Lichtenburg-Museum in Prettin Lichtenburg-Museum in Prettin: Wendelstein als Zeitmaschine
Prettin - Eine Treppe als Zeitmaschine? Ja, tatsächlich. In der Prettiner Lichtenburg kann sich der Besucher im dortigen Museum, welches vom „Wir“-Verein betreut wird, auf Zeitreise begeben. Dass das nicht nur Erwachsene interessiert, erfuhren die Organisatoren bei ihrer Sonderaktion „Lebendiges Museum“. Sowohl Familien aus Prettin als auch erfreulich viele Besucher von weiter her, beispielsweise aus Berlin und Sachsen, wollten sich in den alten Gemäuern umsehen.
Nicht fürs Bungee-Jumping
Zuerst aber fiel - selbstverständlich nachdem die Kinder die große Hüpfburg entdeckt und genutzt hatten - der riesige gelbe Kran auf. Den hatte Margit Mehr, Vorsitzende des „Wir“, nicht fürs Bungee-Jumping aufstellen lassen, wie vermutet wurde. Der wird, wenn es dann soweit ist, die fertig restaurierte Turmhaube des Eingangsgebäudes wieder nach oben befördern. Wer aber das Foyer des Museums betrat, wurde schon dort von Damen begrüßt, die in ihren langen Gewändern genau hierher zu passen schienen. Familie Gröger aus Müglenz bei Wurzen, die in Zwethau Verwandte besucht hatte, war beeindruckt und nahm das Angebot, sich die Exposition ausführlich zeigen zu lassen, gern an. Die Zeitreise konnte also beginnen.
Riesige Puppensammlung
Für Finne (neun Jahre) und ihren 13-jährigen Bruder Tim waren schon die langen Gänge geheimnisvoll und so vermuteten sie hinter jeder Tür etwas Schaurig-Schönes. Besonders hatte es ihnen die Wendeltreppe angetan und die führte die Familie geradewegs in die Zeit der Mythen und Märchen. Hinter einer großen schweren Tür tat sich ein Reich auf, das jedem Puppenfreund das Herz höher schlagen lässt.
Während Puppen-Mutti Finne und ihre Mutter Ev die herrlichen Kleider der Puppen bewunderten, staunten die Männer der Familie über die Anzahl von weit über 400 Puppen, die in den zwei Ausstellungsräumen Platz gefunden hatte. Kornelia Schandert vom „Wir“-Verein, die sie durch das Labyrinth der Gänge und Zeiten leitete, erklärte: „Die Puppen stammen aus einer privaten Sammlung und sind hier als Leihgaben zu sehen.“
Wasser treibt Mühlen an
Etwas technischer wurde es dann in der Mühlensammlung, wo Vater Falk seiner Familie den Betrieb der verschiedenen Mühlenarten nahe brachte. Vor allem jener, die mit Wasser angetrieben wurden, wie die Schiffsmühle. Kein Wunder, denn mit Wasser kennt sich der Inhaber einer Karpfen-Teichwirtschaft eben aus.
Einen langen Gang weiter betraten die vier zuerst eine Spinnstube und dann einen Raum, in dem gefühlt und geschnuppert tausend Kräutlein lagerten. Es duftete nach Gesundheit. Hier könnte man es aushalten, sprach Mutter Ev, doch Kornelia Schandert hatte noch mehr Interessantes zu zeigen.
Einen Blick von der Empore in die zum Konzertsaal gewordene Schlosskirche und in die Frauengemächer des Schlosses beispielsweise, wo ein Modell der gesamten Anlage die Ausmaße des Schlosses deutlich werden lässt. Danach ging es wieder auf die große Wendeltreppe und die Grögers waren beim Aufstieg in die nächste Etage gespannt, was sie da oben erwarten würde. Ihre Reise durch die Zeit führte Finne, Tim, Ev und Falk geradewegs in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und die frühen Jahre der DDR. Für die Kinder war dieser riesige Saal genauso spannend wie die vorigen. Zudem durften sie hier selbst Hand anlegen. Gar nicht so einfach, auf Schiefertafeln zu schreiben, befanden sie. Falk Gröger konnte sich noch an einige Exponate erinnern, hatte er doch seine gesamte Schulzeit vor der Wende absolviert. Ob Moped oder Dia-Projektor, hier wurde zusammengetragen, was die Erinnerungen vom Abstellgleis des Gedächtnisses wieder hervorholen. Ungemein wertvoll sind die Exponate für diejenigen, die diese Zeit bewusst erlebten, und genauso wichtig für die nachkommende Generation. Dass Geschichte in diesem Museum lebendig wird, davon konnten sich an diesem Tag nicht nur die Gäste aus Müglenz überzeugen. Auch Tess (sechs), Conny (vier) und Luzie (sieben) aus Prettin und Luke (sechs) und Grace (vier) aus Torgau fanden es hier ganz toll.
Was Prettin an seiner Lichtenburg hat, das wissen auf jeden Fall die ehemaligen Schüler, die sich ganz bewusst die Kleine Hofstube für ihr Klassentreffen ausgesucht hatten. Von überall her waren die 1946/47 Geborenen in ihre Heimatstadt gekommen. In der Renaissance-Schlossanlage wurden sie gut umsorgt von den Mitarbeitern des „Wir“-Vereins. (mz)