MZ-Gespräch mit Klaus Däumichen MZ-Gespräch mit Klaus Däumichen: Aus Elbaue in Stadt der Wissenschaft
Jessen/Berlin-Adlershof/MZ. - Mit dem aus Axien stammenden stellvertretenden Vorstand des Technologieforums Adlershof und Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Rates im Innovationspark Wuhlheide, Prof. Dr. Dr. Klaus Däumichen, unterhielt sich MZ-Mitarbeiter Gerd Naumann.
Adlershof auf Expansionskurs - wie kam es in so kurzer Zeit zu dieser erfolgreichen Entwicklung?
K. Däumichen: Mit seiner Forschung, seinen weltweit anerkannten Produkten und Leistungen zählt der Technologiepark schon heute zu den 15 größten der Welt. Insgesamt sind im bei uns gegenwärtig bereits über 7 000 Beschäftigte tätig. Die wissenschaftliche Basis wird derzeit durch zwölf außeruniversitäre und drei universitäre Forschungseinrichtungen mit 1 500 Beschäftigten gebildet. Technisches Herzstück ist Bessy II, eine Hochbrillianz-Synchrotronstrahlungsquelle der dritten Generation für den Vakuum-UV- und den weichen Röntgenbereich.
Mit dem schrittweisen Umzug von sieben mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultäten der Humboldt-Universität wird dieses Potenzial weiter verstärkt. Im innovativen Wirtschaftsbereich sind rund 450 technologieorientierte Unternehmen tätig, vorwiegend in der Photonik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Umwelt- und Energietechnologie sowie auf dem Gebiet Neue Materialien.
"Unser Trend gegen den Trend." Mit diesem Slogan werben sie gegenwärtig für Adlershof. Wie ist dies zu verstehen?
K. Däumichen: Dieser Slogan hat gute Gründe. Während die Wirtschaft in der Hauptstadt unter einer allgemeinen Konjunkturflaute leidet, erweisen sich die Adlershofer Unternehmen als ausgesprochen robust. Robuster als viele andere Hochtechnologie-Firmen. Adlershof hat für Investoren viel zu bieten: ein klares technologisches Profil, beste Voraussetzungen für Synergien, Grundstücke, attraktiven Mietflächen. Der Technologiepark will seine Wirksamkeit auch in umliegenden Regionen ausbauen. Das betrifft Brandenburg, aber auch Sachsen-Anhalt. An erster Stelle steht die Vermittlung von Arbeitsstellen, denn der Technologiepark sucht zum Beispiel dringend Meister für Maschinenbau, Konstrukteure im CAD / CAM-Bereich, Lasertechniker, Mechaniker, Elektroniker u.a.m.
Könnten diese Angebote auch Leute aus der Elbe-Elster-Region nutzen?
K. Däumichen: Natürlich. Mich bewegt sehr, wenn allein im Landkreis Wittenberg 12 800 Menschen ohne Arbeit sind. Hier kann der Technologiepark sicherlich helfen. Dabei müssen wir nicht bei Null anfangen. Es gibt eine Reihe von Leuten aus Jessen, Elster und Seyda, die eine Arbeit bei uns gefunden haben. Wir haben inzwischen Praktikanten aus dem Altkreis, Denys Lipke aus Jessen wird seine hervorragende Diplomarbeit zur Prozessoptimierung in Zusammenarbeit mit uns verteidigen. Wir haben ein Forschungsprojekt zur elektrophysikalischen Mauertrocknung vergeben, das von der Dabruner Firma "SKM electronic" bearbeitet wird. Gedacht ist auch daran, Delegationen und Besucher aus aller Welt, die Adlershof besuchen, stärker in die Region an Elbe und Elster zu lenken. Damit wurde bereits begonnen, als eine Delegation führender chinesischer Manager die Region Jessen besuchte. Sehr unterstützt werden auch Zielstellungen, die Elbaue zu einem Erlebnisraum mit größerer Anziehungskraft zu entwickeln. Dabei steht zweifellos die Lichtenburg im Zentrum des Interesses, sowohl für die Entwicklung des Tourismus als auch für die Gewerbetreibenden in der Region.
Können sie uns aktuelle Beispiele nennen, wie mit modernen Technologien neue Arbeitsplätze geschaffen wurden?
K. Däumichen: Sehr gern, nehmen wir als erstes Beispiel das Institut für Gerätebau. Es wurde 1993 mit drei Mitarbeitern gegründet. Heute sind im IfG über 50 Mitarbeiter tätig. Der Schwerpunkt der Tätigkeit betrifft die Entwicklung von Baugruppen für einen Einsatz in der Röntgenanalytik. Wesentliche Bestandteile dieser Baugruppen sind Röntgenkapillaroptiken aus Glas. Das IfG ist mittlerweile Marktführer für Röntgenlichtleiter, eine für die Industrie bedeutsame Entwicklung. Oder nehmen wir das Netzwerk "Intelligente Messsysteme" in Berlin-Adlershof, das von uns moderiert und geführt wird. Das Netzwerk knüpft an die räumliche Nähe von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Adlershof an. Vorrangiges Ziel ist die Akquisition von Aufträgen und deren Realisierung durch Bündelung der Kernkompetenzen der Netzwerkpartner. Seit dem Start des Netzwerkes konnten durch die Akquirierung von Aufträgen und das Zusammenführen von technologischen Kompetenzen 150 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dass das Konzept aufgeht, zeigen neben bereits akquirierten Aufträgen viel versprechende Kooperationen. Auch hier könnten Partner aus der Jessener Region mitwirken.