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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Deutschlandweit bekannt

Von FRANK GROMMISCH 09.06.2011, 17:52

GERBISBACH/JESSEN/MZ. - Inzwischen sei Gerbisbach aufgrund seines Widerstands gegen die Großanlage deutschlandweit bekannt. Das gab mit den Ausschlag, dass die jungen Landwirte auf dem Weg nach Berlin hier Station machten, um auch auf ihre Forderungen für eine veränderte Agrarpolitik aufmerksam zu machen. Als Haltepunkte würden Brennpunkte ausgewählt, sagte Gabriele Wolf, Sprecherin des Initiativkreises gegen die geplante Schweinefabrik. "Heute ist Gerbisbach der Brennpunkt." Der Ortsteil von Jessen sei seit mehreren Jahren ein Symbol für den Widerstand gegen Agrarfabriken, äußerte Eckehard Niemann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. "Gerbisbach steht nicht mehr allein." Deutlich werde das auch im Netzwerk "Bauernhöfe statt Agrarfabriken", in dem die Gerbisbacher mitarbeiten. Niemann forderte eine klare Grenzziehung durch die Politik zwischen traditioneller Landwirtschaft und Agrarfabriken. Es müsse endlich neue Prämissen geben, wie mit den Tieren umgegangen wird und auch mit den Menschen. Hoffnung, dass der Kampf gegen das Projekt noch nicht verloren ist, schöpft er unter anderem aus Niedersachsen. In fünf Landkreisen sei es inzwischen untersagt, solche Projekte zu verwirklichen. "Das ist schon so in Ordnung", sagte Christine Weißenberg von der Jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit Blick auf die über 100 Zuhörer auf dem Marktplatz in Jessen zur Resonanz. "Es stehen ja auch noch einige Leute rundherum, die aufmerksam zuhören."

Dennoch, die Gemüsesuppe, die vor und während der Kundgebung zubereitet wurde, hätte durchaus für mehre Leute gereicht. 200 bis 250 Portionen seien das, meinte Aktionskoch Wam Kat, als er in dem großen Topf auf einem Gaskocher rührte. Nach der Bauernsternfahrt, die am Donnerstag in Berlin vor dem Kanzleramt endete, fuhr Wam Kat zur nächsten Protestaktion, ab Freitag am Atomkraftwerk in Brokdorf, informierte der Niederländer, der in Bad Belzig wohnt und dort für die Partei "Die Linke" im Stadtrat sitzt. Auch dort wird er wieder kochen. Seine Mitstreiter in Jessen waren Philipp Thomas aus Berlin und Nisandh Pfützner. Der Lehrer und Diplomheilpädagoge ist nach 16-monatigem Aufenthalt aus Argentinien gerade nach Deutschland zurückgekehrt. "Es bereitet viel Freude, seine Arbeitskraft sinnvoll einzusetzen", meinte er, als er auf dem Marktplatz Gemüse für die Suppe schnippelte.

Die Kundgebung wurde auch genutzt, um Spenden für das Klageverfahren des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Gerbisbacher Mastanlage zu sammeln. Die Lindaer Malerin Marion Conrad stellte deshalb zwei ihrer Bilder zur Versteigerung zur Verfügung. Steffen Löwe als Auktionator gelang es, dafür 405 Euro zu bekommen.

Die Sternfahrt war auf ihrem Weg nach Berlin übrigens vom angekündigten Kurs abgewichen. Von Mühlberg ging es nicht Herzberg in Richtung Jessen. Denn unterwegs hatten die Akteure erfahren, dass ein Gentechnikfeld im Elbe-Elster-Kreis gar nicht bestellt ist. Im anderen Fall hätte es dort eine Protestaktion geben sollen. So hat der kleine Konvoi den Weg über Torgau und Prettin nach Gerbisbach eingeschlagen. Die Tour hätte er sich anstrengender vorgestellt, sagte Traktorfahrer Jan Wendel. "Es macht total Spaß." Bei einem Durchschnittstempo von 30 Kilometer pro Stunde sei gut zu sehen, "wo die Landwirtschaft in Deutschland steht".

Auskünfte zu den einzelnen Stationen der Bauernaktion sind im Internet zu bekommen.