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Karneval im Jessener Land Karneval im Jessener Land: Raketenbahnhof Klöden

Von Evelyn Jochade 13.03.2019, 10:20
Von Flamenco bis Can Can ist alles dabei. Acht Frauen Ina, Ines, Angela, Edda, Margit, Silke, Anett und Dorett, entführten ins Abenteuerland.
Von Flamenco bis Can Can ist alles dabei. Acht Frauen Ina, Ines, Angela, Edda, Margit, Silke, Anett und Dorett, entführten ins Abenteuerland. E. Jochade

Klöden - Wer Abenteuer liebt, der war in Klöden genau richtig. Der Kleindröbener Carneval Verein hatte zu seiner 45.! Session eingeladen und zunächst schien alles seinen über die Jahre eingespielten Lauf zu nehmen.

Wie jedes Jahr, so auch diesmal, berichtete Vereinsvorsitzender Volker Freitag, „waren die Eintrittskarten innerhalb von 30 Minuten weg, nachdem die Leute sechs Stunden vorm Dorfgemeinschaftshaus gewartet hatten. Aber ohne Unruhe oder Streit“, betonte er. „Ganz harmonisch und voller Vorfreude.“

Und die war berechtigt. Zunächst mussten die feierwilligen Gäste es am Abend unbeschadet in den Saal schaffen. „Eberhard“ tobte draußen und zerrte an so mancher Kopfbedeckung. Wer meinte, nur draußen pfeife der Sturm, der sah sich getäuscht. Drinnen machten nach dem ordnungsgemäßen Einmarsch aller Akteure die schicken Funken in rot-weiß und die Kleinsten mit ihrem süßen Pipi-Langstrumpf-Tanz ganz schön Wind. Die gestandenen Frauen entführten in kunterbunten Fantasiekostümen ins Abenteuerland.

Das war so an- und aufregend, dass Kardinal Helmut am Rande der Tanzfläche sein Smartphone zückte und filmte. Seine beiden scharfen Betschwestern Ronny und Dirk im Minihabit und schwarzen Netzstrümpfen ließ er dafür einfach stehen.

Akrobatik statt Tanz

Bei der als Männertanz angekündigten Programmnummer stockte den Zuschauern der Atem. Tanz war hier wohl untertrieben. Akrobatik passte besser. Die elf knackigen Männer im Sportdress bildeten ein menschliches Karussell und ließen einen ihrer Turner sogar hoch in den Hallenhimmel fliegen. Ein echter Höhepunkt des Abends, den bedauerlicherweise nicht alle mitbekamen. Ziemlich weit hinten im Saal poussierte ein von großer Fahrt zurück gekehrter Kapitän mit seiner angeblich Angetrauten, die ihm, wie er verriet „alle Wünsche von den Lippen abliest.“

Matthias Richter, der auch in die Bütt stieg, und Stefanie Freitag, die beide sehr unaufdringlich durch den Abend führten, freuten sich natürlich über die Da Capo-Rufe, vertrösteten aber die Gäste mit den Worten: „Ihre Muskeln müssen sich erst wieder mit Bier durchfeuchten:“ Ein plötzlicher lauter Knall schreckte das Publikum auf. Der kam von der einzigen flugfähigen interstellaren Rakete Deutschlands, der „Germania“. Ihre Insassen, Astro-Alex und Sigmund hatten sich zusammen getan. Vielleicht, um ein neues Deutschland zu finden?

Beide aber - und das war die tatsächliche deutsche Gemeinsamkeit - liebten Bockwurst. Für die Verpflegung (und mehr) hatten sie die blonde willige Natascha mitgenommen. Sicher war sie der Grund, weshalb sie in Klöden gelandet waren. Sie hatten sich einfach verflogen. Hier hissten sie die Flaggen. Eine mit, die andere ohne Emblem und hielten Ausschau.

„Wo sind wir denn gelandet? Bestimmt auf dem Planeten der Affen oder hinterm Mond“. Sie beruhigten sich erst, als sie von Einheimischen, die das Spektakel von ihrer Parkbank aus beobachtet hatten, zwei Flaschen Bier bekamen. Dann machten sie den Abflug.

War ihnen dabei ein großes Einhorn in die Quere gekommen oder hatte es einen der Reisebusse erwischt, die hier in die Halle fuhren? Das ließ sich nicht klären. Jedenfalls stand das arme Jessener Einhorn an der Theke und bettelte mit den Worten um eine Sicherheitsnadel: „Es ist mir sehr peinlich. Aber mir ist der Schwanz abgefallen.“

Falsche Angaben in Annonce

Und während im Saal spanische, russische und französische Touristinnen bei Flamenco, Kakalin und Can Can ihre Beine in die Luft warfen, mit einem Stuhltanz auch die Gäste zum Mitmachen aufgefordert waren, sowie Männer mit Bierkästen das Parkett eroberten, wartete das Einhorn geduldig auf die Reparatur. Gut nur, dass der Defekt nicht seine Flügel betraf. „Sonst könnte ich nicht mal nach Hause fliegen“, meinte es traurig.

Jedoch huschte schon wieder ein kleines Lächeln über sein Gesicht als es den Sketch verfolgte, den Ina Jähnichen, Volker Freitag und Roland Olitzsch aufführten: Zwei ältere, alleinstehende Herren hatten, ohne dass sie das voneinander wussten, auf ein und dieselbe Heiratsanzeige geantwortet.

Dabei wohnten sie im gleichen Dorf und wie es der Teufel will, ihre Auserwählte ebenfalls. Was sie nicht ahnten. Emma, so ihr Name, hatte bei der Formulierung des Inserates mächtig geflunkert. Von wegen jung, hübsch, vermögend und so. Beim ausgemachten Treffen kam sie mit dem Rollator und einer Pelzjacke aus den 60er Jahren. Zunächst suchte sie im Publikum nach ihren Verabredungen und erzählte so ganz nebenbei aus ihrem Leben: „Im Wald, da finde ich immer mal Kondome. Die kann man doch auswaschen und nochmal benutzen.“

Prompt zog sie eins aus ihrer Einkaufstasche und schüttelte es vor der Nase einer Zuschauerin aus. Zur Not, wenn kleine Löcher drin sind, könne man die mit einem Bügeleisen flicken. Als Emma dann im Dorfe ankam, war das Hallo groß. Vor allem als die Drei ihren Irrtum erkannten. Emma hatte sich nicht nur „eingedieselt wie im Puff“, wie einer der Männer feststellte, sie hatte sich auch einen ganz schicken Body für drunter geleistet.

Den wollten die Herren sehen. Als Emma nun so entblößt dastand, schnappte sie ein anderer Interessent den beiden Dörflern vor der Nase weg. Pech gehabt, meine Herren!

(mz)

Männerballett fliegt hoch hinaus.
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Evelyn Jochade
Deutschlands einzige funktionierende Rakete landet mitten im Saal.
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Jochade
Wie man sieht, Seemanns Braut ist nicht immer die See.
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Jochade