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Kanga-Training  Kanga-Training : Gut durchgeschüttelt

Von Thomas Tominski 21.09.2020, 17:11
Kanga-Trainerin Anika Richter (links) fordert beim Marsch durch Klebitz vor allem die jungen Mütter. Deren Kinder sind schnell eingeschlafen.
Kanga-Trainerin Anika Richter (links) fordert beim Marsch durch Klebitz vor allem die jungen Mütter. Deren Kinder sind schnell eingeschlafen. Thomas Tominski

Klebitz - Die Kommandos sind kurz und knackig. Rücken gerade, Brust raus, Bauch rein, Schultern locker lassen - das volle Programm. Trainerin Anika Richter achtet beim Kanga stets auf den „gesunden Stand“. Die 31-Jährige greift bei falscher Ausführung korrigierend ein und bringt die fünf jungen Frauen ordentlich ins Schwitzen. Deren Kinder sitzen in einem Tragegestell und sind im Tiefschlaf versunken.

Nach der ersten Trainingsstunde, erinnert sich Carolin Krappmann aus Zahna, sei sie völlig fertig gewesen. Sie habe ihre Oberschenkel und Oberarme kaum noch gespürt, am nächsten Tag ist der Muskelkater durch den Körper gerauscht. „Mein Mann musste unsere Tochter Charlotte die Treppe hinauftragen. Ich bin auf allen Vieren hinterher“, sagt Carolin Krappmann, die inzwischen „viel Spaß und Freude“ am Kanga-Training (Sport mit dem Baby) hat. „Wir sind eine richtig dufte Truppe.“

Trainerin Anika Richter, die zudem Kurse in Wittenberg veranstaltet, erzählt, dass sie über Umwege beim Kanga gelandet ist. „Ich bin früher Postfrau mit Herz und Seele gewesen“, erzählt sie. Nach der Babypause sei es ihr nicht gelungen, mit dem Arbeitgeber einen gemeinsamen Nenner in puncto Stunden pro Woche zu finden. Seit vier Jahren ist die junge Frau aus Klebitz selbstständig und hat sich in Leipzig zur Trageberaterin ausbilden lassen. Denn: Kinder werden heutzutage in einem Gestell (Manduca) am Körper getragen und nicht in den Kinderwagen gelegt.

Kein Spaziergang

Bei den fünf Teilnehmerinnen läuft es wie am Schnürchen. Sie kennen alle Corona-Vorschriften aus dem Effeff, in wenigen Minuten nach der Ankunft sind sie startklar. Die zwei Kilometer durch den Ort sind kein Spaziergang. Richter fordert den jungen Frauen viel ab, Stillstand ist nur während der Trinkpausen erlaubt. Gezielte Gymnastik im Marschtempo mit Kind auf dem Rücken trifft es am ehesten. Die Teilnehmerinnen halten gut durch, hin und wieder löst eine Übung ein leises Knurren aus.

Maria Herrmann aus Rohrbeck (Landkreis Teltow-Fläming) ist nach langer Internet-Recherche auf den Kurs in Klebitz gestoßen. Die 27-Jährige findet den Austausch mit den anderen Müttern sehr gut. Vor allem, wenn Probleme auftauchen. Außerdem macht Sport in der Gemeinschaft mehr Spaß. Maria Herrmann ist passionierte Triathletin und will später die Langdistanz meistern. Wettkampfluft auf einer kürzeren Strecke hat die Frau aus dem Nachbarland Brandenburg schon geschnuppert. Sohn Mika sitzt im Tragegestell auf dem Rücken und hört gespannt zu. Obwohl er bei den sportlichen Übungen - wie alle anderen Kinder übrigens auch - gut durchgeschüttelt wird, fallen ihm bald die Augen zu.

Viel Bewegungsfreiheit

Antje Kampfhenkel und Susann Markgraf erzählen, dass ihr Nachwuchs im kommenden Jahr die gleiche Kindergartengruppe besucht. „Sonst kennen wir uns eher flüchtig“, meint die 33-jährige Antje Kampfhenkel, der es Spaß macht, in der Gruppe Sport zu treiben. Kanga, sagt sie, sei genau ihr Ding. „Ich bin viel mobiler als mit einem Kinderwagen und habe die Arme frei“, streicht sie wichtige Vorteile heraus. Schon Muskelkater gehabt?

Die junge Frau aus Zahna, die Sohn Ben vor der Brust trägt, beantwortet die Frage mit einem Fingerzeig auf ihre Oberschenkel. Susann Markgraf hat den kleinen Jakob mitgebracht, der bereits nach ein paar Metern Fußmarsch im Tiefschlaf versunken ist. Sie schätzt die sozialen Kontakte mit anderen Müttern, den Erfahrungsaustausch und die gute Stimmung in der Gruppe. „Bewegung an der frischen Luft ist gesund“, betont die 35-Jährige.

Sabine Jacobi aus Wittenberg entschließt sich erst beim Rundgang durch das Dorf, auf Tragegestell umzusatteln. Tochter Sunna fordert dies aus dem Kinderwagen lautstark ein. Nach dem Platzwechsel herrscht Stille. Die 33-Jährige erzählt, dass es eine feine Sache sei gemeinsam Sport zu treiben. „Ich treffe andere Mütter und bin nicht allein“, sagt die Wittenbergerin die das Training auch zum Abnehmen nutzen will. „Vier Kilo müssen mindestens noch runter.“

Durchgeschwitzt erreicht die kleine Gruppe wieder die Wiese vor dem Kulturhaus. Sport mit Musik lautet das Abschlussprogramm. Die Frauen wiegen ihre Hüften, kreisen mit den Armen und strecken die Waden. Anika Richter gibt ihren Schützlingen noch Hausaufgaben auf. Sie zeigt Übungen, wie der Beckenboden gestärkt wird. So ganz nebenbei beim Zähneputzen.

(mz)