Pomologe in Schweinitz Pomologe in Schweinitz: Omas Grenzgang trägt Früchte

Schweinitz - Eine Apfelzählmaschine haben Zwickers zwar nicht, aber aufgrund langjähriger Erfahrungen und der bisherigen Erntemenge schätzt Oliver Zwicker, dass in diesem Jahr etwa 400 Tonnen – das sind ungefähr 2,3 Millionen Äpfel – auf den Plantagen des gleichnamigen Jessener Obsthofes geerntet werden. Einige Zehntausende dürften schon verzehrt, zu Most verarbeitet – oder anderweitig veredelt worden sein. Ein Großteil davon jüngst beim Hoffest an der Bundesstraße.
Obwohl des Deutschen Lieblingsfrucht zum Fest reichlich vorhanden war, gab es dennoch Besucher, die eigene Exemplare von zu Hause mitbrachten. Diese wurden vom eigens angereisten Obstexperten Sigurd Schossig freudig begrüßt. Die alljährliche „Visite“ beim 84-jährigen Pomologen aus dem Jerichower Land ist beliebt. 30 Jahre lang hat er die Magdeburger Baumschule geführt – und kann auch im hohen Rentenalter nicht vom Apfel lassen. Oftmals weiß Schossig eine Geschichte zu erzählen, wie die zu begutachtende Frucht wohl in den Garten gelangt sein mag.
Verbesserung der Fruchtqualität
Für die Herkunft des rotschaligen Apfels, den Thomas Hensel aus Klossa übergibt, mutmaßt Schossig: „Das ist eine amerikanische Sorte, Mc Intosh Rogers genannt. Wenn Oma zu DDR-Zeiten in den Westen durfte, brachte sie Reiser zum Veredeln mit. Das war zwar verboten, wurde trotzdem gemacht.“ Deshalb, so scherzt er, konnten die Amerikaner schon vor dem Mauerfall hier Wurzeln schlagen.
Werner Jänecke aus Schweinitz bringt Äpfel mit, die Sigurd Schossig ohne Zögern als „Roba“ identifiziert – „ein rotbackiger Erwin Baur, eine alte Apfelsorte, benannt nach dem deutschen Botaniker und in den 1930er Jahren höchst verbreitet.“ Für eine Verbesserung der Fruchtqualität bekommt Jänecke ein Rezept mit nach Hause: „Fünf Kilogramm Kalk auf 100 Quadratmeter“ steht darauf. Der Schweinitzer dankt und lässt einige Münzen in die Spendenbüchse des Naturschutzbundes (Nabu) fallen.
Mehr als 100 Personen nutzen die „Apfelsprechstunde“ des Pomologen. Auch einige Birnen werden vorgezeigt. Am Ende sind 120 Proben bestimmt, davon 51 seltene Sorten registriert, unter anderem eine aus dem frühen 19. Jahrhundert namens „Parkers Pepping“. Als „alte Sorte“ gilt unter Fachleuten, was vor mindestens 50 Jahren gezüchtet wurde. Mit wachsendem Umweltbewusstsein werde dem Apfel als Kulturgut mehr Aufmerksamkeit geschenkt. (mz)