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Klödenerin lebt mit ihrer Familie in Shanghai Klödenerin lebt mit ihrer Familie in Shanghai: Sechs Chinesen auf Zeit

Von Detlef Mayer 08.10.2015, 18:21
Nicole Tallowitz, geborene Klaubert, mit ihrem dreijährigen Sohn Grim während ihres jüngsten Besuchs in Klöden
Nicole Tallowitz, geborene Klaubert, mit ihrem dreijährigen Sohn Grim während ihres jüngsten Besuchs in Klöden Thomas Christel Lizenz

Klöden - „Das ist eine längere Geschichte“, antwortet Nicole Tallowitz, geborene Klaubert aus Klöden, auf die MZ-Frage, wie es denn dazu kam, dass sie jetzt mit ihrer Familie in China lebt. Die kürzeste Fassung der Ereignisse, welche die jetzt 35-Jährige, ihren Mann und die inzwischen vier Kinder nach Shanghai führten, lautet: „Ich bin mit Henrik Tallowitz verheiratet. Er ist Diplom-Ingenieur für Prozessmanagement und wurde von seiner Firma befristet in die chinesische Metropole entsendet.“ Und die Familie ist eben mitgegangen ins Reich der Mitte.

Bereut habe man das auf keinen Fall, bekräftigt die aus Klöden stammende junge Frau. Dennoch sei im Sommer 2016 Schluss mit dem Lebenskapitel China. Die zeitlichen Grenzen des Entsendungsvertrags für ihren Mann, dessen Unternehmen auf Antriebstechnik spezialisiert ist, seien dann ausgereizt. Außerdem benötige Mutter Anke Klaubert dringend ihre Hilfe auf der River Valley Ranch (Westernreiten), welche die Familie in Klöden betreibt. Tochter Nicole soll diesen Familienbetrieb demnächst übernehmen. Was sie auch möchte, denn die Arbeit mit Pferden liegt ihr im Blut.

Seit März 2012 in China

Doch zurück zu den Anfängen des China-Abenteuers. Im September 2011 ging Henrik Tallowitz nach Shanghai. Die Entsendungszeit, damals hieß es für zwei Jahre, was inzwischen aufgestockt wurde, begann offiziell ab Januar 2012. Seine Familie folgte ihm Ende März 2012. Die beiden großen Kinder, Santiago (sieben) und Pius (fünf) waren da schon geboren. „Sie können sich noch an Deutschland erinnern“, berichtet Nicole Tallowitz. Grim, der dritte Sohn, kam im September 2012 in China zur Welt, ebenso sein jüngster Bruder Shiro, jetzt vier Monate alt.

Santiago (zweite Klasse) und Pius (erste Klasse) gehen in Shanghai zur Schule. „Wir hatten sie vorher schon in lokale Kitas gegeben, damit sie richtig integriert werden in puncto Sprache und Kultur. Grim geht in eine französisch-chinesische Tagesstätte“, erklärt ihre Mutter der MZ.

Sie selbst - sie hat für China keine Arbeitserlaubnis, ist mit vier Kindern aber auch so gut ausgelastet - besucht übrigens ebenfalls eine chinesische Schule: um Mandarin zu lernen, in Wort und Schrift. Außerdem geht sie auf eine Kunstschule und belegt Kurse für Webdesign. Das tut sie neben anderem, um die Homepage der Klödener River Valley Ranch auf dem Stand der aktuellen Möglichkeiten zu halten. Für das chinesische Bildungssystem findet Nicole Tallowitz überhaupt nur lobende Worte. „Die kindliche Bildung beginnt in China viel früher und ist intensiver als hier.“ So hat sie ein wenig Sorge, dass ihre Söhne nach der Rückkehr nach Deutschland in dieser Hinsicht ein bisschen in ein Loch fallen könnten.

Straffes Tagesprogramm

Besonders schade findet sie, dass ihnen dann der Umgang mit der chinesische Sprache fehlt. Mandarin und Englisch sind in China Schulsprachen, Deutsch lernen die Tallowitz-Kinder zu Hause. „Sie haben dadurch zwar ein straffes Tagesprogramm, aber es ist sehr erfolgreich.“ Chinesisch-Unterricht bekommen die Söhne zusätzlich noch an den Wochenende, „und das nutzen sie mit Begeisterung“. Daneben laufen die ebenfalls tollen Schwimmstunden.

Noch einen Unterschied macht Nicole Tallowitz zu Deutschland aus: „In die Schule sind die Eltern in China ganz anders eingebunden als hier. Die Anwesenheit der Eltern wird sehr oft einfach vorausgesetzt“, was sicher auch mit der vorherrschenden Ein-Kind-Familie dort zu tun habe.

Zur Mentalität der Chinesen stellt die 35-Jährige fest: „Bekannte mit Auslandserfahrung oder einem ausländischen Partner sind sehr weltoffen und modern. Es gibt aber auch viel Traditionelles, das vor allem die Großeltern beisteuern.“ Der Nachwuchs von Familie Tallowitz hat viele chinesische Freunde. „Wir leben, was uns die Chinesen vorleben.“ Das treffe auch auf das Essen zu, bei dem es für Deutsche schon viel Gewöhnungsbedürftiges gebe. „Wir erleben beide Welten, das bodenständige China und das moderne weltgewandte“, fasst Nicole Tallowitz zusammen.

Kinder sind willkommen

„Die Menschen in Shanghai sind sehr freundlich und beziehen einen gern ein. Mit Kindern ist das alles noch viel einfacher. Kinder sind immer willkommen.“ Außenstehenden, so die aus Klöden Stammende, mag das Leben in China oft etwas chaotisch vorkommen, zum Beispiel der Verkehr. Dieses Bild verändere sich aber, sobald man mit den chinesischen Gewohnheit vertraut sei. Shanghai bezeichnet sie zudem als sehr sicher. „Man kann hier nachts ohne Bedenken durch den Park gehen.“ Überhaupt spiele sich viel im Freien ab. „Selbst wenn man allein lebt in Shanghai, ist man nie allein.“

Doch Nicole Tallowitz kennt auch die Kehrseite der Medaille. „Das öffentliche Leben in China ist vom Staat streng reguliert. Es gibt eine starke Präsenz von Polizei und Armee. Und viele Sperrungen im Internet, die man mit entsprechender Tunnelsoftware immer wieder zu umgehen versucht.“ Eine andere negative Erscheinung ist der Smog in Shanghai. „Jeder Chinese beneidet uns um das viele Grün hier Zuhause an der Elbe, den sauberen blauen Himmel und die Ruhe in Deutschland.“ (mz)