete in der Unterstufe. Sie blieb in Seyda. Manfred Höhne aus Arnsdorf brachte den Kindern die Grundbegriffe der Mathematik bei und Wolfgang Bräse führte durch das manchmal undurchschaubare Labyrinth der Chemie, auch Biologie war sein Fachgebiet.

Roswitha Müller schloss um Mitternacht die Tür vom Schultreffen. Über ein Kompliment freute sie sich ganz besonders. Regine Helt, geborene Schüler, aus Zemnick, 1958 eingeschult und seit Jahren in Sachsen zu Hause, verabschiedete sich mit den Worten: „Ich hätte das Größte in meinem Leben verpasst, wenn ich nicht nach Seyda gekommen wäre.“ (mz)