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Kürzung Landesblindengeld Kürzung Landesblindengeld: Mit Ärger im Bauch bei großen Vögeln

Von Hans-Dieter Kunze 23.08.2013, 08:33
Barbara Schlüter stellt den Gästen die Laufvögel vor.
Barbara Schlüter stellt den Gästen die Laufvögel vor. H.-D. Kunze Lizenz

Naundorf bei Seyda/MZ - 30 Mitglieder vom Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen-Anhalt, Regionalbereich Wittenberg/Jessen, waren zu Gast auf der Straußenfarm Schlüterhof in Naundorf. Das Besuchserlebnis war die angenehme Seite der Visite, der Hintergrund des Treffens ist jedoch wesentlich ernster. Es ging um Informationen, denn den blinden und sehbehinderten Menschen in Sachsen-Anhalt sollen ab 1. Januar 2014 finanzielle Mittel gekürzt werden, so sieht es jedenfalls ein entsprechender Gesetzentwurf vor.

Andreas Leutloff, ehrenamtlicher Vorsitzender vom Regionalbereich Wittenberg/Jessen nannte Details: Das Landesblindengeld in Sachsen-Anhalt soll von bisher 350 um 90 Euro monatlich reduziert werden. Das betreffe in gleicher Weise auch Gehörlose und Gehörbehinderte im Land, ergänzte er. Die Landesregierung verspreche sich davon Einsparungen im Haushalt in nicht unerheblicher Höhe. „Das beträfe bis zu 5.000 Blinde und Sehbehinderte, so viele gibt es schätzungsweise in Sachsen-Anhalt“, sagte er. Auch ein monatlicher Zuschuss in Höhe von 41 Euro für Seh- und Gehörbehinderte stünde auf der Kippe. Er ist vor allem gedacht als so genannter Nachteilsausgleich, ergänzte Andreas Kahnhäuser. Er ist Vorstandsmitglied im Regionalbereich für die Region Jessen und hatte nach einem Besuch der Naundorfer Farm diese als nächstes gemeinsames Ausflugsziel den Regionalbereichsmitgliedern empfohlen.

Straußenfarm offen für Besucher mit Behinderung

„Eigentlich decken diese Nachteilsausgleichszahlungen nur einen Bruchteil der Mehrkosten ab.“ Und er nennt Beispiele: Sehbehinderte haben immer erhöhte Fahrtkosten, weil sie eine Begleitperson brauchen. Alle technischen Geräte mit zusätzlicher spezieller Sprachausgabe, beispielsweise Handys oder Computer, sind sehr teuer. „Aber sie halten auch nicht länger als normale“, weiß er aus eigener Erfahrung.

Straußenfarmer Erhard Schlüter junior formulierte es kurz und knapp, Verständnis hat er keines: „Es wird fast immer zuerst bei den Schwächsten gespart.“ Deshalb stehe seine Farm allen Betroffenen stets für Besuche offen. So konnten er und seine Frau im Laufe der Zeit Bewohner des Diest-Hofes Seyda, von Heporö Zemnick oder dem Augustinuswerk Wittenberg begrüßen. Auch Schüler von Förderschulen waren bereits hier.

Bei der Visite der Blinden und Sehbehinderten gehörte ein Rundgang durch Gehege und Stallanlagen zum Besuchsprogramm. Tasten, fühlen, riechen, auf diese Sinneswahrnehmungen der Sehbehinderten hatten sich die Straußenfarmer besonders vorbereitet. Junge Küken, selbstverständlich schon wesentlich größer als ein ausgewachsenes Huhn, drehen seit kurzem ihre Runden im Naundorfer Gehege. Die ausgesprochene Neugier der Straußendamen wusste Barbara Schlüter geschickt abzuwehren und ließ die Tiere lieber an ihrer Haarspange oder den Ohrringen zupfen. „Die sind auf alles spitz“, meinte sie lachend. Um den Star der Farm, Straußenhahn Anton, wurde aber respektvoll ein Bogen gemacht, selbstverständlich hielt ihn der Zaun von unliebsamen Attacken ab. „Der ist manchmal unberechenbar“, meinte selbst Straußenfarmer Erhard Schlüter junior zu seinen Besuchern.