Nadelbäume Nadelbäume: Woher kommt die braune Farbe?

jessen - Das Phänomen ist an vielen Stellen im Altkreis Jessen sichtbar. Seit Wochen fangen Fichten oder Tannen plötzlich an, braune Nadeln zu bekommen, die dann abfallen. Hat man Glück, überlebt der Baum das und bekommt somit die Chance, sich in den nächsten Jahren wieder zu erholen. Im schlimmsten Fall muss jedoch zur Säge gegriffen werden, wenn das Exemplar von unten bis zum Wipfel braun statt grün ist und die neuen Triebe aus diesem Jahr ebenfalls schon abgestorben sind. Betroffen sind Bäume unterschiedlichsten Alters. Nur, was lässt plötzlich die Nadeln braun werden?
Fachmann grenzt Ursache ein
Pauschal lässt sich diese Frage nicht sofort beantworten. Die Ursachen können mannigfaltig sein, wie die Recherche ergab. Aber: In der Region Jessen scheint es ein Phänomen zu sein, das es Anfang der 1980er Jahre schon einmal gegeben habe. Dies weiß Frank Ackermann, Chef des Betreuungsforstamtes Annaburg, zu berichten. „Das Hauptproblem ist der wahrscheinliche Befall der Bäume mit der amerikanischen Fichtennadel-Miniermotte. Diese kleine Schmetterlingsart hat schon mal bei uns für Schäden gesorgt. Aber um das exakt nachzuweisen, müsste man befallene Bäume genau in Augenschein nehmen, Tiere einfangen und exakt bestimmen. Dazu fehlen uns aber leider die Möglichkeiten und Kapazitäten.“
#bigiamge
Bei der amerikanischen Fichtennadel-Miniermotte handelt es sich um eine Schmetterlingsart. Der Falter hat eine Flügelspannweite von circa acht Millimetern.
Diese Mottenart wurde 1952 das erste Mal in Europa aufgefunden. Der Fundort lag bei Middle Essex, England. Der erste Nachweis auf dem europäischen Festland gelang 1962 in einer Friedhofsanlage in Hessen. Dann tauchte das Tier neben anderem 1983 in Zemsdorf bei Königswusterhausen, 1986 in einer Baumschule in Laa (Niederösterreich) und 1989 in der Baumschule Hatzhausen bei Leipzig auf.
Die Verbreitung dieser Art ist bislang nur sporadisch nachgewiesen. Vermutlich, so Experten, sei das Vorkommen mit dem Anbau von Stechfichten verbunden, wobei mittlerweile bekannt ist, dass die Motte auch andere Arten befällt.
Hoffnungen setzt man darauf, dass die Tiere im Allgemeinen nicht so sehr mit dem hiesigen Klima klarkommen, sprich sich nicht massenhaft vermehren.
Die Vorgehensweise der Motte ist relativ einfach. Die Tiere befallen die Bäume, die Larven überwintern in den Zweigen, und sind eigentlich überhaupt nicht sichtbar. Durch den Befall sterben die Nadeln aber erst im darauffolgenden Frühjahr/Sommer ab, so dass der Schaden fast immer zu spät entdeckt wird.
Außer chemischen Bekämpfungsmaßnahmen, die durch einen Fachmann ausgeführt werden sollten, sind keine weiteren Gegenmaßnahmen bekannt.
Nadelverfärbungen können aber auch noch andere Ursachen haben. Dazu gehören ungünstige Standortbedingungen, Nährstoffmangel, zu wenig Wasser oder der Befall durch andere Schädlinge wie Blattläuse, Spinnmilben und Rinden- oder Wollläuse, die für das Braunwerden der Nadeln verantwortlich sein können.
Nur, warum kommt es ausgerechnet in diesem Jahr zu so einem offensichtlich massiven Befall? Ackermann ist der Überzeugung, dass die Witterung der vergangenen Monate die Entwicklung der Motte begünstigt hat. „Wir hatten extrem lange Trockenperioden. Da ist der Baum ohnehin geschwächt und harzt nicht mehr richtig aus. Denn beim Harzen werden die Larven quasi ausgespült.“ Auch sei durch fehlendes Wasser das „Immunsystem“ der Bäume angegriffen. „Natürliche Abwehrmechanismen greifen nicht richtig.“
Zu spät zum Bekämpfen
Ein weiteres Problem ist, dass der Befall in der Regel erst dann erkannt wird, wenn die Nadeln braun werden. „Die Motte fällt eigentlich gar nicht auf. Und sie zu bekämpfen, macht nur im zeitigen Frühjahr Sinn. Das ist rum, jetzt haben sich die Tiere augenscheinlich richtig vermehrt und ausgebreitet.“ Wenn, dann sollte man geschädigten Bäumen im kommenden Jahr die nötige Aufmerksamkeit zukommen lassen. Nur, stehen die Exemplare dann überhaupt noch, die jetzt braun geworden sind? Ackermann rät dazu, sich den Griff zur Säge sehr genau zu überlegen. „Umlegen geht rasch, ist aber nicht immer nötig. Wer es ertragen kann, dass der Baum einige Jahre etwas ruppig ausschaut, aber trotzdem neue Triebe bildet, kann und sollte Geduld aufbringen. Zwar werden braune Nadeln nicht mehr neu ausgrünen, aber mit der Zeit verwächst sich das Problem.“
Vielleicht nur ein Jahr
Frank Ackermann hofft, „dass diese Plage nur in diesem Jahr zum Vorschein kommt. Denn selten sind die Motten zwei oder gar drei Jahre an den gleichen Stellen aktiv. Das war in den 1980er Jahren auch so. Mit etwas Glück, haben wir 2016 Ruhe und viele der betroffenen Bäume überleben“. Ganz genau kann das aber auch der Annaburger Forst-Fachmann nicht vorhersagen. (mz)

