Kirchenmusik Kirchenmusik: Weihnachtsoratorium in St. Nicolai
Jessen/MZ. - Es gab lang anhaltenden, wohlverdienten Applaus für eine großartige Aufführung des Weihnachtsoratoriums. Kantor Genterczewsky selbst bezeichnete sie als "eine Aufführung der Gegensätze". Gegensätze wohl deshalb, weil er in seiner Interpretation Akzente setzte, die bei vorherigen Aufführungen nie so demonstrativ herausgearbeitet wurden. Ganz besonders deutlich wurde dies in der zweiten Kantate, wo schon in der Sinfonia durch ein kontrastreiches Wechselspiel zwischen Streichern und Oboen die ganze Schönheit und Innigkeit dieses Werkes förmlich erstrahlte. Die Musiker der Anhaltischen Philharmonie Dessau nahmen jede Geste des Dirigenten auf und setzten sie in Musik um. Den Chor "Ehre sei Gott in der Höhe", ebenfalls im zweiten Teil, nahm Genterczewsky forte in einem fast rasanten Tempo, um dann die Passagen des "Und Friede auf Erden" im weichen piano ruhig - fast verklärt - dagegen zu setzen.
Die Kantorei - wieder waren Gäste aus Wittenberg und Herzberg vertreten - übertraf sich diesmal selbst. Die Choräle "standen" förmlich wie eine Wand aus Tönen. Die Chöre, mit ihren Fugen und oft endlos scheinenden Koloraturen wahrlich schwer zu singen, kamen nicht nur technisch und stimmlich sauber, sondern bestachen vor allem durch die geschlossen-einfühlsame Interpretation. Kantor Genterczewsky bedankte sich mit einer Verneigung bei seinem Chor.
Die Solisten fügten sich ebenfalls vortrefflich ins Bild. Viola Preisendanz (Sopran) bot sowohl in den Rezitativen als auch im Duett "Herr dein Mitleid" mit Hans-Arthur Falkenrath eine hervorragende Leistung. Susanne Langner gestaltete ihre Partien ausdrucksstark mit ihrem reifer und noch geschmeidiger klingenden Alt. Von ihr ist sicherlich noch viel zu erwarten. Mark Mönchgesang überzeugte vor allem in den Rezitativen, aber auch die schwierige Tenorarie "Frohe Hirten" meisterte er wahrhaft glänzend. Wie immer besonders herausragend Bassist Hans-Arthur Falkenrath. Er gestaltet auch die kleinste Passage noch voll durch, und die Bass-Arie "Großer Herr und starker König" war einmal mehr ein wahrer Kunstgenuss.
An dieser Stelle sei auch der Erste Trompeter Mathias Deichstetter erwähnt, seine Trompete fügte sich in diese Arie zurückhaltend piano und doch glanzvolle Akzente setzend ein. Eine tolle Leistung! Die Musiker der Anhaltischen Philharmonie überzeugten durch ein homogenes Klangbild, eine geschlossene Ensembleleistung.