Kreisbauernverband Wittenberg Kreisbauernverband Wittenberg: "Es wird immer schwieriger"

Jessen - „Das Ende der Talfahrt ist leider noch nicht in Sicht.“ Landwirtschaftsbetriebe, die auf Milcherzeugung setzen, sind seit dem Frühjahr vorigen Jahres erheblich unter Druck geraten. Hartmut Steiner, der am Dienstag in der Mitgliederversammlung in Jessen wiedergewählte Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Wittenberg, weist mit Nachdruck auf die besorgniserregende Entwicklung hin. Derzeit gibt es gerade mal 28 Cent pro Liter Milch. Damit sind die Erlöse, die vor gut einem Jahr erzielt worden, teilweise über 40 Cent je Liter, inzwischen weit entfernt. Von den Milcherzeugern verlange das, sich auf die unsicheren Märkte einzustellen und zu versuchen, die Preisrisiken zu managen.
Ein Überangebot
Eine ähnlich ungünstige Entwicklung gebe es beim Schweinefleisch. Seit Mitte 2014 seien „die Schweinepreise um 25 Prozent, die Ferkelpreise um fast 40 Prozent eingebrochen“. Der Rückgang der Futtermittelpreise „konnte diesen katastrophalen Preisverfall bei weitem nicht ausgleichen. Bei jedem verkauften Schwein setzen die Mäster gegenwärtig 20 Euro zu“, erläutert Steiner im Jessener „Schützenhaus“. Für die Schweinemäster werde das Jahr kein leichtes. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes benennt vor allem zwei Gründe für den Abwärtstrend bei den Erlösen, die europaweit gewachsenen Sauenbestände und daraus resultierend ein gestiegenes Fleischangebot sowie der Exportstopp nach Russland.
Dem Vorstand des Kreisbauernverbandes Wittenberg gehören 14 Männer an. Geführt wird das Gremium von Hartmut Steiner, dem gestern Mittag in der konstituierenden Sitzung erneut das Vertrauen ausgesprochen wurde. Seine Stellvertreter sind Gerhard Böhme vom Landgut „Elbeland“ Axien und Maik Bilke vom Landwirtschaftsbetrieb Selbitz. Dem Vorstand gehören außerdem an Kurt Asmussen von der Asmussen Agro GmbH Linda, Steffen Dalichau von der Agrargenossenschaft Wörlitz, Ralf Donath von den Seydaland Vereinigten Agrarbetrieben, Wito Gutewort vom Agrarbetrieb „Grüne Aue“ Battin, Thomas Gutzmer von den Agrargenossenschaften Rackith und Pretzsch, Udo Huth vom Gemüse- und Landwirtschaftsbetrieb Huth in Dabrun, Ehrenfried Kühn vom Rinderzucht- und Ausbildungsbetrieb Bodemar in Seegrehna, Egbert Laaß von der Agrargenossenschaft Cobbelsdorf, Jürgen Riemschneider von der Agrargenossenschaft Meuro, Thomas Rothe von der Glücksburg Agrar e.G. und Bernhard Wagner vom Mehrfamilienunternehmen Milchagrargenossenschaft „Heideland“ in Kemberg.
Ursprünglich war vorgesehen, dass der Vorstand des Kreisbauernverbandes aus 13 Personen besteht. Doch Richard Reiß hatte beantragt, da 14 Leute für eine Kandidatur bereit waren, auch alle 14 im neuen Vorstand mitarbeiten zu lassen. Das fand im „Schützenhaus“ Jessen einhellig Zustimmung. Nach einer weiteren Abstimmung erübrigte sich auch die geheime Wahl. Über die Bewerber wurde offen im Block abgestimmt.
Aus dem Führungsgremium ausgeschieden sind Sandra Schuffenhauer, Jürgen Neumann, Bernd Winkler und Volker Ziegler. Ihnen wurde für ihre Mitarbeit in den vergangenen Jahren gedankt.
„Die Landwirtschaft wird immer schwieriger“, so Steiner. Zum einen würden die Leistungen auf Feldern und in Ställen kaum oder gar nicht anerkannt. Die Bevölkerung habe sich daran gewöhnt, dass sie sicher mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln versorgt werde ohne die Anstrengungen, die hierfür an sieben Tagen in der Woche erbracht werden, zu würdigen. Zum anderen sei offenbar jeder der Meinung, hier mitreden zu können und Vorschriften zu machen. Darum wird es zu den vordringlichen Aufgaben des neuen Vorstands gehören, den Verbrauchern ein reelles Bild von der Landwirtschaft zu vermitteln.
Das ist ein schwieriges Unterfangen. Darauf hat auch Thomas Tanneberger, Chefredakteur der Deutschen Bauernzeitung, hingewiesen. Er hatte es so zugespitzt: Ein Prozent Veganer versuche, die drei Prozent Bauern in Deutschland zu belehren und 96 Prozent der Bevölkerung würden unbeteiligt zuschauen und zu Billigprodukten greifen. Es passe halt nicht zusammen, auf der einen Seite große Forderungen an die Landwirtschaft zu stellen und andererseits Lebensmittel möglichst billig einzukaufen.
Haltungsbedingungen verbessert
„Für uns Nutztierhalter und unsere Mitarbeiter“, so Hartmut Steiner, „ist es unerträglich, wie die vermeintlichen Gutmenschen über die Nutztierhaltung urteilen und diese diffamieren. Der Ruf „bestimmter Kreise der Gesellschaft und auch der Politik nach mehr Tierwohl wird immer lauter. Wir Landwirte entgegnen, dass das Wohlbefinden unserer Tiere im Stall das A und O der Nutztierhaltung ist. Das wissen wir aber nicht erst, seitdem das Tierwohl zum gesellschaftlich geforderten Politikum geworden ist. Denn nur mit gesunden Tieren kann man gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielen.“ Bei jedem neu gebauten Stall, der für die Investoren mit erheblichen finanziellen Lasten verbunden ist, würde nicht allein die Wirtschaftlichkeit den Ausschlag geben. „Denn es werden hierbei auch wichtige Aspekte der stetigen Verbesserung der Haltungsbedingungen und des Tierschutzes umgesetzt. Ökonomie und Tierwohl seien in der Nutztierhaltung untrennbar“, bekräftigt Steiner.
Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) sagte dem Kreisbauernverband, den er als stabil und zuverlässig würdigte, seine Unterstützung zu. Er sprach sich für eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit des Berufsstandes aus, damit nicht allein 96 Prozent der Bevölkerung zuschauen, wie seine Vorredner angemerkt hatten. Und eine weitere Aufgabe benennt er, der sich der neue Vorstand widmen wird: „Wir müssen uns stärker für den Berufsnachwuchs engagieren.“ (mz)