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Brauchtum auf dem Land bei Jessen Mit diesen Traditionen feiert der Jessener Ortsteil Lindwerder sein Dorffest 2024

Zum Start des Dorffestes bietet Lindwerder einen traditionellen Festumzug mit mehreren Bildern auf. Wer daran teilnimmt und welche Brauchtümer außerdem gepflegt werden.

Von Thomas Keil 20.06.2024, 11:59
Angeführt von Amelia Ernst sowie Mara und Lina Müller (v.l.) dreht der Festumzug in Lindwerder  zunächst eine Runde um den Anger.
Angeführt von Amelia Ernst sowie Mara und Lina Müller (v.l.) dreht der Festumzug in Lindwerder zunächst eine Runde um den Anger. (Foto: Thomas Keil)

Lindwerder/MZ. - Zu einem Dorffest gehört natürlich ein Festumzug. Diese eherne Regel gilt auch in Lindwerder. So ist der Andrang vor der Bushaltestelle im Ort für einen Samstag zwar ungewöhnlich – es fährt kein Bus –, aber logisch. Etwa 40 Frauen, Männer und drei Kinder deuten in traditionell anmutendem, feinem Zwirn auf eine feierliche Veranstaltung hin. Nur die fünf Musiker der Blaskapelle gleichen in ihrem Räuberzivil eher einer Rockband.

Bereit zum Feiern

Am Wochenende hat Lindwerder sein diesjähriges Dorffest gefeiert. Dieses ist gleichzeitig auch das Schützenfest. „Den Schützenkönig ermitteln wir am Samstag“, sagt Kai Herrmann. Das Heimatvereinsmitglied steht schon eine Stunde vor Beginn am Festplatz östlich des Dorfes bereit. Er legt noch letzte Hand an der Festhalle an und erwartet die Gäste. Die Ersten werden die Teilnehmer des Festumzuges sein.

Der Festumzug wird auf Höhe des Kriegerdenkmals gestellt.
Der Festumzug wird auf Höhe des Kriegerdenkmals gestellt.
(Foto: Thomas Keil)

Dieser formiert sich gegen 13.45 Uhr am Kriegerdenkmal des Ortes. Bändertanzfrauen, Schützengilde, Heimatverein und Feuerwehr stellen die vier Bilder des etwa 50 Meter langen Zuges. Vornweg marschiert die Abordnung der Dorfjugend: Amelia Ernst sowie die Schwestern Mara und Lina Müller.

Günter Herrmann (l.) unterstützt die Kremitz-Musikanten.
Günter Herrmann (l.) unterstützt die Kremitz-Musikanten.
(Foto: Thomas Keil)

Mit Pauken und Trompeten der Kremitz-Musikanten geht es zunächst in nördlicher Richtung entgegen dem Uhrzeigersinn um den Dorfanger, auf der anderen Seite vorbei am Ausgangspunkt bis zur Gaststätte Lindeneck. Dort biegt die Prozession links ab auf die Zielgerade zum Festplatz. Immerhin ist die Umzugsstrecke rund 1,2 Kilometer lang.

Lob an die Stadt

Dort postieren sich die Abteilungen vor dem Festgebäude rund um die Festwiese. Hier macht Günter Herrmann in seiner Begrüßungsrede klar, dass man nun zwei Tage lang feiern wolle. Dazu begrüßt der Ortsteilbeiratsvorsitzende die Teilnehmer des Festumzuges samt Kremitz-Musikanten. Denen hilft er an diesem Tag an der großen Trommel aus. „Die Feierhalle ist tipp-top“, freut er sich. Da gebühre der Stadt Jessen ein dickes Dankeschön.

Was noch fehle, sei eine versprochene Linde im Dorf. „Doch wir wollen auch das Positive sehen. Immerhin ist ein Teil der Friedhofsumzäunung bereits erneuert worden.“ Anschließend folgt der althergebrachte Bändertanz.

Tanzend flechten

Dazu begeben sich die meist in Rot und Weiß gewandeten Frauen in die Mitte zum vorbereiteten Pfahl. Eine jede schnappt sich eins der Bänder, die an diesem befestigt sind. Zunächst gilt es, die Bänder zu entwirren. Dann kann es losgehen: Zur Blasmusik der Kremitz- Musikanten tanzen die Frauen in zwei gegenläufigen Kreisen mit den Bändern um den Pfahl. Durch geschicktes Ausweichen der Entgegenkommerinnen werden die Bänder so um den Pfahl gewickelt und zu einem bunten Karomuster verflochten.

Der Bändertanz ist Frauensache.
Der Bändertanz ist Frauensache.
(Foto: Thomas Keil)

Die letzten Zentimeter werden mit einem Knoten und ein wenig Draht am Pfahl befestigt. Eine Tradition, die bei Jung und Alt Anklang findet – auch Amelia, Mara und Lina machen begeistert mit.

Der Pfahl wird umflochten.
Der Pfahl wird umflochten.
(Foto: Thomas Keil)

Anschließend bittet Günter Herrmann zur Annemarie-Polka um den Bänderpfahl – es herrscht Damenwahl. „Sucht euch einen Mann oder eine Frau, ich will euch da keine Vorschriften machen“, sagt der Lindeneck-Wirt. Für Mara ist die Wahl klar – sie schnappt sich ihren Papa Dennis.

Spielerischer Nachmittag

Nach Festumzug, Bändertanz und Annemarie-Polka werden Kaffee und Kuchen offeriert. „Die Frauen des Dorfes haben die Kuchen gebacken“, sagt Kai Herrmann. Während sich die Großen stärken, sind die Bambini des SV Grün-Weiß Linda schon ganz hibbelig. Für sie steht noch ein Fußballturnier auf dem Plan.

Hier verläuft sich niemand.
Hier verläuft sich niemand.
(Foto: Thomas Keil)

Aber auch die Großen dürfen ran. Neben den Ballerspielen um den Schützenkönig steht jeweils Samstag und Sonntag ein Kegelturnier auf dem Plan. „Als Hauptpreis gibt es je ein Paket Pflastersteine“, lockt das Heimatvereinsmitglied. Ein solches reiche immerhin für 7,5 Quadratmeter.

Der Barkas dient als Shuttle.
Der Barkas dient als Shuttle.
(Foto: Thomas Keil)

Schlussendlich wird an diesem Samstag doch noch ein Bus fahren. „Der alte Barkas-Transporter der Feuerwehr ist heute wieder unser Shuttle“, erläutert er. Gerade die ältere Generation nehme das Angebot gerne an. Schließlich wolle und solle das ganze Dorf zusammen feiern, egal wie gut zu Fuß der Einzelne noch oder schon ist.