Wolfsangriff Schock nach Anruf - Hobbyschäfer Bernd Vogt aus Schweinitz verliert drei Tiere
Hobbyschäfer Bernd Vogt aus Schweinitz verliert nach einem Wolfsangriff drei Tiere. Was dem 69-Jährigen besonders am Herzen liegt und wie er seine Zukunft als Nutztierhalter sieht.
Schweinitz/MZ. - „Dort“, betont Hobbyschäfer Bernd Vogt und zeigt mit der Hand in Richtung Nachbargrundstück, „wohnt eine Familie mit kleinen Kindern.“ Diese haben sich gewundert, dass drei tote Schafe auf der Weidefläche liegen und ihre Mutter informiert, die sofort zum Telefon greift. Die Minuten nach dem schockierenden Anruf hat der 69-Jährige nicht vergessen.
Er rennt aus dem Haus und sieht das Dilemma. Zwei Mutterschafe und einen Jährling hat der Wolf auf seinem Beutezug erwischt, die Wiese ist an mehreren Stellen blutdurchtränkt, die anderen Schafe der Rasse „Barbados“ sind in Panik. Das Gelände am Ende des Arnsdorfer Weges in Schweinitz ist eigentlich eine stille Ecke, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. „Der Wolf kommt wieder. Da bin ich mir sicher“, meint der rüstige Rentner, der bereits den vom Wolfskompetenzzentrum Iden bei Stendal mitgebrachten Elektrozaun aufgestellt hat. „Da sind 9.000 Volt drauf. Nur die Erdanker muss ich jetzt noch anbringen.“
Keine Entschädigung
Vogt weiß, dass sein bisheriger Zaun nicht als wolfsabweisender Mindestschutz gilt. Daher sei auch keine Entschädigung zu erwarten. Er habe vor Jahren an den Seiten Erde aufgeschüttet. Diese sei längst hart und stelle den Wolf vor Herausforderungen. Der Zaun ist hoch genug, damit das Raubtier nicht darüber springt. Was dem 69-Jährigen richtig unter die Haut geht, seien der Tatzeitpunkt und die Tatsache, dass die Nachbarskinder regelmäßig im Freien spielen. „Da stelle ich mit die Frage: Muss erst etwas passieren, bevor die Politik reagiert?“ Der Jessener ist nicht kategorisch für den totalen Abschuss des Wolfes, doch die Population in Sachsen-Anhalt muss „auf ein gewisses Maß“ begrenzt werden.
Der Angriff auf seine Schafe ist am helllichten Tag passiert, konkret am Nachmittag. Vogt geht davon aus, dass der Wolf aus dem etwa 400 Meter entfernten Wald über die Wiese gelaufen ist und sich die passende Stelle zum Buddeln gesucht hat. Es ist schon erstaunlich, wie wenig Platz dieses Raubtier benötigt, um auf die andere Seite zu gelangen. Nach Überquerung eines Weges steuert der Wolf auf den zweiten Zaun zu, buddelt sich durch und rennt in die Herde.
Den Jährling habe er laut Besitzer zunächst ausgefressen und wollte den Kadaver mit über den Zaun nehmen. Dies sei ihm jedoch nicht geglückt. Der Schweinitzer, der gelernter Gärtner ist, erzählt, dass es auf dem Hof schon immer Landwirtschaft gegeben hat. Mit Tieren und dem Schwerpunkt Obstanbau. Nach der politischen Wende habe er sich die ersten Schafe zugelegt. „Das waren Heidschnucken aus der Lüneburger Heide.“
Vor etwa zehn Jahren hat ihm ein Kumpel geraten, die Rasse zu wechseln und auf Barbados-Schafe umzusteigen. Der Vorteil: Die neuen Bewohner auf dem Hof benötigen keine Schur. „Wir werden alle nicht jünger“, begründet er den Wechsel.
Kein Verständnis
In den schweren Stunden hat ihm Kumpel Matthias Loche zur Seite gestanden, der auch das Wolfskompetenzzentrum in Iden informierte. Der finanzielle Verlust, so Loche, sei die eine Seite der Medaille. Doch wenn Kinder unweit des Tatortes spielen, dann höre der Spaß auf. Dies gelte ebenfalls für die Häuser, die auf der anderen Seite des Koppelzauns stehen.
Der Schock bei dem Hobbyschäfer sitzt tief. Sehr tief sogar. Er hat schwer damit zu kämpfen, damit ihm folgende Worte über die Lippen kommen: „Mittelfristig werde ich die Herde abschaffen, um mir weiteren Ärger zu ersparen.“ Tierhaltung sei für ihn ein Hobby. Wenn der Spaß weg ist, bleibe nicht mehr viel, um daran festzuhalten. Der Angriff auf seine Tiere bedeute mehr Aufwand. Früher seien sie am späten Abend allein in den Stall gegangen, aktuell sammele er sie „mit einigen Tricks“ vor Einbruch der Dunkelheit ein. „Die Tiere sind verängstigt.“
Beim Rundgang über das Gelände erläutert der Schweinitzer, warum er bisher auf einen Elektrozaun zur Abwehr des Wolfes verzichtet habe. Der Koppelzaun sei ungefähr einen Kilometer – alle vier Seiten zusammengerechnet – lang. Es rechne sich für einen Hobbyschäfer einfach nicht, sich diese Technik anzuschaffen. Wenn der 69-Jährige auf seine Herde zuläuft, suchen die Tiere das Weite. „Näher komme ich seit dem Angriff nicht heran.“
Vogt hofft nicht, dass er künftig wieder bei der MZ anrufen muss, um erneut einen Vorfall zu melden. „Dann“, sagt er, „wird aus mittelfristig schnell kurzfristig.“ Ohne Sorgen schläft es sich besser.